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wenn aber Moses, der Diener Gottes, um jener Anführer des Volkes willen die zwei steinernen Tafeln zerschmettert habe, sollte es uns da nicht möglich sein, die Herzen derer zu erschüttern, die, obwohl sie Mitglieder des Neuen Bundes sind, doch zur Feierder Heiligenverehrung öffentlich etwas tun wollen,was das Volk im Alten Bunde nur einmal und zu Ehren eines Götzen-Bildes getan habe?

       5.

      Hierauf legte ich das Buch Exodus zurück, und indem ich, so weit es die Zeit gestattete, die Abscheulichkeit des Lasters der Trunkenheit darlegte, griff ich zum Apostel Paulus und zeigte, mit welchen Sünden sie dieser in eine Reihe stellt.Zu diesem Zwecke las ich die Stelle vor:“Wenn ein Bruder im Rufe steht, ein Hurendiener, ein Götzenanbeter, ein Geizhals, ein Flucher, ein Trunksüchtiger, ein Räuber zu sein, so sollt ihr mit einem solchen nicht einmal gemeinschaftlich Speise genießen“88.Dabei machte ich mit Seufzen darauf aufmerksam, welche Gefahr also schon die Lebensgemeinschaft mit denen, die sich zu Hause betrinken, herbeiführe.Darauf verlas ich die Stelle, die bald hinter dieser kommt: „Täuschet euch nicht: weder Hurendiener, noch Götzenanbeter, noch Ehebrecher, noch Weichlinge, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Geizige, noch Trunksüchtige, noch Flucher, noch Räuber werden das Reich Gottes besitzen. Und solche seid ihr gewesen. Aber ihr seid abgewaschen, ihr seid gerechtfertigt im Namen des Herrn Jesus Christus und im Geiste unseres Gottes“89. Hierauf forderte ich sie auf zu erwägen, mit welchen Gefühlen Gläubige die Worte „ihr seid abgewaschen“ vernehmen müßten, die in ihrem Herzen, d. h. im Innern des Tempels Gottes, noch den Schmutz einer Begierlichkeit dulden, die die Himmelstür verschließt. Es kam folgende Schriftstelle: „Wie ihr zusammenkommt, so heißt das nicht, das Abendmahl des Herrn zu feiern. Denn jeder genießt vorher essend sein eigenes Abendmahl; der eine hungert, der andere ist von Speise und Trank berauscht. Was? Habt ihr nicht eure Häuser, um zu essen und zu trinken? Verachtet ihr etwa die Kirche Gottes?“90

      Sodann schärfte ich eindringlichst ein, daß in der Kirche nicht einmal mäßige und ehrbare Gastmähler erlaubt seien. Denn der Apostel hat nicht gesagt: „Habt ihr etwa keine Häuser, um euch zu betrinken?“ — als ob es nur nicht erlaubt sei, sich in der Kirche zu betrinken; sondern er hat einfach gesagt: „Habt ihr etwa keine Häuser zum Essen und Trinken?“, was in ihnen erlaubt, in der Kirche jedoch verboten ist, insoweit man Häuser besitzt, um sich mit der nötigen Nahrung zu erquicken. Nur infolge der allgemeinen Zeitverderbnis und Sittenlockerung sind wir so jammervoll gesunken, daß wir uns hierfür nicht mit einem bescheidenen Mahle begnügen, sondern wenigstens zu Hause die Trunksucht als Königin zu haben wünschen.

       6.

      Auch erinnerte ich an das am vorigen Tage behandelte Stück aus dem Evangelium, wo von den falschen Propheten gesagt ist: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“91.Hierbei wiederholte ich, daß unter Früchten hier nichts anderes als die Werke gemeint seien; ich fragte sie, zu welchen Früchten wohl die Trunkenheit zu zählen sei, was ich aus folgender Stelle im Galaterbriefe beantwortete: „Offenkundig aber sind die Werke des Fleisches, nämlich Hurerei, Unreinheit, Wollust, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Streitsucht, Eifersucht, Bitterkeit, Zwietracht, Ketzerei, Neid, Trunkenheit, Völlerei und Ähnliches. Von diesen sage ich euch voraus, wie ich es euch schon vorausgesagt habe, daß diejenigen, die solches tun, das Reich Gottes nicht besitzen werden“92. Im Anschlusse an diese Worte stellte ich die Frage, ob man uns etwa an der Frucht der Trunkenheit als Christen erkennen solle, da der Herr befiehlt, daß man uns an den Früchten erkennen solle. Ich wies auch auf folgende Worte hin: „Die Früchte des Geistes aber sind: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Milde, Güte, Glaube, Sanftmut, Keuschheit“93. Ich legte ihnen nahe, doch zu erwägen, was es für eine Schande und ein Jammer sei, daß sie jene Früchte des Fleisches nicht nur für sich genießen, sondern in ihrem Genusse auch die Kirche ihrer Würde berauben wollten, so daß, wenn es auf sie ankäme, Scharen von Schmausern und betrunkenen Zechern den ganzen Raum dieser großen Basilika ausfüllen würden. Von den geistigen Früchten aber, zu denen sie das Ansehen der Heiligen Schrift und unser Seufzen einlade, wollten sie Gott kein Opfer bringen, auch nicht vorzüglich auf diese Weise die Feste der Heiligen begehen.

