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als auch biblisch erklären? Sehen wir uns zunächst an, wie Jesus selbst kranke Menschen heilte.

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      HEILENDE WORTE

      Die Schreiber der Evangelien zeigen eindeutig, dass Jesus den ganzen Menschen heilen wollte, wenn er sich mit kranken Menschen befasste. Er wollte Leib, Seele und Geist wiederherstellen und den Menschen ermöglichen, in den Kreis ihrer Familie und Gemeinschaft zurückzukehren.

       Eine Frau mit einem »gynäkologischen Problem«

      Wie hat Jesus den ganzen Menschen geheilt? Und wie kann Jesus jeden von uns heilen, in welcher Situation auch immer? Die folgende Geschichte steht im 5. Kapitel des Markus-Evangeliums.

       In der Menge war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt. Sie hatte sich schon von vielen Ärzten behandeln lassen und dabei ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber niemand konnte ihr helfen. Ihr Leiden war eher schlimmer geworden. Dann hatte sie davon gehört, dass Jesus Kranke heilt. Deshalb drängte sie sich durch die Menge an Jesus heran und berührte von hinten seinen Mantel. Dabei dachte sie: »Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich bestimmt gesund.«

       Und tatsächlich: Sie merkte sofort, dass sie von ihrem Leiden befreit war. Die Blutung hörte auf. Aber auch Jesus spürte, dass heilende Kraft von ihm ausgegangen war. Deshalb drehte er sich um und fragte: »Wer hat mich angefasst?« Seine Jünger antworteten: »Die Leute bedrängen dich von allen Seiten, und da fragst du, wer dich angefasst hat?«

      Aber Jesus sah die Frau an, die ihn berührt hatte. Die war erschrocken und zitterte am ganzen Leib, denn sie wusste ja, was an ihr geschehen war. Sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm alles. Jesus sprach zu ihr: »Meine Tochter, weil du so fest an mich geglaubt hast, bist du gesund geworden. Gehe in Frieden. Du bist geheilt« (Verse 25–34).

      Bevor wir diese Geschichte näher betrachten, lassen Sie uns drei Prinzipien der Bibelauslegung bedenken. Zuerst: Obwohl die Bibel aus mehreren Büchern besteht, ist sie doch ein einheitliches Ganzes. Viele alttestamentliche Konzepte beleuchten und illustrieren neutestamentliche Wahrheiten. Das gilt auch für diesen Text: Eine alttestamentliche Schriftstelle wirft ein bedeutendes Licht auf unsere Geschichte.

      Zweitens ist es wichtig, den kulturellen Kontext eines Textes zu kennen. Was waren die Glaubensauffassungen, die Verhaltensnormen und die Gewohnheiten der Menschen, unter denen sich eine Geschichte ereignete oder an die geschrieben wurde? Wie haben es die Menschen damals verstanden und aufgenommen? Jesus war Jude. Diese Frau war Jüdin; die jüdische Kultur spielt in diesem Drama eine wichtige Rolle.

      Drittens hat Gott uns Verstand und Vorstellungskraft gegeben, und er erwartet von uns, dass wir beim Umgang mit der Bibel davon Gebrauch machen. Viele Geschichten sind sehr knapp gehalten und schildern nur wenige Einzelheiten, oft nur das Nötigste. Indem wir mit logischen Überlegungen, einer gewissen Vorstellungskraft und der Leitung des Heiligen Geistes an die Sache heran gehen, können wir andere Einzelheiten mit einbeziehen, die, obwohl im Text nicht ausdrücklich erwähnt, höchstwahrscheinlich aber vorkamen. Mit anderen Worten: Mittels einer inspirierten Vorstellungskraft können wir zwischen den Zeilen lesen.

       Der physische Aspekt

      Diese Frau hatte jahrelang an unregelmäßigen Blutungen gelitten. Markus sagt nichts über deren Ursache. Es war gewiss kein bösartiger Tumor, denn Krebs führt schneller zum Tode. Zudem ist Gebärmutterkrebs bei jüdischen Frauen eher selten. Es ist wahrscheinlich, dass die Blutungen durch eine länger anhaltende Unausgeglichenheit in ihrem Hormonhaushalt hervorgerufen wurden. Ihre Blutungen verursachten wahrscheinlich Schmerzen, die ihr Leben arg beeinträchtigten. Sie litt aufgrund des chronischen Blutverlusts mit großer Wahrscheinlichkeit an Blutarmut. Das wiederum verursachte körperliche Schwäche und machte es ihr unmöglich, ihre täglichen Arbeiten in Haus und Familie auszuführen. Ich gehe davon aus, dass sie aufgrund der unregelmäßigen Menstruation während dieser schwierigen zwölf Jahre nicht schwanger werden konnte. Unfruchtbarkeit war für jüdische Frauen ein ernsthaftes Problem; das trifft auch für die meisten Frauen in anderen Kulturen zu.

