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Denn Erich war sehr berühmt wegen seiner Kriegstaten. König Knut steuerte mit seiner Flotte nach England, und die Saga erzählt:

      Stürmischer zog nie

      ein gepanzerter Krieger

      in die Welt;

      die Kampfschilde Knuts

      färbten sich rot am Lande.

      König Edmund von England wehrte sich heftig. Er kam König Knut so nahe, dass er ihn mit einem Schwerthieb erreichte. König Knut warf schnell den Schild über den Hals seines Pferdes. Aber der Hieb König Edmunds war so stark, dass er den Schild zerschnitt und das Pferd im Bug spaltete. Nun aber umringten die dänischen Krieger den englischen König so sehr, dass seine Soldaten ihn nicht mehr sahen. Sie glaubten, er wäre gefallen, und ergriffen die Flucht. König Knut aber drang mit seinem Heer immer tiefer in das Land ein und unterwarf das ganze englische Volk.“

      Mein Staunen wurde immer grösser. Aber ich sah es der Mutter an, dass sie noch nicht fertig war mit dem Erzählen. Ohne dass ich lang zu waren brauchte, fuhr sie auch gleich weiter:

      „Es ist wahr, König Knut war nicht nur ein tapferer Krieger und tüchtiger Herrscher, er war auch ein gottesfürchtiger Mann.

      König Erich, ein Nachkomme König Knuts, liess die klügsten Männer in seinem Reiche alle zusammenrufen, gelehrte und ungelehrte, und erklärte, es sei sein Wille, dass die Gruft König Knuts untersucht würde, wenn die Priester nichts dagegen hätten.

      Nun baten alle den König, zu bestimmen, und so zogen sie mit dem Einverständnis der Bischöfe und des ganzen Volkes auf Geheiss des Königs mit zahlreichem Gefolge nach Fünen, wo der König lag. Die besten Männer in Dänemark waren dabei.

      Darauf wurde das Grab König Knuts geöffnet und der Sarg herausgenommen, und seine Überreste mit Lobgesängen um die Kirche herumgetragen. Vor der Kirche aber sass ein Mann, der seit langem ein Krüppel war. Er sass gerade am Wege, wo der Zug mit den Überresten vorbeiging, so dass die Männer den Sarg über ihn hinwegtragen mussten. Als der Sarg sich eben über dem armen Mann befand, stand dieser plötzlich auf und zog gesund mit den andern Männern um die Kirche und lobte Gott und den König Knut.

      Jetzt wurde der Sarg in die Kirche getragen und mitten auf den Boden der Kirche gestellt. Darauf traten der König und die Priester hinzu. Der Sarg des Königs Knut wurde geöffnet, und siehe da, sein Leichnam war unversehrt, als ob er eben erst gestorben wäre. Allen, die zugegen waren, erschien das wie ein Wunder.

      Nun wurde der Leichnam aus dem Sarge genommen und auf eine Bahre gelegt. Die Männer verlangten, dass man die Heiligkeit erproben solle, und alle riefen nach der Entscheidung des Königs. Der König sprach:

      ‚Ich bin dafür, dass die Probe gemacht wird, damit niemand sagen kann, das, was wir hier gesehen haben, sei eine Lüge der Dänen. Wir aber hoffen, dass Gott um der Verdienste des Königs Knut willen gewähren wird, dass seine Heiligkeit noch deutlicher und überzeugender werde, je mehr sie auf die Probe gestellt wird.‘

      Da liess König Erich ungebleichte Leinwand nehmen und sie zu einer Puppe zusammenwickeln, so dass sie nicht länger und nicht kürzer war als König Knuts Leichnam. Darauf wurde diese Puppe auf den Leichnam gelegt, geweihtes Feuer genommen und die Leinwand angesteckt. Sie verbrannte vollständig, aber der Leichnam des grossen Königs Knut blieb unversehrt. Die Geistlichen stimmten das Tedeum an, und alle lobten den allmächtigen Gott und den heiligen König Knut.

      Darauf wurde sogleich sein Todestag zu einem grossen Feiertag erhoben, und in ganz Dänemark wird sein Messetag gehalten wie die höchsten Festtage.“

      Ich machte grosse Augen. Die Mutter fuhr fort:

      „Das geschah alles vor vielen hundert Jahren. Und heute sind die Dänen nicht weniger tüchtig. Hast du nicht gehört, wie sie sich bei Düppel gegen die Preussen verteidigt haben? Da kämpften sie auf den Düppeler Schanzen in einem furchtbaren Handgemenge und wichen nicht eher, als bis 5200 der Ihrigen gefallen waren. Selbst ihre damaligen Gegner rühmten die Tapferkeit der Dänen bei dieser Gelegenheit.“

      Einige Tage später sollte ich etwas erleben, wodurch mir der Starkmut und die Männlichkeit eines Dänen auf die erschütterndste Weise vor Augen geführt werden sollten. — Ich habe das tragische Erlebnis schon einmal erzählt, möchte es aber hier kurz wiederholen, weil es das Heldentum eines braven Dänen im schönsten Lichte zeigt.

