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nehmen. Damals identifizierte ich sechs solcher Gründe. Es finden sich noch weitere: So gibt es, selbst wenn wir Jesus nachfolgen wollen, eine historisch-kritische Skepsis, inwiefern der Text überhaupt ausreichend klare Aussagen ethischer Wegweisung liefert. Die Aufmerksamkeit der Experten für die Kluft innerhalb des Kanons zwischen dem, „was wirklich geschah“, und „was der Text tatsächlich sagt“, hat sich in der letzten Generation in komplexer Weise weiter entwickelt. Es gibt immer noch Forscher, die sehr skeptisch sind, was die Zuverlässigkeit der alten Texte in historischen Details betrifft. Andere zeigen größeres Vertrauen, dass die Texte einen verlässlichen historischen Kern enthalten.25 In beiden Fällen hat die Entwicklung der Forschung jedoch weder zur Entdeckung eines unpolitischen Jesus geführt, noch haben gerade die scharfsinnigsten Forscher es aufgegeben, sich auf die Autorität der Figur hinter dem Text zu beziehen.26

      Eine weitere historisch-kritische Debatte fragt nicht, ob in den alten Texten klare Aussagen zu finden sind, sondern ob das Gefundene innere Konsistenz hat. Jeder neutestamentliche Autor hatte seine eigenen Quellen und seine spezifische Leserschaft. Ein und derselbe Autor konnte unterschiedliche Leser in unterschiedlichen Kontexten mit unterschiedlichem Rat ansprechen. Jeder Redakteur konnte verschiedene Traditionen aus mehr als einer Quelle weitergeben. Diese Beobachtung mag fundamentalistische Grundannahmen infragestellen oder die einer altprotestantischen Schulphilosophie, in denen der Inhalt des Glaubens, dem die Menschen treu bleiben wollen, nicht wirklich biblisch ist, sondern ein nahtlos konsistentes System von Lehrsätzen darstellt, worin alle offenbarten „Lehren“ eine zusammenhängende Einheit bilden. Diese Wahrnehmung von Vielfalt und Unterschiedlichkeit untergräbt jedoch in keiner Weise ein postkritisches oder narratives Verständnis. Für ein solches Verständnis besteht das Zeugnis eines Textes zum einen aus dessen ursprünglicher Richtung und bewegt sich zum anderen auf der Linie früher Überlieferung bis zur gegenwärtigen Herausforderung, und zwar innerhalb des Lebenszusammenhangs der Gemeinschaft für die und zu der der Text spricht oder gesprochen hat. Aus dieser Perspektive ist Einheit in Vielfalt glaubwürdiger und hilfreicher, als simple Uniformität es sein könnte.

      Wenn nicht Jesus, was dann?

      a) dass behauptet wird, ihre Bedeutung sei selbstevident;

      b) dass diese Bedeutung sich schwer so konkret definieren lässt, dass sie eine starke ethisch-moralische Weisung darstellen würde, besonders im Blick auf Anleitung und Motivation zum Dissens;

      c) dass diese Ratgeber sich in ihrer moralischen Substanz (nämlich darin, was wir tatsächlich tun sollen) von Lehre und Beispiel Jesu unterscheiden;

      Die Verbindung dieser Debatte zu unserem Thema liegt darin, dass die verschiedenen Argumente auf je eigene Weise bewirken, dass die Autorität Jesu beiseite gestellt wird. Und zwar weder durch das offene Eingeständnis, sich gegen seine Nachfolge zu entscheiden, noch durch eine Lektüre der Evangelien, die eine andere Botschaft darin findet, sondern indem auf die eine oder andere Weise Jesu Anspruch auf das Leben seiner Jünger a priori aus systematisch logischen Gründen außer Kraft gesetzt wird. Die Fragestellung dieses Buches will die Probe darauf machen, ob diese Außerkraftsetzung fair ist gegenüber der Intention und dem Inhalt der neutestamentlichen Texte.

      2 Anführer dieses Trends ist wohl Rose (1967), S. 125. Recht ähnlich Paupert (1969) und Brown (1969). Paupert und Brown gehen ernsthafter vor als Rose, doch ihr Stil ist immer noch so impressionistisch, dass theologische Leser sich nicht sicher sein können, inwiefern ihre Aussagen über „Mahatma Jesus“ als Exegese ernstgenommen werden sollten oder einfach eine neue symbolische Einkleidung sind für etwas, das auch ohne diese gesagt werden könnte.

      Näher am Anliegen unserer Studie, wenn auch nur den Tod Jesu betrachtend, dies aber in eingehender Textanalyse, ist Stringfellow (1970).

      Eine Position, die meiner noch am nächsten kommt, vertreten zwei Autoren aus der Church of the Brethren: Brown (1971) und Gish (1970). Sie gehen von einer ähnlichen Sicht aus, die sie jedoch nicht ausführlich aus dem Neuen Testament herleiten.

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