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daß innerhalb weniger Jahrzehnte in Rom fast alles zusammengetragen wurde, was Jahrhunderte, ja Jahrtausende emsiger künstlerischer Arbeit in allen Kulturstätten um das Mittelmeer herum geschaffen hatten. Weit eher als der ökonomische Bankrott trat der politische Bankrott des Systems klar zutage.

      e. Der Absolutismus

      Rom tötete das politische Leben in allen Gebieten, die es eroberte, indem es ihre Widerstandsfähigkeit brach und ihnen jede Selbständigkeit raubte. Die ganze Politik des ungeheuren Reiches konzentrierte sich in der einen Stadt Rom. Wer aber waren dort die Träger des politischen Lebens geworden Geldmenschen, die nur daran dachten, wie man Zins auf Zins häufen könne; Aristokraten, die von einem Genuß zum anderen taumelten, denen jede regelmäßige Arbeit, jede Anstrengung, selbst die des Regierens und Kriegführens, verhaßt wurde; endlich Lumpenproletarier, die nur davon lebten, daß sie ihre politische Macht an den Meistbietenden verkauften.

      So berichtet zum Beispiel Sueton in seiner Biographie Cäsars von dessen Spenden nach den Bürgerkriegen:

      „Dem Volke spendete er pro Mann außer zehn Modien Getreide und ebensoviel Pfund Öl noch die 300 Sesterze, die er ehedem versprochen, und 100 als Verzugszinsen dazu. (Also 80 Mark zu einer Zeit, wo man mit 10 Pfennig im Tage auskam. – K.) Auch übernahm er (für die in Mietwohnungen Lebenden.. – K.) die Bezahlung der Jahresmiete in Rom bis zum Betrage von je 2.000 Sesterzen (400 Mark) und in Italien bis zum Betrage von 500 (100 Mark). Dazu fügt er einen Festschmaus (für 200.000 Personen.. – K.) und eine Fleischverteilung, und nach dem Siege über Spanien noch zwei Frühstücke hinzu. Weil nämlich das erste ihm kärglich und seiner Freigebigkeit nicht würdig vorkam, ließ er fünf Tage darauf ein zweites, sehr reichliches veranstalten.“ (Kap. 28)

      Dazu gab er Spiele von unerhörter Pracht. Ein Schauspieler, Decimus Laberius, erhielt für eine Aufführung allein 500.000 Sesterze, 100.000 Mark!

      Und von Augustus berichtet Sueton:

      „Häufig verteilte er Spenden an das Volk, aber nicht immer in gleichem Betrage, bald 400 (80 Mark), bald 800 (60 Mark), manchmal nur 250 Sesterze (50 Mark) pro Mann. Und dabei überging er nicht einmal jüngere Knaben, obwohl diese sonst erst vom elften Jahr ab etwas bekamen. Desgleichen ließ er in Teuerungsjahren oft um ganz geringen Preis, manchmal auch unentgeltlich, an jeden einzelnen Brotkorn austeilen und verdoppelte dann die Anweisungen auf Geldspenden.“ (Octavius, Kap. 41)

      Daß ein Proletariat, das sich in dieser Weise kaufen ließ, das die Käuflichkeit in ein System brachte und sie ganz offen zur Schau trug, jede politische Selbständigkeit verlor, ist klar. Es war nur noch ein Werkzeug in der Hand des Meistbietenden. Der Kampf um die Macht im Staate wurde ein Konkurrenzkampf zwischen einigen Räubern, die imstande gewesen waren, die größte Beute zusammenzuraffen, und die dabei den größten Kredit bei den Geldleuten genossen.

      Dies Moment wurde noch enorm verstärkt durch das Aufkommen des Söldnerwesens. Die Armee wurde damit immer mehr die Herrin der Republik. In dem Maße, wie das Söldnerwesen zunahm, ging auch die Wehrhaftigkeit der römischen Bürger zurück – oder vielmehr, der Rückgang dieser Wehrhaftigkeit bedingte das Anwachsen des Söldnerwesens. Alle wehrhaften Elemente des Volkes waren in der Armee zu finden; der außerhalb dieser stehende Teil des Volkes verlor immer mehr an Kampffähigkeit und Kampfeslust.

      Zwei Faktoren waren es aber, die besonders dahin wirkten, daß die Armee immer mehr zu einem willigen Werkzeug jedes Feldherrn herabsank, der ihr genügend Sold und Beute bot oder versprach, und daß sie immer weniger von politischen Erwägungen beherrscht wurde. Einmal die wachsende Zahl von Nichtrömern, von Provinzialen, ja schließlich von Ausländern im Heer, von Elementen, die kein Bürgerrecht besaßen, also von der Teilnahme am politischen Leben Roms von vornherein ausgeschlossen waren; dann aber die wachsende Unlust der genußsüchtigen, verweichlichten Aristokratie, am Kriegsdienst teilzunehmen. Diese hatte bis dahin die Offiziere geliefert, jetzt trat an deren Stelle immer mehr der Berufsoffizier, der nicht ökonomisch unabhängig war, wie der Aristokrat, dabei keinerlei Interesse für die Parteikämpfe in Rom besaß, die in Wirklichkeit Kämpfe aristokratischer Cliquen waren.

