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Rings um die kleine Grabeskapelle laufen von außen in einiger Entfernung viele Nischen, die den verschiedenen Glaubenssekten angehören.

      Ich sah ferner in der Kirche die unterirdische Nische, in welcher Jesus als Gefangener saß, dann die Nische, in welcher die Soldaten um die Kleider unsers Heilandes würfelten, und die Kapelle, welche das Grab des heil. Nikodemus enthalt. Unweit dieser Kapelle ist die kleine Kapelle der Lateiner. Zur Kapelle der heil. Helena führt eine Treppe von 27 Stufen abwärts. Hier saß die heil. Frau beständig und betete, und ließ nach dem heil. Kreuze suchen. Noch einige Stufen tiefer gelangt man an die Stelle, wo das Kreuz gefunden wurde. Eine Marmorplatte zeigt den Platz genau an.

      Ist man wieder von da hinaufgestiegen, so kommt man gleich zu einer Nische, in welcher die Säule steht, an welcher Jesus angebunden und gekrönt wurde. Man nennt sie die Schimpf- oder Spott-Säule. Die Säule, an welcher Jesus gegeißelt wurde, und von der sich ein Stück in Rom in der Kirche St. Prasede befindet, ist auch nur einige Schritte davon entfernt, und mit einem Gitter umgeben. Man geht nun wieder über eine Treppe achtzehn Stufen hoch, welche zur Schädelstätte, oder dem Fels führt, wo Jesus gekreuziget wurde. Dieser Fels ist aber nicht sichtbar, sondern von allen Seiten ummauert und oben mit Marmorplatten bedeckt. An der rechten Seite auf dem Fußboden ist die Stelle, wo Christus an das Kreuz genagelt wurde, durch ein Kreuz von Marmor bezeichnet. Gleich daneben befindet sich die Schmerzen-Kapelle an dem Orte, wo die heil. Maria stand, und Zeugin war, wie man ihren geliebten Sohn an das Kreuz schlug.

      Welche Leiden können wohl mit diesen verglichen werden! Wer von Kummer und Sorgen gedrückt wird, möge sich ihrer erinnern, und Trost und Beruhigung darin finden.

      Auf der andern Seite, dieser Kapelle gegenüber, ist die Öffnung zu sehen, in der das Kreuz gestanden hat. Hier und auch unten in der Kirche, kann man den Riß sehen, der den Felsen spaltete. Oben ist er mit einer Silberplatte eingefaßt, um ihn dadurch gegen das viele Küssen und Berühren der Pilger zu schützen. Unten ist eine kleine Öffnung gelassen worden, welche durch ein hineingereichtes Licht so viel erhellt wird, um den tiefen Spalt zu sehen.

      Die Kapelle, welche die Griechen in dieser Kirche besitzen, ist die größte, schönste und am reichsten geschmückte, man könnte sagen: eine Kirche in der Kirche.

      Den Lateinern gehören in dieser Kirche das heilige Grab, die Geißelungs-Säule, die Grotte der Kreuzfindung, der Ort der Annagelung und die Schmerzen-Kapelle. Die andern Stellen gehören den Griechen, Armeniern und Kopten.

      Er ist sehr schwer, sich in dieser Kirche zurecht zu finden, sie gleicht einem Labyrinth. Bald muß man über eine Treppe hinauf, bald wieder in die Tiefe hinabsteigen. Der Baumeister verdient gewiß die größte Bewunderung. Alles so sinnig und zweckmäßig unter ein Dach gebracht zu haben, so wie die heil. Helena den innigsten Dank, daß sie durch Kirchen und Kapellen sowohl hier, als in Bethlehem und Nazareth alle aufgefundenen Stellen heiligte und der Vergessenheit entriß.

      Man erzählte mir, daß es in dieser Kirche selten ohne Zank und große Unordnung abgehe, wenn die Griechen ihre Ostern hier feiern. Und noch viel größer soll diese Unordnung seyn, wenn unglücklicher Weise die griechischen Ostern mit jenen der Lateiner zusammen fallen. Da gibt es nicht nur blutende Köpfe, sogar als Leichen werden einige fortgetragen. Da müssen dann gewöhnlich die Türken einschreiten, um unter den Christen Ordnung und Ruhe herzustellen. Was können dann jene Völker, die wir Ungläubige nennen, für einen Begriff von Christen haben, wenn sie sehen, mit welchem Hasse und Neide eine christliche Sekte die andere verfolgt? Wann wird diese entehrende Parteisucht wohl beseitigt werden?

      Am dritten Tage nach meiner Ankunft zu Jerusalem kam des Nachmittags eine kleine Karavane von sechs oder sieben Reisenden, nämlich zwei Herren mit ihren Dienern, in unserm Klöster an. — Eine solche Erscheinung ist wohl zu wichtig und interessant, besonders, wenn es Franken sind, um sich nicht sobald als möglich zu erkundigen, von welcher Weltgegend sie hieher gewandert seien. Wie freudig schlug mein Herz, als mir Pater Paul die angenehme Nachricht brachte, daß die beiden Herren österreichische Unterthanen seien. Welch' ein sonderbarer Zufall! So weit von meinem Vaterlande und plötzlich in Mitte von Österreichern. Pater Paul war ein Wiener, und jene beiden Herren, Graf Berchtold und Graf Salm Reifferscheit, waren böhmische Kavaliere.