       7.

      Nunmehr gab ich das Buch zurück und stellte ihnen in unvorbereiteter Rede aus allen Kräften im vollen Gefühle meiner Verantwortlichkeit unter dem Beistande der Gnade des Herrn die gemeinschaftliche Gefahr vor Augen, in der sie, die uns anvertraut seien, und wir selbst, die wir für sie bei dem obersten Hirten Rechenschaft zu geben hätten, uns befänden. Ich beschwor sie bei seiner Demut, bei den ruchlosen Beschimpfungen und Backenstreichen, die er erlitten, bei seinem bespieenen und geschlagenen Antlitze, bei seiner Dornenkrone, seinem Kreuze und Blute, sie sollten, auch wenn sie vielleicht an meiner Rede Anstoß genommen hätten, sich doch wenigstens meiner erbarmen, sie möchten der unaussprechlichen Liebe des ehrwürdigen alten Valerius94 gegen mich gedenken, der nur ihretwegen unbedenklich mir das schwierige Amt, das Wort der Wahrheit zu verkünden, übertragen und öfters ihnen gesagt habe, seine Gebete seien durch meine Ankunft erhört worden; hat er sich doch nicht darüber gefreut, daß ich zum gemeinschaftlichen Tode oder um ihrem Tode zuzusehen gekommen sei, sondern darüber, daß wir gemeinschaftlich nach dem ewigen Leben streben. Zuletzt sagte ich ihnen noch, daß ich beschlossen hätte, auf den zu vertrauen, der nicht zu lügen vermag und durch den Mund des Propheten von unserem Herrn Jesus Christus verheißen hat: „Wenn aber seine Söhne mein Gesetz verlassen und nicht nach meinen Rechten wandeln, wenn sie meine Satzungen entweihen, so werde ich ihre Missetaten heimsuchen und mit Schlägen ihre Frevel. Doch meine Gnade will ich ihnen nicht entziehen“95. Ich erklärte also, daß ich mein Vertrauen auf ihn setze, er werde sie, falls sie die gewichtigen Worte, die ihnen eben vorgelesen und eingeschärft wurden, verachteten, mit Rute und Geißel heimsuchen und nicht gestatten, daß sie mit dieser Welt verdammt würden. Bei dieser Klage bot ich in Anbetracht der Größe.meiner Aufgabe und der Gefahr all meine Kraft in Gedanken und Worten auf, die unser Schützer und Lenker mir verliehen. Nicht ich habe ihre Tränen mit meinen hervorgelockt, sondern, ich gestehe es, bei diesen Worten brach die Menge in Weinen aus, und auch ich konnte mich nun dessen nicht mehr enthalten. So weinten wir miteinander, und in der zuversichtlichen Hoffnung auf ihre Besserung beschloß ich meine Predigt.

       8.

      Als nun der folgende Tag anbrach, an dem man sonst nur an Schlund und Bauch zu denken pflegte, wurde mir mitgeteilt, daß einige von denen, die bei der Predigt anwesend waren, ihr Murren noch nicht aufgegeben hätten, ja die Macht der bösen Gewohnheit vermöge so viel über sie, daß diese allein in ihnen zu Worte komme, wenn sie sprächen: „Warum gerade jetzt? Die es früher nicht verboten haben, waren doch auch Christen!“ Als ich dies vernahm, da wußte ich wirklich nicht, was für Mittel, sie zu beeinflussen, ich ausfindig machen konnte; ich nahm mir aber vor, jene Stelle aus dem Propheten Ezechiel vorzulesen: „Der Wachtposten ist schuldfrei, wenn er die Gefahr angekündigt hat, auch dann, wenn die, denen er sie ankündigt, sich nicht in acht nehmen wollen“96. Dann wollte ich den Staub von meinen Kleidern schütteln und mich entfernen, da zeigte aber der Herr, daß er uns nicht verläßt, und lehrte mich, wie er uns ermutigt, ihm zu vertrauen. Denn noch vor der Stunde, zu der ich die Kanzel besteigen sollte, kamen gerade diejenigen zu mir, die, wie mir berichtet worden, sich über den Angriff auf die alte Gewohnheit beschwert hatten. Ich nahm sie freundlich auf und brachte sie mit wenigen Worten zur richtigen Anschauung der Sache. Als die Zeit zur Predigt kam, unterließ ich die in Aussicht genommene Lesung, da sie nicht mehr nötig erschien, und setzte in bezug auf die Forderung des Tages in Kürze auseinander, wir könnten denen, die sagen: „Warum jetzt?“ nicht kürzer und besser antworten als: „Endlich jetzt!“

       9.

      Damit es jedoch nicht scheine, als wollten wir unseren Vorgängern, die so offenbar Vergehungen des unbedachten Volkes gestattet oder wenigstens nicht zu verbieten gewagt hatten, irgendeinen Vorwurf machen, so erklärte ich ihnen, durch welchen Notstand in der Kirche dieser Mißbrauch offenbar entstanden sei. Als nämlich nach so vielen und heftigen Verfolgungen Friede wurde, hätten die Heiden scharenweise

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