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Christentum und Europa. Группа авторов
Читать онлайн.Название Christentum und Europa
Год выпуска 0
isbn 9783374058549
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)
Издательство Bookwire
Jes 17,1–11 bildet in seiner Entstehungsgeschichte darum ein gutes Beispiel für die zweite der oben skizzierten Anschauungen über das Verhältnis von Gerichtsprophetie und Fremdvölkerorakeln: Gerichtsprophetie wird hier deutlich aus der Neuinterpretation von Heilsprophetie als deren Umkehrung ›nach innen‹ entwickelt. Ein Orakel über die Feinde Judas im Syro-Ephraimitischen Krieg wird fortschreibend als Gerichtswort über die theologisch verstandene Größe Israel gedeutet.
3.2 Damaskus in Jer 49
Das Wort über Damaskus in Jer 49,23–27 ist vielleicht nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtheit der Fremdvölkerorakel in Jer 46–49, zum einen wegen seiner Kürze, zum anderen, weil es – anders als etwa das Stück über Ägypten, mit dem sich Christl Maier im vorliegenden Band auseinandersetzt –35 mit unterschiedlichen Begründungen immer wieder dem Grundbestand dieses Textbereiches abgesprochen wird. Ein Argument hierfür bietet etwa der Umstand, dass Damaskus weder in der Becherperikope Jer 25 genannt wird noch im Rahmen der Jerusalemer Gipfelkonferenz Erwähnung findet, von der in Jer 27,3 die Rede ist.36 Huwyler freilich findet auch hier, in Jer 49, protojeremianisches Gut aus der Zeit um 605.37 Man mag dieser Datierung und literarischen Zuordnung folgen oder nicht – für den Vergleich mit Jes 17 und die Themenstellung zum Verhältnis von Gerichtsprophetie und Fremdvölkerorakeln ist die Frage von »Originalität« oder »Deuterojeremianizität« des Abschnitts zunächst einmal weniger relevant.
Beim Blick auf den Text fällt zunächst einmal auf, dass in Jer 49, anders als in Jes 17, nicht futurisch bzw. im participium instans gesprochen wird, sondern im Perfekt. Hamat und Arpad sind beschämt, Damaskus ist schlaff geworden, die Stadt der Wonne ist verlassen. Futurische Aspekte kommen erst mit Vers 26 in den Blick, eingeleitet mit dem gerichtsworttypischen »darum«
Die vorangehenden Verse 23–25 zeichnen sich nun durch zweierlei aus.
Einerseits wird auch in ihnen bereits zitiert oder zumindest auf andere Texte angespielt, und bei diesen Referenzstücken handelt es sich um Passagen aus dem Jeremiabuch: Vom »schlaff werden«
Andererseits bedienen sich die drei Verse gerade bei den Schlüsselbegriffen einer Terminologie, die im Jeremiabuch entweder auf den Bereich der Völkersprüche beschränkt oder überhaupt singulär ist: »Sich zur Flucht wenden«,
Die Beobachtungen anhand von lediglich fünf Versen, speziell zum Vokabular aus sehr selten begegnenden Lexemen, bilden gewiss eine zu schmale Basis, um weitreichende Schlüsse etwa für die Fremdvölkerorakel im Jeremiabuch insgesamt zu ziehen. Was lässt sich aber zur Fragestellung des vorliegenden Aufsatzes sagen?
1. Die beiden Zitate in Vers 26 und 27 laden einerseits dazu ein, sie literarkritisch abzutrennen.47 Andererseits sind sie es, die aus dem – ebenfalls zitierenden – Klagetext der Verse 23–25 allererst prophetische Rede machen.
2. In dem Nebeneinander von zunächst unbegründeter – und unprophetischer – Klage über die durch den Feind aus dem Norden herbeigebrachte Katastrophe und ihrer gerichtsprophetischen Begründung liegt ein Charakteristikum der poetischen Stücke in Jer 4–10. Dort ist es möglich und sinnvoll – das haben Christoph Levin,48 Karl Friedrich Pohlmann49 und jüngst Sarah Köhler50 gezeigt –, die Klage von der Anklage literarkritisch zu trennen, die Beschreibung des desolaten Zustandes von der gerichtstheologischen Deutung seiner Ursache zu scheiden und zu unterscheiden. Hier, in Jer 49,23–27, scheint mir dies zumindest schwieriger zu sein.
3. Das Wort über Damaskus greift