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leere Wohnungen für die Flüchtlinge instand. Es gibt eine Spendenaktion nach der anderen für diese Fremden. Warum machen wir das nicht für unsere eigenen Landsleute?“

      Er machte eine Pause und stand da, als wartete er auf eine Antwort, die nicht kam. Die Zuhörer im Saal wagten kaum zu atmen.

      „Unser Gesundheitssystem hat sich verschlechtert und die Schulen unserer Kinder schließen, weil es nicht genug Geld für das Gemeinwohl gibt. Und warum nicht?“

      Die Frage hing in der Luft. Sein ruhiger und stahlharter Blick glitt über die ganze Versammlung.

      „Weil das Geld an die Migranten und Flüchtlinge geht, und beachten Sie darüber hinaus ein paar Zahlen. Die Migranten aus nicht-westlichen Ländern belasten die öffentlichen Kassen mit 16,6 Milliarden Kronen pro Jahr, wie eine Analyse vom letzten Jahr zeigt. Das ist eine Menge, finden Sie nicht?“

      Roland rutschte unruhig hin und her, da er spürte, dass der Blick zu lange auf ihm ruhte. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Er fiel in der Gruppe mit seinem südländischen Äußeren auf. Jeder konnte sehen, dass er kein gebürtiger Däne war, aber konnten sie auch sehen, dass er Italiener war? Dass er zu den westlichen Migranten gehörte – falls er sich so nennen konnte –, die, wie er gerade in der Zeitung gelesen hatte, mit 3,8 Milliarden Kronen zu den öffentlichen Kassen beitrugen? Er versuchte ein Lächeln, und Tobias Holmetofts Blick glitt weiter. Natürlich widersprach ihm niemand. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zum Rednerpult.

      „Aber es geht nicht nur um Geld. Es geht vielmehr um Kultur, Glauben und Sprache, durch die wir Dänen miteinander verbunden sind. Wir stehen nicht für das Köpfen von Menschen mit anderem Glauben als dem unseren, wir stehen nicht dafür, dass Frauen nicht arbeiten dürfen, nicht von anderen Männern angesehen werden dürfen und unter schwarzer Kleidung versteckt werden müssen. Wir stehen nicht für die Unterdrückung von Frauen. Wir stehen dafür, dass wir frei sprechen und uns äußern können, dass alle gleichgestellt sind und das Recht auf Ausbildung und Arbeit haben. Diese Fremden bringen ihre unheimliche Kultur mit hierher und wollen uns ändern, anstelle unsere Gastfreundschaft anzunehmen und nach unseren demokratischen Normen zu leben. Mehrere haben über das Furchtbare in dem uns und die geredet, aber nein, das ist nicht so furchtbar und verkehrt, so ist das! Es gibt entweder uns oder die, so wie sie selbst es darstellen. Sie rotten uns aus, wenn wir nicht wie sie sind. Der Islam ist nicht mit unserer Kultur vereinbar. Wir müssen Dänemark für die Dänen zurückgewinnen. Die Terroranschläge zeigen deutlich, was uns erwartet, wenn wir jetzt nicht Stopp sagen. DFD will dafür arbeiten, dass die dänischen Werte bewahrt werden, dass wir es uns leisten können, uns gut um die Alten zu kümmern, die unseren Wohlstand aufgebaut haben, und die Schwachen, die Hilfe benötigen, und nicht zuletzt, dass unsere Kinder in eine Schule gehen können, ohne sich den Traditionen anderer Kulturen anpassen zu müssen, sondern zusammen mit anderen dänischen Kindern ausgebildet werden. Gleiche Kinder spielen am besten, so ist das nun mal.“

      Die Versammlung begann zu klatschen. Einige standen auf, nach und nach folgten weitere. Die Klatschsalven wurden lauter und rhythmischer. Roland stand ebenfalls auf, doch er klatschte nicht. Er schaute auf die Uhr. In einer halben Stunde sollte er Irene und die Jungs abholen.

      „Danke schön. Denken Sie daran, am Ausgang einen Flyer mitzunehmen. Darin steht noch viel mehr über unsere Politik“, schloss Tobias Holmetoft. Einige sammelten sich um ihn mit eifrigen Fragen, als Roland den Raum verließ. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Soweit er es beurteilen konnte, war nichts Rassistisches gesagt worden. Aber das war ja auch ein weiter Begriff.