      Nachdem ich mich von der Reise gehörig erholt, und meinen Geist gesammelt hatte, brachte ich eine ganze Nacht in der Kirche des heil. Grabes zu. Ich beichtete des Nachmittags und begleitete dann um 4 Uhr den Umgang, welcher täglich um diese Zeit zu allen Leidensstationen geht, mit einer brennenden Wachskerze in der Hand, deren Rest ich zur ewigen Erinnerung mit in mein Vaterland brachte. Nach dieser Ceremonie begaben sich die Geistlichen in ihre Zellen und die wenigen Leute, die gegenwärtig waren, aus der Kirche. Ich allein blieb zurück, um die Nacht daselbst zu verweilen. Es herrschte eine feierliche Stille und ungehindert konnte ich nun alle Stellen allein besuchen, und meinen Betrachtungen nachhängen. Dieß waren die schönsten Stunden meines Lebens — wer die erlebt, hat genug gelebt!

      Bei der Orgel wies man mir ein Plätzchen an, wo ich einige Stunden der Ruhe genießen konnte. Eine alte Spanierin, die gleich einer Nonne lebt, dient den Pilgerinnen als Gefährtin für eine solche Nacht.

      Um Mitternacht fangen die verschiedenen Gottesdienste an. Die Griechen und Armenier schlagen und hämmern auf frei hängenden Bretern oder Metallstangen. Die Lateiner spielen auf der Orgel, oder singen und beten laut, während die Priester der andern Sekten ebenfalls singen und schreien. Es ist ein großer unharmonischer Lärm. Ich muß es gestehen, daß mich die Andacht um Mitternacht nicht so begeisterte, als ich mir vorstellte. Der vielseitige Lärm, die verschiedenartigen Gebräuche sind eher störend als erhebend. Ich zog die Stille und Ruhe, welche nach dem Umgange herrschte, diesem Gepränge vor.

      Ich ging mit der Spanierin in das Chor der Lateiner, wo von der Mitternachtsstunde bis 1 Uhr laut gebetet wurde. Um 4 Uhr Morgens hörte ich mehrere Messen am heiligen Grabe und kommunizirte daselbst. Um 8 Uhr sperrten die Türken auf mein Begehren die Kirche auf, damit ich nach Hause gehen konnte.

      Die wenigen Geistlichen des lateinischen Ritus, welche sich im Kloster zum heil. Grabe befinden, bleiben durch drei Monate unausgesetzt in demselben, um den Dienst in der Kirche zu verrichten. Sie dürfen auf keinen Augenblick Kloster oder Kirche verlassen. Nach drei Monaten werden sie von andern Geistlichen wieder abgelöst.

      Am 10. Juni wohnte ich dem Feste des Ritterschlages vom Orden des heiligen Grabes bei. Die Grafen Zichy, Wratislaw und Salm ließen sich zu Rittern des heil. Grabes schlagen, welche Ceremonie in der Kapelle der Lateiner und in der heiligen Grabeskapelle vollzogen wurde.

      Der Reverendissimus setzte sich auf den Thronsessel, der künftige Ritter kniete vor demselben nieder, und legte den Schwur ab, die heilige Kirche, die Witwen und Waisen zu schützen u.s.w. Während dem beten die herumstehenden Priester. Nun wurden dem Laien von einem Geistlichen der Sporn Gottfrieds von Bouillon angeschnallt, das Schwert dieses Helden in die Hand gegeben, die Scheide davon umgürtet und das Kreuz sammt der schweren goldenen Kette, ebenfalls von Gottfried von Bouillon herstammend, um den Hals gehängt. Darauf bekam der Kniende den eigentlichen Ritterschlag mit dem Schwerte auf Achseln und Haupt. Die Geistlichen umarmten den neuen Ritter und die Ceremonie war geendet.

      Ein gutes Mahl, von den neuen Rittern gegeben, wozu Pater Paul und ich eingeladen waren, machte den Schluß dieses Festes.

      Der Oelberg liegt höchstens eine halbe Stunde von Jerusalem entfernt. Man geht durch das Stephansthor, kommt an dem türkischen Friedhofe vorüber, und ist an dem Orte, wo der heilige Stephan gesteiniget wurde. Unweit davon sieht man das Flußbett des Cidron, der jetzt ganz ohne Wasser war. Eine steinerne Brücke führt hinüber; daneben ist eine Steinplatte, auf welcher die Abdrücke von Jesu Füßen, als er von Gethsemane abgeholt und über diese Brücke geführt wurde, wo er strauchelte und fiel, zu sehen sind. Wenn man über die Brücke gegangen ist, kommt man am Fuß des Oelbergs zur Grotte, wo Jesus Blut geschwitzt hat. Man ließ ihr ihre ursprüngliche Gestalt. Ein einfacher hölzerner Altar, erst seit einigen Jahren von einem bairischen Prinzen gestiftet, ist darin, und eine eiserne Pforte schließt den Eingang. Nicht weit davon ist Gethsemane. Hier stehen acht Oelbäume von hohem Alter, nirgens sah ich so große und alte Stämme, obwohl ich oft durch ganze Gehölze von Olivenbäumen kam, wie diese hier,

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