ТОП просматриваемых книг сайта:
Im Schatten des Feldmarschalls: Geschichten aus dem Powder-Mage-Universum. Brian McClellan
Читать онлайн.Название Im Schatten des Feldmarschalls: Geschichten aus dem Powder-Mage-Universum
Год выпуска 0
isbn 9783966583206
Автор произведения Brian McClellan
Жанр Языкознание
Серия Die Powder-Mage-Chroniken
Издательство Bookwire
Es war der Morgen nach Constaires Besuch bei Verundish. Sie stand in Habachtstellung in der Ecke von Tamas’ Kommandozelt, mit den Händen an den Seiten, den Beinen zusammen und durchgestrecktem Rücken. Der General war über einen großen Tisch gebeugt, auf dem er eine Geländekarte von Gurla mit den Händen glatt hielt. Seine Augen überflogen das vergilbte Papier mehrere Minuten lang; seine Lippen bewegten sich leicht, während er etwas im Kopf ausrechnete.
»Diese Karte«, sagte er und durchbrach die Stille, die über fünfzehn Minuten angedauert hatte, »ist fast zweihundert Jahre alt.«
»Sir?«, fragte Verundish.
»Zweihundert Jahre alt, Captain. Wir haben die beste Armee der gesamten Welt, und wir kriegen es nicht hin, eine aktuelle Karte von diesem verdammten Gebiet zu besorgen. Kann ich Ihnen helfen, Captain?«
Verundish öffnete den Mund, doch Tamas unterbrach sie, bevor sie etwas sagen konnte.
»Darjah ist eine der ältesten Festungen in ganz Gurla. Die Mauern sind durchzogen von Schutzmagie, und der Boden um die Festung herum ist voller Schutzzauber, die einen Mann töten können, wenn er darauf tritt.« Tamas stieß sich vom Tisch ab und fing an, an einem Ende des Zeltes auf und ab zu gehen.
»Feldmarschall Beravich hat mir gerade mal eine halbe Brigade und nur vier Privilegierten-Magier gegeben. Hundert Mann könnten Darjah gegen uns halten, und der Schah, der sich dort verschanzt, hat über tausend Mann. Und sieben Privilegierte. Sieben!«
Tamas ließ sich in einer Ecke des Zeltes auf einen Stuhl fallen und drehte den Kopf zu Verundish. »Beravich liebt es, mich versagen zu sehen. Ganz besonders, weil es so selten vorkommt. Es interessiert ihn nicht, wie viele Männer dafür sterben müssen, dass es passiert. Also, warum wollten Sie mich sehen?«
Wieso erzählte Tamas ihr das alles? Die meisten Offiziere würden es als unprofessionell ansehen, mit jemandem von niedrigerem Rang so geradeheraus zu sprechen. Verundish räusperte sich.
Tamas hob einen Finger und unterbrach sie wieder. »Ich sollte Ihnen sagen, dass hier den ganzen Morgen lang Soldaten ein- und ausgegangen sind und mich gebeten haben, meinen Befehl zurückzunehmen, dass Captain Constaire das Himmelfahrtskommando anführt. Ich weiß, dass Sie seine Liebhaberin sind. Es ist mir egal, wie beliebt der Mann ist, er wird den Angriff anführen. Jeder hier muss irgendwann sein Leben riskieren. Sind Sie deswegen hier? Um meine Zeit zu verschwenden?«
Das Letzte, was Verundish wollte, war, Tamas’ ohnehin schon schlechte Laune noch zu verschlimmern. Sie zwang sich, keinen Streit mit ihm anzufangen. »Ganz im Gegenteil, Sir. Ich bin hier, um mich als Ersatz für Constaire anzubieten.«
Der Stuhl knarzte, als Tamas sich zurücklehnte und nachdenklich über seinen schwarzen Schnurrbart strich. Einen Moment lang meinte Verundish, sehen zu können, wie sich Tamas’ Gedanken hinter seinen strengen braunen Augen neu formierten, als er sie einzuschätzen versuchte.
»Interessant«, sagte er und erhob sich. »Sie sind eine intelligente, mutige, junge Offizierin. Wenn Sie sich in den kommenden Jahren beweisen, stehen Ihnen wahrscheinlich mehrere Beförderungen bevor. Constaire hingegen ist ein Fatzke. Er hat keinen Wert für mich. Wieso zur Grube sollte ich zulassen, dass Sie an seiner Stelle sterben?«
»Jung« hatte er sie genannt, obwohl Tamas, ein Mann in seinen Vierzigern, nicht mehr als ein Jahrzehnt älter sein konnte als sie.