      Er musste sich an einem Haufen Skinheads vorbeiquetschen, die vor dem Ausgang rauchten. Sie waren nicht unter den Zuhörern gewesen, denn das hätte er bemerkt. Glücklicherweise erkannten sie ihn nicht. Zwei von ihnen waren, was man „polizeibekannt“ nannte, aber soviel er wusste, war keiner von ihnen vorbestraft. Falls doch, war das nach seiner Zeit im Polizeipräsidium passiert. Aber er bezweifelte es. Dem rechtsextremen Flügel anzugehören war ja auch nicht strafbar und für die Gewalt und die Ausschreitungen bei diversen Fußballspielen im Stadion konnte man sie nicht verurteilen, da es nicht genug Beweise gegen sie gab. Sie nannten sich WPD, eine Kurzform von White Power Dänemark. Roland wandte ihnen den Rücken zu, als ihn der eine in zerschlissener, brauner Lederjacke prüfend ansah, als überlegte er, woher er ihn kannte, während er mit zusammengekniffenen Augen einen Zigarettenstummel rauchte, den man zwischen seinem Daumen und Zeigefinger kaum erahnen konnte. Roland beeilte sich, zu seinem Auto zu kommen, und stieg ein. Er warf einen Blick zurück, während er sich anschnallte. In dem Moment trat gerade Tobias Holmetoft aus der Tür. Sie riefen nach ihm und er drehte sich sofort um, lächelte jovial und ging zu ihnen hinüber. Der Typ mit der Lederjacke schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter und schnipste die Kippe auf den Bürgersteig. Sie unterhielten sich. War das bloß die sympathische und offene Art des DFD-Gründers oder hatte er etwas anderes mit der WPD zu tun?

      Kapitel 7

      Das Rauschen der großen Flügel erreichte sie, obwohl sie Abstand wahrte, wie ihr Vater es ihr immer eingebläut hatte.

      Es zog in der Brust, eine bittersüße,nostalgische Sehnsucht nach etwas, von dem sie nicht wusste, was es war. Die Düfte des Landes ihrer Kindheit. Die Geräusche. Aber das konnte nicht sein, da sie damals, als sie flüchten mussten, erst zweieinhalb gewesen war. Vielleicht war es allein der Klang des Flügelschlags und die Proteste des Falken, die dieses sentimentale Gefühl auslösten. Aber an die Flugzeuge und Bomber, den stechenden Schwefelgeruch, erinnerte sie sich. Ihre Mutter, die nicht mehr auf dieser Welt war. Das, was sie so oft in ihren Albträumen erlebte, waren nicht nur Fantasie und Träume. Da war sie sich ganz sicher.

      Ihr Bruder, Rabir, wickelte den Falken behutsam in ein Tuch, um die Federn zu schonen. Er war gerade angekommen, neu und untrainiert. Nun sollte er an die neue Umgebung gewöhnt und für die Jagd trainiert werden. Falkenjagd war in Dänemark verboten, aber wie viele andere seltsame Gesetze hier – wie zum Beispiel, dass es erlaubt war, Prostituierte zu sein, die Prostitution aber nicht als legaler Beruf anerkannt wurde – war es nicht verboten, Falken zu züchten, solange es unter geordneten Verhältnissen geschah, und das tat es. Ihr Vater wäre selbst gern Falkner gewesen, wie damals in ihrem Heimatland, aber nun musste er sich damit begnügen, für einen dänischen Falkner zu arbeiten, der ganz sicher deutscher Herkunft war. In Deutschland war Falkenjagd erlaubt und daher fand die Jagd auch dort statt. Aber der dänische Falkner war ein guter Arbeitgeber, und er hatte schnell die Qualifikationen und Fähigkeiten des Vaters erkannt und ihm die volle Verantwortung für die Falken übertragen. Ihr Bruder half oft aus, besonders beim Training neuer Vögel, wo es am besten war, zu zweit zu sein. Er wohnte immer noch auf dem Falkenhof in einigen Zimmern im zweiten Stock, die er von dem Falkner mietete.

      Während Rabir vorsichtig den Falken hielt, schnitt der Vater den äußersten Millimeter jeder Klaue. Das musste gemacht werden um zu verhindern, dass der Falke sich selbst verletzte, wenn er die Füße zusammenkrallte. Anschließend fing er an, das Geschüh zu montieren, wie man die Lederriemen um die Beine des Falken nennt. Darüber befestigte er Glöckchen, sodass sie hören konnten, wo der Falke war, falls er wegfliegen sollte, und die Drahle, eine Art Karabiner mit Wirbel, die verhindern sollte, dass sich die Riemen zuschnürten. Die Langfessel wurde durch die Drahle am Geschüh gezogen. Sie war aus Leder und an den Pfahl angepasst, auf dem der Falke während des Trainings sitzen sollte. Dieser sogenannte Block war oben breit und unten schmal, damit der Vogel ihn nicht so leicht verschmutzen konnte. Unter dem Block war ein Spieß montiert, der in die Erde gesteckt und mit einem Ring versehen war, an den der Riemen gebunden wurde. Das ermöglichte es dem Falken, sich umherzubewegen, da der Riemen seinen Bewegungen folgte.

      Sie war jedes Mal aufs Neue von der Szenerie ergriffen. Es war gleichzeitig etwas Elegantes, Wildes und Erschreckendes an diesen Raubvögeln, die die gleichen grimmigen Augen hatten wie Rabir. Wenn diese Augen einen ansahen, wusste man auch nicht, was er fühlte. Es faszinierte sie, dass man die Vögel zähmen und dem Menschen gefügig machen konnte. Ihre Mutter hatte sie ihren kleinen Falken genannt, weil sie schnell war und immer kämpfte. Daran erinnerte sie sich selbstverständlich nicht, aber Rabir hatte es ihr erzählt. Vater hatte seine Falken, aber Mutter hatte dich, sagte er.

      Sie schaute auf die Haube,

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