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seiner Nachforschungen zu bringen.

      »Das soll heißen, dass SENECA eines solchen Fehlers gar nicht fähig ist«, schallte Darnells Stimme aus dem Akustikfeld. »Ich habe ihm unrecht getan.«

      »Sie haben ...« Montoya sah Hilfe suchend zu Thora, doch die Kommandantin hob bloß die Arme und drehte gelangweilt ihren Sitz hin und her.

      Montoya atmete tief durch. Es tat gut, wieder ihren Dienst zu versehen. Es tat gut, wieder zu fliegen. Sie schätzte Thora und ihre Besatzung sehr, und sie kannte den alten Chefingenieur von ihrer gemeinsamen Zeit auf der MAGELLAN. Zu sagen, dass Darnell mit den Jahren schrulliger geworden sei, wäre allerdings eine Untertreibung. Zu den Schrullen des Ingenieurs, die ihr am schwersten verständlich waren, gehörte seine Neigung, die Zentralpositronik der CREST II wie einen denkenden, fühlenden Menschen zu behandeln.

      Sie verstand, dass die Positroniknetze der größeren terranischen Raumschiffe durch ihre selbstlernenden Eigenschaften ab einer gewissen Komplexität so etwas wie Intelligenz hervorbrachten. Aber was diese Künstlichen Intelligenzen tatsächlich waren, erforderte eine Diskussion, die erst noch geführt werden musste und die Montoya offen gesagt nicht sehr interessierte. Und so zu tun, als könne man die Gefühle einer Maschine verletzen ...

      »Ich bin sicher, die Positronik wird es Ihnen verzeihen«, beruhigte sie Darnell. »Aber bitte erklären Sie mir das mit dem Fehler – oder Fehlern –, derer sie angeblich nicht fähig ist.«

      Sie waren seit drei Tagen unterwegs und hatten bereits grob die Hälfte der 26.000 Lichtjahre weiten Strecke ins Ahaikusystem geschafft. Anfangs war der Flug ereignislos verlaufen, dann waren einige harmlose technische Störungen aufgetreten. Kühleinheiten in der Messe, Akustikfeldemitter für schiffsweite Durchsagen oder Beleuchtungselemente und Türöffner hatten Defekte gemeldet oder waren komplett ausgefallen. Normalerweise wäre keine dieser Bagatellen an die Schiffsführung in der Zentrale gemeldet worden, hätten sich die Vorfälle nicht auffällig gehäuft. Also hatte Montoya Rufus Darnell darauf angesetzt, um einzuschreiten, ehe vielleicht noch ein echtes Problem daraus wurde.

      »Die Fehlfunktionen waren einfach so ... abseitig, dass ich es zunächst für falschen Alarm hielt«, schilderte Darnell. »Für ein positronisches Problem, kein bauliches, verstehen Sie? SENECAS Fehlerdiagnose zeigte in allen Fällen Bauteil nicht vorhanden an. Das mag bei einem Leuchtelement noch denkbar sein – dass es herausfiel oder jemand es abmontiert hatte, meine ich. Aber wie sollen Bauteile, die zwanzig, dreißig Zentimeter tief in den entsprechenden Maschinen sitzen, plötzlich verschwinden?«

      »Ja, wie?«, wiederholte Montoya ratlos. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Perry Rhodan auf das Gespräch aufmerksam geworden war und herüberschlenderte. Auch die Kommandantin hörte wohl mit einem Ohr zu, interessierte sich aber vornehmlich für die aktuellen Transitionsberechnungen, die ihr in einem Datenhologramm, das vor ihm schwebte, detailliert dargestellt wurden.

      »Ich glaubte also, SENECA zeige das Fehlen dieser Teile nur fälschlicherweise an«, fuhr Darnell fort. Anscheinend war er fest entschlossen, die Auflösung seiner kleinen Geschichte noch ein wenig herauszuzögern. »Aber dann kam es mir: Eine derartige Fehlfunktion würde einen Replikationsfehler der Ebene drei in der positronischen Matrix bedingen, der, wenn Sie das fünfdimensional betrachten ...!«

      »Genau das würde ich gern vermeiden«, unterbrach Montoya. »Ihr Punkt wäre ...?«

      »Dass ein solcher Fehler, unter diesen konkreten Bedingungen, einem Positroniknetz wie SENECA einfach nicht unterlaufen kann«, sagte Darnell stolz. »Es sei denn, es stünde kurz vor einer quasi-neuronalen Degenerationskaskade.«

      »Das wäre sehr schlecht, oder?«, vermutete Montoya.

      »Das Raumschiff würde aufhören zu funktionieren«, bestätigte Darnell. »Auf jeder Ebene. Wie ein Körper, dessen Gehirn abstirbt.«

      »Aber das wird es nicht, richtig, Mister Darnell?«, schaltete sich Rhodan mit einem Anflug von Besorgnis in das Gespräch ein.

