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in Stadt und Dorf lebt. Auch hier weckte mich jeden Morgen eine Schaar dieser gefiederten Thierchen auf.

      Von Ungeziefer litt ich bisher viel weniger, als ich befürchtete. Außer jenen kleinen Fliegen auf der Ebene von Saron und den kleinen, schwarzen Springinsfelden, die man wohl in der ganzen Welt findet, hatte ich mich über keine andern zu beklagen.

      Unsere gewöhnliche Hausfliege fand ich überall heimisch, aber nicht lästiger und zahlreicher wie bei uns.

      Ausflug nach dem Jordan und dem todten Meere.

      Um im Innern von Palästina, Cölesyrien, Phönizien u.s.w. reisen zu können, muß man immer in größeren Zügen gehen, und an manchen Orten sogar eine Eskorte bei sich haben. Man muß sich mit Kochgeschirr, Lebensmitteln, Zelten, Dienerschaft u.s.w. versorgen. Mir allein wäre dies nicht möglich gewesen, und so dachte ich von Jerusalem den selben Weg nach Jaffa zurück zu gehen, und dann entweder nach Beirut oder Alexandrien meine Reise zu Meere fortzusetzen; da traf ich glücklicher Weise mit den bereits genannten Kavalieren zusammen, die mehrere Ausflüge zu Land unternehmen wollten, wovon ihr erster nach dem todten Meer und dem Flusse Jordan gehen sollte.

      Ich hatte den sehnlichsten Wunsch, jene Orte besuchen zu können, und ließ die Herren Grafen durch Pater Paul ersuchen, mich an dieser gefahrvollen Reise Antheil nehmen zu lassen. Die Herren meinten, daßdiese Tour für eine Frau zu anstrengend sei, und waren nicht geneigt, meine Bitte zu erfüllen. Doch Graf W. nahm sich meiner an und sagte, er habe mich auf dem Ritte von Bethlehem nach Jerusalem beobachtet, es fehle mir weder an Muth und Geschicklichkeit, noch an Ausdauer, und man könne mich unbesorgt mitnehmen. Pater Paul brachte alsogleich die angenehme Nachricht, daß man mich mitnehmen wollte, und ich für weiter nichts, als für mein Pferd zu sorgen habe. Er rühmte mir besonders die gütige Fürsprache des Grafen W., wofür ich diesem jederzeit sehr verbunden bleibe.

      Die Reise zu dem todten Meere und dem Jordan ist nicht in kleiner Gesellschaft zu wagen. Am besten und sichersten ist es, wenn man entweder in Jerusalem oder in Bethlehem einige Häuptlinge der Araber und Beduinen kommen läßt, und mit ihnen einen Sicherheitsvertrag schließt. Man zahlt ihnen einen mäßigen Tribut und wird dann von ihnen selbst und ihren Verbündeten hin und her geleitet. Die Grafen zahlten den beiden Häuptlingen 300 Piaster nebst den Reisekosten für sie und die zwölf Mann starke Begleitung.

      Am 7. Juni halb 3 Uhr Nachmittags, setzte sich unser Zug in Bewegung. Die ganze Karavane bestand aus den vier Grafen, Mr. Bacleth, einem Baron Wrede, zwei Aerzten, mir, fünf oder sechs Dienern und den beiden Häuptlingen mit zwölf Arabern und Beduinen. Alle waren scharf bewaffnet, mit Gewehren, Pistolen, Säbeln und Lanzen; wir hatten das Ansehen, als zögen wir einem recht ernstlichen Scharmützel entgegen.

      Unser Weg führte durch die Via dolorosa zum Stephansthore hinaus am Fuße des Oelberges fort, von einem Thale und Hügel zum andern — überall derselbe Steinboden. Anfangs sahen wir noch manchen blühenden Obst, und Olivenbaum und sogar Weinreben, nur von Gras oder Blumen war keine Spur; die Bäume allein standen, ohngeachtet der Hitze und des gänzlichen Mangels an Regen, in Pracht und Fülle. Dies mag wohl von der Kälte und Feuchtigkeit herrühren, welche in den heißen Ländern während der Nacht herrscht, und dadurch über die ganze Natur Erholung und Erquickung verbreitet.

      Das Ziel unserer heutigen Wanderung lag 4 Stunden von Jerusalem entfernt, das griechische Kloster St. Saba in der Wüste. Schon das letzte Wort läßt schließen, daß die Gegend immer schauerlicher und öder wurde, bis wir weder Baum noch Strauch mehr zu sehen bekamen. Auf der ganzen Strecke war auch nicht die einfachste menschliche Wohnung wahrzunehmen. Wir begegneten nur einer Horde Beduinen, die ihre rußigen schwarzen Zelte in einem weit ausgebreiteten Flußbette aufgeschlagen hatten. Einige Ziegen, Pferde und Esel umkletterten die Abhänge, mühsam nach Wurzeln und Kräutern suchend.