»Weil ich mich freiwillig gemeldet habe«, sagte Verundish. »Und Sie wissen, dass ein Sturmangriff effektiver ist, wenn er von einem Freiwilligen angeführt wird.«
»Höre ich da aus Ihrer Stimme einen herausfordernden Ton heraus, Captain?«, fragte Tamas. »Nein, beantworten Sie das nicht. Ich habe es immer gehasst, wenn ein vorgesetzter Offizier mich dazu gezwungen hat, mich zwischen meinem Stolz und Unaufrichtigkeit zu entscheiden. Das werde ich Ihnen nicht antun.« Er hielt inne, um etwas Schwarzpulver unter seinen Nägeln zu entfernen. »Vielleicht habe ich die Anweisung von meinen Vorgesetzten, dass Constaire den Angriff anführen soll.«
Verundish spürte, wie ihr Herz ein wenig schneller schlug. So eine Anweisung könnte nur von Feldmarschall Beravich oder dem König persönlich kommen. War Constaire in irgendeine Art von Verschwörung verstrickt? Oder war er ein Bauernopfer in den Ränkespielen irgendeines Adligen?
»Die habe ich aber natürlich nicht«, sagte Tamas und wischte den Gedanken mit einem Lächeln fort. »Darf ich fragen, warum Sie Ihr Leben für Constaire opfern würden? Abgesehen von Ihrer deplatzierten Zuneigung für diesen Narren?«
»Manchmal ist der Angriff erfolgreich, Sir. Und wenn er das sein sollte, steht mir eine sofortige Beförderung zu. Ich wäre eine Heldin, Sir.«
»Das ist verdammt optimistisch von Ihnen«, murmelte Tamas. Er stand auf und gab ihr zu verstehen, dass das Treffen beendet war. »Ich werde darüber nachdenken, Captain«, sagte er. »Sie werden heute Abend Ihre Antwort bekommen.«
Den Rest des Tages fühlte Verundish sich wie benebelt.
Sie hatte einen Ausweg. In zwei Tagen würde sie ein Himmelfahrtskommando durch die Bresche hinein in das Feuer der Musketen und die Magie der Privilegierten führen und fast augenblicklich fallen. Sie würde einen Heldentod sterben und ein Heldenbegräbnis bekommen, und Genevie könnte stolz sein auf ihre Mutter, die sie kaum kannte.
Ihr verhasster Ehemann würde Genevie in die Obhut von Verundishs Vater und Mutter übergeben, und sie würde den Rest ihres Lebens von Verundishs großzügiger Pension leben können.
Falls General Tamas es ihr gestattete, den Angriff anzuführen.
Sie ging gerade durch das Lager und inspizierte ihre Kompanie, als Constaire sie fand.
Ohne ein Wort zu sagen, packte er sie fest am Arm und führte sie hinter den Pavillon eines Obersten, wo sie einigermaßen unter sich waren.
»Was hast du vor?«, forderte sie und schüttelte sich aus seinem Griff los.
»Nein«, zischte er, »was hast du vor?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
Constaires Gesicht war rot vor Wut. In den vier Jahren, in denen sie jetzt gemeinsam auf Feldzug waren, hatte sie ihn noch nie so wütend gesehen. »Ich wurde gerade von General Tamas darüber informiert, dass du dich freiwillig dazu gemeldet hast, meinen Platz in dem Himmelfahrtskommando einzunehmen. Das werde ich nicht erlauben!«
»Es gibt nichts, das du mir nicht erlauben kannst«, sagte sie.
»Hältst du mich für einen Feigling?« Constaire stampfte mit dem Fuß auf. Es war unheimlich kindisch, und Verundish fragte sich, ob er vielleicht etwas Übung darin brauchte, wütend zu sein. »Meinst du etwa, ich schaffe es nicht? Wieso tust du so etwas?«
Sie dachte an all die Gründe, die sie ihm aufzählen könnte, und legte ihm ihren Finger auf die Lippen. Er war ein Feigling, aber jetzt war nicht der richtige Moment, das auszusprechen.
»Ich halte dich nicht für einen Feigling«, sagte sie. »Aber ich weiß, dass du es nicht schaffen wirst.«
»Du würdest an meiner Stelle sterben?«
Sein Gesicht wirkte in diesem Moment so verletzlich, dass Verundish sich fragte, ob er es doch tatsächlich ernst gemeint hatte, als er ihr angeboten hatte, sie zu heiraten. Sie hatte angenommen, dass es einfach nur eine ungestüme Liebeserklärung gewesen war, hinter der keine Substanz gesteckt hatte. Soldaten heirateten nicht untereinander.
»Das würde ich«, sagte sie. Sie erzählte ihm nicht, dass sie sich sicherlich selbst das Leben nehmen würde, wenn es die Gurlaner nicht schaffen sollten.
»Nein.