      »Nein, natürlich nicht«, beruhigte der Chefingenieur. »Das hätten wir bemerkt! Um ganz sicherzugehen, habe ich eine Systemdiagnose der Ebenen eins bis drei veranlasst. Ohne Befund. SENECA geht es gut!«

      »Womit wir wieder am Anfang unseres Gesprächs wären«, resümierte Montoya leicht ermüdet. »Sie haben sich geirrt, Ihr erster Verdacht war falsch, die Schuld liegt nicht bei SENECA. Was hat die Fehlfunktionen dann verursacht?«

      »Es mag unwahrscheinlich klingen«, antwortete Darnell. »Aber gemäß einem alten Ausspruch des Meisterdetektivs Sherlock Holmes: Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein – so unwahrscheinlich sie auch ...«

      »Mister Darnell!«, mahnte Montoya.

      »Die Bauteile fehlen tatsächlich«, verkündete Darnell.

      »Die fraglichen Teile – die Kühleinheiten, Leuchtelemente ...«

      »... fehlen«, beendete Darnell den Satz. »Sind weg.«

      »Aber vor drei Tagen, als wir starteten, waren sie noch da, sonst hätten wir das doch früher bemerkt – oder?«

      »Das ist richtig.«

      »Wie können Sie dann so sicher sein?«

      »Ich habe nachgesehen«, sagte Darnell. »Heute früh.«

      »Moment.« Montoya fasste sich verwirrt an die Stirn. »Ich dachte, diese Teile sind sehr tief in den Wänden oder jeweiligen Maschinen ...«

      »Nicht alle«, relativierte Darnell. »Wie gesagt – sofern wir von einem einfachen Leuchtelement reden ...«

      »Stopp, stopp, stopp!«, unterbrach Montoya abermals. »Sie wollen mir sagen, dass Sie die Lösung für dieses Problem, über das wir seit vorgestern reden – sowie nun wieder, seit mindestens fünf Minuten! – und das Sie veranlasste, SENECA zu verdächtigen, anzuklagen, zu verteidigen und freizusprechen ... Dass Sie die Lösung für dieses Problem dadurch fanden, dass Sie Ihren Allerwertesten in Bewegung gesetzt und nachgeschaut haben, ob eine Glühbirne fehlt?«

      Es herrschte kurz Schweigen. Mittlerweile hörte die gesamte Zentralebesatzung gespannt zu.

      »Im Wesentlichen«, bestätigte Darnell, und da brachen Sarah Maas an der Funk- und Ortungsstation sowie die Waffenchefin Siobhan O'Sullivan in helles Gelächter aus.

      »Also hat irgendein Scherzbold das Leuchtelement entfernt?«, spekulierte Montoya weiter. »Vielleicht war es defekt und er wollte es austauschen, und dann kam ihm was dazwischen. Vielleicht war bei ihm oder ihr ja etwas defekt, und er oder sie hat eine unsoziale Ader und sich anderweitig Ersatz gesucht ...«

      »Das mag im Einzelfall denkbar sein«, sagte Darnell. »Aber es erklärt nicht das Verschwinden der anderen Bauteile. Zum Beispiel der einen halben Meter tief in der Wand verbauten Notenergiezelle für einen Expresslift, an die man nur mit recht viel Aufwand über einen Wartungszugang kommt, für den man eine entsprechende Autorisation benötigt.«

      »Da haben Sie natürlich recht«, gestand Montoya ein. »So was nimmt man nicht mal eben im Vorübergehen mit.«

      »Ich fürchte, ich kann den Verdacht nicht ausschließen, dass wir einen Saboteur an Bord haben«, schlussfolgerte Darnell. »Einen sehr exzentrischen Saboteur mit einem höchst eklektischen Geschmack.«

      Perry Rhodan runzelte besorgt die Stirn. »Haben Sie die Sicherheitssysteme und etwaigen Kameras der betroffenen Bereiche geprüft?«

      »Selbstverständlich«, beteuerte der Chefingenieur. »Leider ohne Ergebnis.«

      »Mister Darnell«, sagte Rhodan. »Ich möchte, dass Sie eine schiffsweite Suche nach den verschwundenen Teilen starten. Ich weiß, dass das unter Umständen Tage dauern dann und höchstwahrscheinlich zu nichts führen wird. Aber wir sollten nichts unversucht lassen, solange wir die nötigen Ressourcen dazu haben. Stellen Sie alles Personal dafür ab, das Sie entbehren können, dazu Roboter. Machen Sie überall Stichproben und kontrollieren Sie, ob die Seriennummern der entwendeten Teile an anderer Stelle auftauchen. Vielleicht hat sie ja wirklich

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