      Ungefähr eine halbe Stunde, ehe man zum Kloster kommt, betritt man die eigentliche Wüste, wo Jesus 40 Tage fastete und vom Teufel das erste Mal versucht wurde. An diesem Orte konnte wohl nur ein Gottmensch 40 Tage leben, ein Anderer würde schwerlich einige Tage ausgehalten haben, ohne dem Hungertode zu erliegen. Jede Vegetation hört auf, weder Strauch noch Wurzel sind sichtbar, und das Bett des Cedron ist ohne Wasser. Dieser Fluß erscheint nur während der Regenzeit, da hat er seinen Lauf in einer mächtigen Tiefe. Die herrlichsten Felsenterrassen, von der Natur so schön und gleichförmig gebildet, daß man beim ersten Anblick sehr überrascht wird, engen ihn gleich Gallerien von beiden Seiten ein.

      Todtenstille war über die ganze Gegend gelagert, nur die Tritte unserer Pferde widerhallten einförmig von den Felsen, zwischen welchen sie sich mühsam jeden Schritt erkämpfen mußten. Einige Vögelchen schwirrten dann und wann über unsere Köpfe lautlos und ängstlich, als ob sie ihres Weges irre geworden wären. — Endlich wendet sich der Pfad um eine Ecke, — und welch' überraschender Anblick! ein großes, schönes Gebäude, umgeben von einer äußerst starken mit mehreren Schießscharten versehenen Festungsmauer, breitet sich unten am Flußbette aus, und zieht sich terrassenförmig am Hügel empor. Von dem Standpunkte, wo wir uns befanden, konnten wir das Ganze in seinem Umfange und auch im Innern überschauen, — es lag befestigt und doch wieder ganz offen vor uns. Mehrere Gebäude, vor allen eine Kirche mit einer kleinen Kuppel, sagten uns deutlich, St. Saba liege vor uns.

      Am jenseitigen Ufer, ungefähr 700 — 800 Schritte vom Kloster entfernt, sahen wir einen einzelnen, viereckigen, sehr festen Thurm. Wohl dacht' ich nicht, mit diesem verlassenen Thurme so bald in nähere Verbindung zu kommen.

      Die Geistlichen sahen unsern Zug den Berg Herabkommen, und auf das erste Klopfen that sich das Pförtchen auf. Die Herren, die Diener, und die Araber und Beduinen wurden alle eingelassen, und als an mich die Reihe kam, hieß es: Clausur! Ich war also ausgeschlossen, und dachte schon diese Nacht unter freiem Himmel zubringen zu müssen, was wahrlich in solch' einer gefahrvollen Gegend nicht sehr angenehm gewesen wäre. Endlich kam ein Laienbruder und wies auf jenem Thurm mit dem Bedeuten, man werde mich dort einquartieren. Er holte aus dem Kloster eine Leiter, und ging mit mir zu diesem Thurm; dort legte er sie an, und wir stiegen ungefähr einen Stock hoch zu einem ganz niedrigen eisernen Pförtchen empor, welches er aufschloß, und in das wir hinein krochen. Wir fanden innen einen geräumigen Platz. Eine hölzerne Treppe führte uns höher hinauf zu zwei winzigen Kämmerchen, die ungefähr in der Mitte des Thurmes lagen. Das eine davon, mit einem Altar ausgestattet und durch ein Lämpchen spärlich erleuchtet, diente als Kapelle, das zweite als Schlafgemach für Pilgerinnen. Ein hölzerner Divan war des Letzteren ganze Einrichtung. Mein Führer empfahl sich mit dem Versprechen, später noch einmal zu kommen und mir nebst Speise und Trank auch einen Polster und eine Decke zu bringen.

      Nun war ich also für diese Nacht geborgen, und gleich einer entführten Prinzessin hinter Schloß und Riegel verwahrt. Nicht einmal entfliehen hätte ich können, denn mein Führer hatte das knarrende Pförtchen geschlossen, und die Leiter mit sich fortgenommen. Nachdem ich die Schloßkapelle und mein unvergleichliches Gemach in diesem verwünschten Zwinger von allen Seiten genau betrachtet hatte, stieg ich eine Treppe hinauf, die mich auf die Zinnen des Thurmes leitete. Hier konnte ich die Gegend überschauen, und ich sah auch wirklich von diesem hohen Standpunkte aus einen großen Theil der Wüste und mehrere Reihen von Hügeln und Bergen, die alle nackt und kahl, die Gegend umfingen, ich sah weder Baum noch Strauch, weder Hütte noch Menschen — Alles war öde, alles wie ausgestorben. Die tiefste Stille herrschte in der Natur, und es kam mir gerade so vor, als hätte Gott absichtlich auf diesen Fleck Erde vergessen, um ihn als Wüste für unsern Heiland zu bewahren. Die Sonne sank hinter die Berge, unbelauscht von lebenden Wesen; ich war vielleicht das Einzige in dieser Gegend, das sich dieser Naturscene erfreute. Unwillkührlich sank ich auf die Knie, um Gott auch in seiner wilden Natur zu loben und zu preisen. Mächtig fühlte ich mich von diesem Bilde ergriffen.

      Von dieser Grabesruhe durfte ich nur einen Blick auf das Kloster werfen, das ganz aufgedeckt vor mir lag, und ich sah das regste Leben. Da waren in den Höfen die Beduinen und Araber um die Pferde beschäftigt; sie streuten ihnen Futter oder brachten Wasser, dort breiteten Einige Matten aus, Andere warfen sich auf ihr Antlitz und verehrten unter verschiedenen Formen den nämlichen Gott, den auch ich anbete; da wuschen sich wieder Andere Hände und Füße, um sich, gleich ihren Brüdern, zur Andacht

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