      Das also ist der physische Aspekt: Sie war eine Frau mit einem ernsthaften gynäkologischen Problem.

       Der soziale Aspekt

      Diese Jüdin unterstand der jüdischen Kultur und dem alttestamentlichen Gesetz. Nach dem levitischen Gesetz, aufgezeichnet in 3. Mose 15,19–30, galt eine Frau während ihrer normalen Menstruation und weitere sieben Tage danach als unrein. Wenn unregelmäßige Blutungen auftraten, war sie ebenfalls unrein. Darüber hinaus verunreinigte sie ihre Kleidung, ihr Haus, irgendwelche Möbel oder andere Gegenstände, die sie berührte, sowie jeden Menschen, mit dem sie Kontakt hatte.

      Diese Frau war also zwölf Jahre lang unrein gewesen und hatte die Welt um sie her ebenfalls verunreinigt. Falls sie verheiratet war, hatte sich ihr Mann bestimmt längst von ihr scheiden lassen. Ihre Familienangehörigen hatten sie vermutlich im Stich gelassen und Freunde hatte sie keine mehr. Wie konnte sie Freunde haben, wenn die ständig Gefahr liefen, unrein zu werden? Schließlich, so stellt Markus fest, stand sie ohne einen Pfennig da, nachdem sie all ihr Geld für vergebliche Heilungsversuche ausgegeben hatte.

       Der geistliche Aspekt

      Vielleicht trug diese Frau am schwersten an ihrer inneren Not. Weil sie unrein war, durfte sie nicht in den Tempel zum Gottesdienst gehen. Sie konnte nicht zum Beten dorthin gehen, noch konnte sie Opfer bringen oder um Hilfe bitten. Sie stand völlig ohne soziale Kontakte da und geistlich gesehen war es genauso: sie war abgeschnitten von Gott und verzweifelt. Markus schildert uns also nicht einen »gynäkologischen Problemfall«. Er schreibt die Wahrheit, dass da ein Mensch war, eine Frau, die litt. Ihr ganzes Sein war durch diese Krankheit in Mitleidenschaft gezogen worden.

      Eines Tages hörte diese Frau von Jesus, einem bevollmächtigten Mann, der Kranke heilen konnte. In ihrem Herzen keimte Hoffnung. Aber zu Jesus gehen und ihn um Hilfe bitten? Das konnte sie auf keinen Fall. Keine jüdische Frau konnte zu einem fremden Mann gehen, um mit ihm zu reden oder ihn um irgendetwas zu bitten. Falls sie es doch tat, wurde sie als unmoralisch gebrandmarkt. In ihrem jetzigen Zustand würde sie diesen wichtigen Mann zudem kultisch verunreinigen. Ein anderer Mann – ihr Ehemann, ein Bruder oder Freund – könnte zu Jesus gehen und ein Wort für sie einlegen. Doch diese Frau war völlig allein gelassen worden und hatte niemanden, der ihr helfen oder Hilfe vermitteln konnte. Aber eines wollte sie auf gar keinen Fall: aufgeben. Sie war entschlossen, sich auf Gedeih oder Verderb diesem Mann Jesus zu nähern, komme, was da wolle.

      Sie entwickelte einen Plan, der verwegen und deswegen gefährlich war. Sie würde sich Jesus von hinten nähern – und zwar mitten in der Menschenmenge – und sein Gewand berühren. Verschwiegenheit und Unauffälligkeit waren das oberste Gebot, denn wenn irgendjemand sie beobachtete, würde sie öffentlich der Verunreinigung Jesu angeklagt und unter Umständen zu Tode gesteinigt werden. Aber sie war schon viele Tode gestorben; was hatte sie noch zu verlieren?

      Als sie sein Gewand berührte, spürte sie sofort etwas in ihrem Körper. Es kann ein plötzliches wohliges Gefühl gewesen sein oder Empfindungen in einem Organ, das »in Wallung« geraten war. Was auch immer: es war eine wahrnehmbare physische Veränderung in ihrem Körper. Was für eine Freude muss sie einen glücklichen Augenblick lang empfunden haben! Sie wusste, dass sie geheilt worden war. Dann gab es nur noch eins: schnell verschwinden. Aber das war unmöglich. Dieser Mann Jesus stellte sie bloß. Sie hatte ihn hintergangen. Er war durch sie kultisch unrein geworden. Zudem hatte sie ihm seine Kraft geraubt, und irgendwie hatte er das gemerkt. Jetzt rief er sie, und wahrscheinlich würde sie gesteinigt. So, wie Markus das beschreibt, kam sie, warf sich – längst am Boden

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