Скачать книгу

es auch ist, ich werde es ohnehin mit ihm besprechen.“

      Sah ganz so aus, als würde ich so nicht weiterkommen. Also musste ich ihr wohl einen Teil der Wahrheit auftischen.

      „Ich stelle gerade ein Team zusammen. Dazu brauche ich einen Taucher. Jemanden mit Tiefseeerfahrung. Aus irgendeinem Grund war mein Vater der Meinung, dass du die richtige Person für den Job bist.“

      „Tiefseeexploration? Du bist aber nicht einer von diesen bescheuerten Schatzsuchern, die denken, sie könnten reich werden, wenn sie nur lange genug im Sand wühlen?“, knurrte Dylan. Der Typ hatte aber auch zu allem eine Meinung.

      „Schatzsucher? Nein, ich bin Meeresbiologe.“ Verdammt, verdammt, verdammt. Von Meeresbiologie hatte ich so gut wie keine Ahnung. Klar, ich wusste, dass da unten jede Menge Fische herumschwammen. Von vielen kannte ich sogar die Namen, aber das war’s auch schon.

      Dylan musterte mich. Langsam. Von oben nach unten. „Genau so siehst du aus. Ein Meeresbiologe mit Ferrari, Luxusklamotten und Rolex am Arm – wer’s glaubt!“

      „Es soll auch Meeresbiologen geben, die Geld haben und wissen, wie man sich kleidet.“

      „So einen sehe ich zum ersten Mal.“ Dylan verschränkte die Arme vor der Brust.

      „Dylan! Könntest du dich endlich raushalten?“, warf Lou mit einem warnenden Unterton in der Stimme ein.

      „Du wolltest doch, dass er erfährt, warum ich hier bin.“ Okay, eigentlich sollte ich diesen Blödmann nicht auch noch verteidigen, aber die Gute musste sich endlich mal entscheiden, was sie wollte.

      „Du weißt jetzt, was er will, also kannst du gehen“, sagte sie an ihren Bruder gewandt. „Ein dickköpfiger Idiot hier drin reicht mir vollkommen.“

      „Hey, einen zukünftigen Arbeitgeber als Idioten zu bezeichnen, ist nicht gerade klug.“

      „Wer sagt denn, dass ich Arbeit suche? Die Tauchschule gehört mir und meinem Bruder. Ich bin nicht darauf angewiesen …“

      Ich unterbrach sie. „Ja, und hier ist ja auch so viel los. Jede Wette, die Rechnungen stapeln sich, und ihr beide seid froh über jeden Auftrag, der reinkommt.“

      Für einen Augenblick herrschte Stille.

      „Raus hier“, knurrte Dylan.

      „Ich regele das“, fauchte Lou ihn an. Und ich stand da und fragte mich, warum ich überhaupt meine Zeit mit den beiden verschwendete. Es gab jede Menge Taucher hier in der Gegend. Darunter etliche, die weder weiblich waren noch eine Figur besaßen, die ich nur dann im Wetsuit sehen wollte, wenn ich Chancen hatte, sie auch nackt in meinem Bett zu haben.

      Dylan hielt in einer abwehrenden Geste die Hände hoch. „Ich gehe ja schon“, sagte er, dann drehte er sich um und stapfte davon. Nicht ohne die Tür hinter sich zuzuknallen, ganz wie ein Fünfjähriger, der auf seine Schwester wütend ist.

      „Meeresbiologe also?“ Lou musterte mich. Ihrem Blick konnte ich ansehen, dass sie mir nicht glaubte.

      „Ja.“ Ich wippte auf meinen Fußballen vor und zurück, dann steckte ich die Hände in die Hosentaschen. Alles in dem Bemühen, entspannt und gelassen zu wirken. Warum ich mir die Mühe machte, war mir selbst nicht klar. Schließlich konnte sie froh sein, wenn ich sie anheuerte. Und ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich das überhaupt tun sollte. Eine Frau, vor allem eine so attraktive wie Lou, konnte nur Ärger bringen.

      „Es geht um ein Forschungsprojekt in den Gewässern vor der spanischen Küste. Mein Vater war begeisterter Meeresbiologe und hat noch vor seinem Tod mit der Recherche begonnen. Ich möchte es für ihn zu Ende führen. Ich bin zwar kein so guter Biologe, wie er es war, denn er verbrachte sein ganzes Leben mit der Forschung auf diesem Gebiet, doch ich weiß genug, um sein Andenken zu ehren und die Sache durchzuziehen“, log ich munter vor mich hin. Die Geschichte hatte ich aus dem Stegreif gesponnen. Ich hätte mir vorher etwas überlegen sollen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, mich als Auftraggeber großartig erklären zu müssen. Nein, in meiner Naivität hatte ich gedacht, ich müsse nur sagen, dass ich einen Taucher engagieren wollte, und dieser Lou würde begeistert zusagen.

