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      »Also, worauf wartest du noch, Archie?« fragte Warren gelassen. »Na los, schneide mir den Hals durch, schnell! He, was ist denn mit deiner Hand? Weißt du, daß sie nicht zittert, obwohl sie eine tödliche Waffe hält?«

      »Meine Hand?« echote Archie und starrte sie verwirrt an, zog sie dann zurück. »Sie zittert nicht, sie ist ganz ruhig. Wie ist das…«

      Und das war sein letztes Wort.

      Warrens Faust traf ihn mit solcher Gewalt am Kinnwinkel, daß er von der Pritsche quer durch die Zelle flog, an die Gitterstäbe knallte und benommen liegenblieb. Warren setzte sofort nach und warf sich auf ihn, preßte ihm die Arme auf den Rücken und fauchte: »Angriff auf den Sheriff! Das kostet dich zwei Monate, du Narr! Niemand weiß das besser als du.«

      Big John schleuderte Archie auf die Pritsche zurück, wo er sich stöhnend krümmte. Der Trinker rang nach Atem, bis er endlich wieder genug Luft bekam und wütend zischte: »Du verfluchter Trixer, du wolltest es herausfinden, was? Du hast mich absichtlich soweit gebracht, um mir zu beweisen, daß mir gar nichts fehlt, daß meine Hand nicht zittert.«

      »Ja«, erwiderte Warren trocken. Er nahm das Messer auf, holte aus und warf es aus der Zelle in den Türbalken. »Jetzt weißt du Narr es auch. Ich glaube nicht, daß es anders ist, wenn du einen Revolver nehmen mußt. Deine ganze Krankheit ist nichts als bloße Einbildung. Du bist der verdammteste Narr unter der Sonne, Archie. Ich hätte zusehen sollen, wie sie dich auseinandernahmen, um aus dir ein Wrack zu machen.«

      John Warren trat achselzuckend an die Tür. Ihm tat Archie leid. Diesen Mann konnte nichts retten, solange er sich selbst bedauerte.

      »Du hast lange mit Judy gesprochen«, sagte Slater. »Was hat sie dir gesagt – etwa, daß sie mich mag?«

      »Dazu besitzt sie zuviel Stolz, das solltest du wissen«, antwortete Warren. »Eine Frau wie sie zeigt ihre Gefühle nicht. Doch ihre angebliche Sorge ist nichts als Zuneigung. Warum kümmert sie sich um dich, warum wäscht sie deine Sachen, stopft deine dreckigen Strümpfe und reinigt deinen Anzug? Ich bin auch nicht darauf gekommen, daß es andere Gründe als ihre Nächstenliebe und Christenpflicht geben könnte, aber Nora McClure brachte mich heute darauf. Eine Frau sieht das wohl anders. Du bist ein Idiot, Archie!«

      Warren schloß die Tür ab, legte sich auf seine einfache Pritsche, eine Kastenmatratze, und starrte zur Decke.

      Archie Slater stand auf. Er kam zum Zellengitter und knurrte: »Du irrst dich, wenn du glaubst, du kannst mich damit herumbekommen, mein Leben zu ändern. Eine Frau wie sie und ich? John, das bildet ihr euch nur ein. Man kann sie verehren, aber lieben…«

      »Lieben konntest du sie nicht, was?« murmelte Warren. »Du wagst dich nicht mehr an eine Frau heran und hast Angst, du könntest ihr nur Unglück bringen, ich weiß. Bilde dir das nur weiter ein.«

      »Du willst mich auf irgendeine Art zwingen, mein Leben zu ändern. Das versuchst du verdammter Trickser schon seit Monaten«, sagte Archie. »Aber so schaffst du es erst recht nicht. Ich weiß, was Judy Weiser für mich übrig hat. Liebe ist es jedenfalls nicht. Und jetzt laß mich in Ruhe mit deinem Gewäsch!«

      »Wie du willst«, erwiderte John Warren träge. »Von mir aus sauf dich zu Tode.«

      Der Sheriff schloß die Augen, als Slater wieder zur Pritsche ging und verbissen schwieg.

      Es hat keinen Zweck, grübelte Big John. Der Kindskopf will es nicht einsehen. Ein Wunder müßte geschehen, um Archie wieder zu einem normalen Menschen zu machen, aber – Wunder gibt es nicht.

      Oder doch?

      *

      Warren erinnerte sich an das höhnische Grinsen von Cannonball Jackson und Einohr-Joe Murphy, während sein Pferd der kaum noch sichtbaren Spur folgte. Es war nicht zur Auslösung der beiden Schläger durch den alten Harris gekommen, weil Jim Lawson wie ein Irrer vor dem Morgengrauen an die Officetür gehämmert und von den Schüssen auf Lionel McGruder berichtet hatte.