      Eines Morgens wurde ich von meiner Mutter mit einer dringenden Botschaft zu einem Hof geschickt, der hoch oben in den Bergen lag. — Ich sattelte mein Reitpferd Grani, rief mein Hündchen Fidel herbei, das auf allen meinen Reisen mein treuer Gefährte war, und ritt eiligst davon.

      Kaum war ich aber eine kleine Strecke aus der Stadt hinausgeritten, da fängt auf einmal der Hund wütend zu bellen an. Auch das Pferd spitzte die Ohren. Ich warf scharfe Blicke nach vorn und entdeckte bald hinter einer kleinen Böschung einige fremde Gestalten. Ich erkannte sie gleich. Es waren dänische Matrosen vom grossen Kopenhagener Schiff „Hertha“, das eben auf der Reede gegenüber dem Städtchen lag. Sie hatten Landurlaub erhalten und gingen hier spazieren.

      Ich kannte die wilde Art der jungen Matrosen und wollte ihnen in einem grossen Bogen ausweichen, aber es war zu spät. Sie fielen alle über mich her, umringten mich, ergriffen die Zügel meines Pferdes und hielten es fest. — Fidel bellte aus Leibeskräften die Fremden an.

      „Herunter, du kleiner Isländer!“ riefen die Leute. „Wir wollen dein Pferdchen ein wenig probieren, ob es auch schnell laufen kann.“

      „Nein, nein!“ rief ich, „ich kann nicht, ich darf nicht. Ich habe Eile. Ich muss voran.“

      Und ich versuchte mich loszureissen und das Pferd voranzutreiben.

      Da hatte ich aber nicht mit der Leidenschaft der Matrosen gerechnet. Diese Leute, die sonst immer auf dem Wasser leben, sind leidenschaftlich darauf erpicht, sobald sie ans Land kommen, sich unsere kleinen Ponys zu verschaffen, um Vergnügungsritte zu machen. Jetzt war eben eine gute Gelegenheit da. Ich war ihnen in die Hände gefallen, und sie waren nicht gesonnen, mich so ohne weiteres wieder entschlüpfen zu lassen.

      Einer von ihnen fasste mich schon mit kräftigen Armen um den Leib und wollte mich vom Pferde herunterziehen. Ich wehrte mich, so gut ich konnte, und schlug sogar mit dem Schafte meiner Reitpeitsche um mich. — Der Mann liess mich los, aber nur für einen Augenblick. Mein Widerstand hatte ihn gereizt, und mit einigen Kameraden machte er Miene, mich jetzt etwas kräftiger anzupacken.

      „Ihr kennt das Pferd nicht“, schrie ich den Angreifern zu, „es wird sich von euch losreissen und davonlaufen, und dann kann ich nicht weiter... Lasst mich doch los — ich darf mich nicht aufhalten ...“

      Meine Lage fing an, gefährlich zu werden, und die Dänen schienen mir hier nicht so liebenswürdig wie sonst zu sein.

      Da auf einmal trat einer der Leute an mich heran. Es war ein riesengrosser Mensch mit gewaltigem, blondem Vollbart. Er schob mit einem kräftigen Stoss seine hitzigen Landsleute von mir weg und sagte:

      „Nein, das machen wir nicht. Der Junge hat Eile; wir wollen ihn weiterziehen lassen.“

      Dann wandte er sich an mich und redete mich sanft an:

      „Du kannst uns wohl dein Pferd nicht gut leihen, mein kleiner Freund?“

      „Ihnen wollte ich es gern leihen. Doch diesmal kann ich es leider nicht. Ich darf keine Zeit verlieren.“

      „Dann ist’s gut. Reite nur weiter. Du sollst von uns nichts zu fürchten haben.“

      „Ich danke Ihnen herzlich“, sagte ich zu meinem freundlichen Befreier und sprengte davon.

      Fidel stiess ein Freudengeheul aus. Dann lief er neben mir her, versäumte es aber nicht, einige Male noch den Kopf umzudrehen und ein zorniges Bellen nach der Richtung der Matrosen zurückzuschleudern.

      Die Freundlichkeit des grossen dänischen Matrosen mit dem blonden Vollbart konnte ich nicht mehr vergessen. „Wenn ich ihm noch einmal begegne“, sagte ich zu mir selbst, „dann biete ich ihm sogleich mein Pferd an.“

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