      „Ich finde das so wundervoll.“ Lou hatte plötzlich Tränen in den Augen. Zum ersten Mal, seit ich ihr begegnet war, lächelte sie mich an. Was ein ziemlich seltsames Gefühl in meinem Magen hervorrief. Mein Herz schien auf einmal einen Salto zu schlagen und für einen Augenblick blieb mir die Luft weg. Eine Lou, die mich wütend anblitzte, war sexy wie die Hölle. Aber eine, die mich anlächelte, mit Tränen, die in ihren Augen schimmerten, und leicht geöffneten Lippen? Meine Hose wurde plötzlich ziemlich unbequem und ich …

      „Meine Eltern sind gestorben, als ich vierzehn Jahre alt war. Ich weiß, wie es ist, wenn man versucht, das Andenken an einen geliebten Menschen am Leben zu erhalten. Einfach, weil das das Einzige ist, was bleibt, wenn jemand gestorben ist“, sprach sie weiter.

      Okay, in meiner Hose war nach dieser Erklärung alles wieder in Ordnung. Dafür regten sich andere Gefühle in mir. Seltsame Emotionen, die ich sonst nie spürte. Lous einfache Worte klangen echt. So sprach nur jemand, der wusste, was Verlust bedeutete. Der nachempfinden konnte, was in einem vorging, der einen geliebten Menschen verloren hatte. Plötzlich sah ich in ihr nicht mehr nur die attraktive Frau, die ich gern in meinem Bett hätte, sondern die Person, die sie wirklich war.

      „Das tut mir sehr leid“, murmelte ich.

      „Mir auch“, flüsterte sie, dann schluckte sie. „Ich wäre gerne dabei, wenn du eine Taucherin mit Tiefseeerfahrung anheuern willst.“

      „Ja, äh, genau. So jemanden brauche ich und … mein Vater hatte deinen Namen schon bei der Crew, die er zusammenstellen wollte, aufgelistet, von daher denke ich, es wäre auch in seinem Sinne.“

      „Also habe ich den Job?“

      „Willst du denn nicht erst erfahren, was du dabei verdienst?“

      „Wir werden uns schon einigen.“

      „Okay.“ Ich streckte ihr die Hand hin. „In dem Fall bist du eingestellt, willkommen im Team.“ Lou schlug ein. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit. Eigentlich sollte ich mich freuen, denn ich hatte soeben das erste Mitglied meiner Crew angeworben. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass diese Lou mir schon jetzt mehr unter die Haut ging, als gut für mich war.

      6

      Lou

      Einen Moment lang stand ich da und starrte Tyler hinterher. Hatte ich das gerade geträumt oder wurde ich soeben wirklich für die Tauchexpedition eines Meeresbiologen angeheuert? Mir kam diese ganze Szene im Nachhinein total unwirklich vor. Ich, eine kleine unbekannte Tauchlehrerin auf den Keys, sollte an so einem Projekt mitarbeiten? Nein, das konnte nicht real sein!

      Was dagegen sehr real war, war der Streit mit meinem Bruder. Ich hasste es, wenn er den Bodyguard raushängen ließ, und er wusste das ganz genau. Schon als ich ein Teenie war, führte er sich so auf und beobachtete jedes männliche Wesen, das mir auch nur einen Hauch zu nahekam, mit Argusaugen – am liebsten vertrieb er sie sofort wieder. Doch obwohl ich dieses Theater affig fand, noch schlimmer war es für mich, mit Dylan zu streiten.

      Seufzend wandte ich den Blick von der Tür ab und kehrte ins Hinterzimmer zurück. Der Kühlschrank in der hinteren Ecke brachte mich auf eine Idee. Schnell holte ich zwei Flaschen Bier heraus, dann machte ich mich auf den Weg, Dylan zu suchen. Ich hatte so eine Ahnung, wo er sich rumtreiben würde, und ich sollte recht behalten.

      An Deck der Odyssey, dem größten unserer Schiffe, entdeckte ich meinen Bruder. Als ich an Bord ging, sah ich ihn fluchend über den auseinandergebauten Außenbordmotor gebeugt. Die Hände ölverschmiert untersuchte er gerade eine Schraube. Vielleicht war sie abgenutzt oder hatte sich gelockert. Auf jeden Fall war er dabei, den Motor zu reparieren.

      „Hey …“, sprach

Скачать книгу