      Der Sheriff hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als die beiden Halbaffen von Harris aus dem Jail zu jagen und wenig später auch Archie hinauszuwerfen. Die Suche nach dem heimtückischen Schützen konnte zwei Tage dauern. Niemand in der Stadt wäre bereit gewesen, solange die Vertretung Warrens zu übernehmen.

      John Warren blickte gegen die Nachmittagssonne zum Hang empor. Links davon begann der tiefe Einschnitt des Turkey Creek. Der Bach führte kaum Wasser. An seinem Uferrand war ein Sandstreifen, in dem die Hufe von zwei Pferden eine deutliche Spur hinterlassen hatten. Don Walsh, der Revolvermann McGruders, war hier vor über einer Stunde geritten. Er hatte die Spur jenes Mannes mit zwei Pferden verfolgt, der in der Nacht auf den Alten geschossen hatte.

      Die Fährte war kaum noch zu erkennen, sie zog sich in das Felsgebiet der Chiricahua Mountains hoch. Und dann – ehe eine Viertelstunde vergangen war – verlor sie sich. Walsh war wie üblich im Kreis geritten. Seine Fährte war noch erkennbar, doch die des Heckenschützen nicht mehr.

      »Verdammt!« stieß John Warren durch die Zähne. »Dort drüben ist Walsh heruntergeritten. Der eisenharte und eiskalte Bursche gibt nicht auf.«

      Wenig später erreichte Big John Warren das nach Nordwesten verlaufende Tal, hielt an und blickte auf die anderen Spuren herab. Sie waren älter und konnten unmöglich von dem heimtückischen Schießer stammen. Hier war jemand aus den Bergen geritten, aber er hatte ein Maultier und ein Pferd, also keine zwei Pferde dabei gehabt. Walsh war dieser Spur gefolgt. Er war hinter dem falschen Mann her.

      Allmächtiger! dachte John Warren erschrocken. Was ist das? Eine ältere Fährte, und Walsh verfolgt sie. Der versteht nicht genug von Spuren. Er wird den Mann stellen, der hier nach Mitternacht geritten ist, und vielleicht bringt er ihn um.

      John Warren wußte, wie schnell Don Walsh schoß, um dann erst Fragen zu stellen. Big John preschte los. Er mußte Walsh einholen.

      *

      Der Revolvermann hatte den Wagen kaltblütig auf den Hof der kleinen Ranch kommen lassen. Er hatte seinen Mann gefunden. Der verdammte Heckenschütze war aus Richtung Dos Cabezas zur Ranch gekommen. Vielleicht hatte er seinem Auftraggeber berichtet, daß sein Anschlag mißlungen war.

      Don Walsh wartete, bis die junge Frau, eine Mexikanerin, aus dem Haus war. Der vielleicht dreieinhalbjährige Junge machte sich von ihrer Hand los, lief dem Wagen entgegen und wurde von dem großen, breitschultrigen Mann, der bereits neben dem Wagen stand, hochgehoben. Der Mann setzte den Jungen auf das Wagenpferd. Er hatte es ausgeschirrt und faßte nach den Leinen.

      Im selben Augenblick sprang Don Walsh um die Stallecke, riß seinen Colt hoch und feuerte.

      »Stehenbleiben!« rief der Gunner.

      Der Mann griff in den Wagenkasten, wo sein Gewehr lag. Er fuhr herum, streckte die Hände aus, und Walsh feuerte noch einmal. Die Kugel klatschte gegen den Gewehrlauf, schleuderte die Waffe in den Kasten, und der Mann stand wie angeleimt still. Im gleichen Moment bäumte sich das Gespannpferd auf. Der Junge schrie ängstlich, rutschte ab und fiel zu Boden.

      »Barry – Barry!«

      Die junge hübsche Frau lief mit wehendem Rock quer über den Hof. Der große Bursche neben dem Wagen zerrte an den Zügeln, um das Pferd zur Seite zu bringen, dessen Hufe jeden Augenblick den Jungen treffen konnten. Dann hatte er das Pferd in der Gewalt, sah sich um und starrte Walsh drohend an.

      »Du verdammter Narr!« fauchte er. »Warum, zum Teufel, schießt du? Wenn dem Jungen etwas passiert ist, breche ich dir alle Knochen!«

      Die beiden Schüsse, die Schreie der Frau und das Wiehern des Pferdes hatten ein anderes Geräusch übertönt. Das Echo des Hufschlags fing sich hallend zwischen Stall, Schuppen und Haus. Walsh wirbelte, beide Revolver in den Händen, herum. Das Pferd galoppierte in den Hof, wurde pariert und stand nun genau in der Schußlinie von Walsh.

      Big John Warren hatte sein gefürchtetes Gewehr in der Faust, doch die Mündung zeigte nicht etwa auf den breitschultrigen Mann, sie war auf Don Walsh gerichtet. Und dann sagte Big John Warren drohend.

      »Wenn

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