      Je mehr die Nichtrömer im Heer zunahmen und die aristokratischen Offiziere durch Berufsoffiziere ersetzt wurden, desto williger das Heer, sich dem Meistbietenden zu verkaufen, ihn zum Beherrscher Roms zu machen.

      So waren die Grundlagen gegeben zum Cäsarismus, dazu, daß der reichste Mann Roms die Republik auskaufte, ihr die politische Macht abkaufte. Andererseits war das wieder ein Grund, daß ein glücklicher Feldherr, der über die Armee verfügte, nun auch trachtete, zum reichsten Manne Roms zu werden, was er am einfachsten dadurch erreichte, daß er seine Gegner expropiierte, ihre Güter konfiszierte.

      Das politische Leben des letzten Jahrhunderts der Republik besteht im Grunde in nichts anderem, als in „Bürgerkriegen“ – einer sehr falschen Bezeichnung, da die Bürger in diesen Kriegen gar nichts zu sagen haben. Es waren nicht Kriege der Bürger, sondern Kriege einzelner Politiker untereinander, die meist ebenso gierige Geldmenschen wie hervorragende Feldherren waren und sich gegenseitig totschlugen und ausraubten, bis es schließlich Augustus vermochte, nach Überwindung jeder Konkurrenz seine dauernde Alleinherrschaft zu begründen.

      Bis zu einem gewissen Grade war das vor ihm schon Cäsar gelungen, der sich zur Gewinnung der Staatsgewalt als tief verschuldeter aristokratischer Abenteurer mit zwei der reichsten römischen Geldmenschen verschworen hatte, mit Pompejus und Crassus. Den letzteren zeichnet Mommsen folgendermaßen:

      „Güterkäufe während der Revolution begründeten sein Vermögen; aber er verschmähte keinen Erwerbszweig: er betrieb das Baugeschäft in der Hauptstadt ebenso großartig wie vorsichtig; er ging mit seinen Freigelassenen bei den mannigfachsten Unternehmungen in Kompagnie; er machte in und außerhalb Rom, selbst oder durch seine Leute, den Bankier; er schoß seinen Kollegen im Senat Geld vor und übernahm es, für ihre Rechnung, wie es fiel, Arbeiten auszuführen oder Richterkollegien zu bestechen. Wählerisch im Prositmachen war er eben nicht ... Die Erbschaft nahm er darum nicht weniger, weil die Testamentsurkunde, in der sein Name stand, notorisch gefälscht war.“

      Aber nicht besser war Cäsar. Kein Mittel erschien ihm zu schlecht, um zu Geld zu kommen. Der schon mehrfach zitierte Suetonius erzählt in seiner Biographie Cäsars non diesem, den später Mommsen so verherrlichte:

      „Uneigennützigkeit zeigte er weder als Feldherr noch als Staatsverwalter. Wie nämlich mehrfach bezeugt ist, nahm er in Spanien als Prokonsul von den Bundesgenossen Geld an, das er ihnen abbettelte, um Schulden zu bezahlen, und plünderte mehrere Städte Lusitaniens, als wenn es feindliche wären, obwohl sie seinen Befehlen nachkamen und gleich bei seiner Ankunft ihm die Tore öffneten. In Gallien beraubte er die mit Geschenken reichgefüllten Tempel und Heiligtümer; die Städte zerstörte er häufiger um der Beute, als um ihrer Vergehen willen. Daher besaß er Gold in solchem Überflüsse, daß er es zu 3.000 Sesterzen (600 Mark) das Pfund in Italien und den Provinzen feilbieten ließ und verkaufte. Während seines ersten Konsulats stahl er dreitausend Pfund Gold aus dem Kapitol und ersetzte es durch ebensoviel vergoldetes Kupfer. Bündnisse und Königreiche verkaufte er um Geld; so nahm er zum Beispiel dem Ptolemäus (König von Ägypten) allein in seinem und des Pompejns Namen fast 6.000 Talente (30 Millionen Mark) ab. Später bestritt er die drückendsten Kosten der Bürgerkriege, Triumphe und Festlichkeiten durch die gröbsten Erpressungen und Tempelberaubungen.“ (Julius Cäsar, Kap. 54)

      Den Krieg gegen Gallien, das bis dahin noch von römischer Herrschaft frei und daher ungeplündert geblieben war, unternahm Cäsar hauptsächlich des Gelderwerbs wegen. Die reiche Beute, die er dort raubte, ermöglichte es ihm, sich auf eigene Füße zu stellen und seinem Kompagnon Pompejus, mit dem er bis dahin das Herrschaftsgeschäft gemeinsam betrieben hatte, die Freundschaft zu kündigen. Der dritte Kompagnon Crassus war bei einem Raubzuge gegen die Parther in Asien gefallen, durch den er, wie Appian sagt, „nicht bloß viel Ruhm, sondern auch massenhaft Geld einzuheimsen hoffte“ – auf dieselbe Weise, wie es gleichzeitig Cäsar in Gallien tatsächlich gelungen war.

      Nach Crassus’ Tod stand Cäsar nur noch Pompejus im Wege, um den sich die Reste der noch politisch tätigen Aristokratie scharten.

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