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Meinung nach genau die falsche Reaktion.«

      »Vor allem angesichts unserer Verluste«, fuhr Fabian fort. Er blickte Gareth erwartungsvoll an. Dieser bedeutete seinem Freund weiterzusprechen. Fabian nickte. »Gemäß unserem Plan haben wir uns nach dem Angriff auf Suvus dezentralisiert. Wir haben uns verteilt und Stützpunkte überall im Imperium aufgebaut. In jedem Sektor des Rod’Or-Reiches existieren nun zwischen einem und drei Rebellenbasen, jede mit einem kleinen Flottenkontingent ausgestattet. Parallel dazu haben wir uns auf die Suche nach noch funktionsfähigen Wracks gemacht, um unsere Flotte weiter auszubauen.«

      »Das war sinnvoll«, kommentierte Ludwig selbstzufrieden.

      Fabian neigte leicht den Kopf zur Seite. »Nur, dass es uns mehr schadet als nutzt. Im letzten halben Jahr haben wir gut zweihundert Schiffe auf den Schlachtfeldern des Krieges gefunden und wieder so weit repariert, dass sie als einsatzfähig angesehen werden können. Im Gegenzug haben wir annähernd fünfzig verloren. Sie kamen feindlichen Patrouillen in die Quere oder gingen Hinterhaltkommandos der Ashrak ins Netz. Die Ashrak haben großflächig damit begonnen, Schiffsfriedhöfe zu überwachen. Das stellt zunehmend ein Problem dar.«

      Gareth kratzte sich leicht über das unrasierte Kinn. »Die Agenten der Honuh-ton sind nicht blöd. Und Cha’acko ist einer der gefährlichsten von ihnen. Die Idee, ehemalige Schlachtfelder zu überwachen, dürfte auf seinem Mist gewachsen sein. Ihm wird klar sein, dass sie unsere einzige Möglichkeit sind, an Nachschub zu kommen.«

      »Wir hätten ihn umbringen sollen, als sich die Gelegenheit dazu bot«, kommentierte Michael.

      »Versucht haben wir es ja«, entgegnete Gareth gepresst, »aber der Kerl ist einfach nicht totzukriegen.«

      »Leider ist er wirklich überaus clever«, spann Fabian den Faden weiter. »Die Hinterhaltkommandos haben nicht in jedem Fall sofort zugegriffen. Einige Male folgten sie unseren Bergungsteams zurück zu ihren Basen. Wir haben sieben verloren und das sind nur die, von denen wir im Moment wissen. Gut möglich, dass weitere Verlustmeldungen noch auf dem Weg sind.«

      »Mit anderen Worten, wir sind so ziemlich am Arsch«, gab Michael zurück. »Wir können unsere Reihen nicht mehr mit Soldaten auffüllen und jedes Mal, wenn wir Bergungsteams ausschicken, müssen wir damit rechnen, dass wir Schiffe, Kämpfer und sogar Stützpunkte verlieren.« Michaels Kopf schwenkte in Gareths Richtung. »Die Rod’Or haben sich von den Schlachten um Draimina und Suvus erholt.«

      »Falls es für sie jemals nötig war, sich von diesen Niederlagen zu erholen«, stimmte Gareth niedergeschlagen zu. Er widmete Fabian erneut einen missmutigen Blick. »Wie hoch sind unsere Verluste insgesamt?«

      Fabian zögerte. »Nach derzeitigem Kenntnisstand: um die siebzigtausend Mann. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.«

      Gareths Schultern sackten ein ganzes Stück weit ab. »Hol die Leute wieder rein. Ich muss mir all das erst einmal durch den Kopf gehen lassen.« Er sah auf. »Treffen wir uns morgen wieder. Bis dahin will ich ein paar Ideen von euch hören. Wir müssen den Aufstand irgendwie am Leben halten oder alles, was wir erreicht haben – alles, was wir getan haben –, war völlig umsonst.«

      * * *

      Gareth verließ die improvisierte Versammlung mit einem Kopf, der dröhnte, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer darauf eindreschen.

      Es war schwierig, nicht die Hoffnung zu verlieren. Der Feind war haushoch überlegen, und egal welche Erfolge sie erzielten, die gegnerischen Streitkräfte schienen sie innerhalb kürzester Zeit ins Gegenteil zu verkehren. Dabei war Cha’acko mit unumstößlicher Sicherheit ihr gefährlichster Gegner. Gareth zweifelte keinen Augenblick daran, dass er von der Rod’Or-Obrigkeit mit der Zerschlagung des Aufstands beauftragt war.

      Genau das hätte Gareth an deren Stelle auch getan. Cha’acko war nicht nur der fähigste Offizier für diese Art von Aufgabe. Darüber hinaus hatte der Agent die größtmögliche Motivation. Der Aufstand war unter seiner direkten Aufsicht ausgebrochen. Das wäre normalerweise Grund genug gewesen, ihn hinzurichten. Aber irgendwie bezweifelte Gareth, dass die Rod’Or so weit gegangen waren. Im Gegenzug glaubte er vielmehr, dass die Rod’Or erkannt hatten, dass Cha’acko alles tun und jede Moral über Bord werfen würde, um seine Scharte auszuwetzen. Die Herrscher über das Imperium nutzten dies gnadenlos für sich aus.

      Michael hatte recht. Falls sie die Gelegenheit erhielten, Cha’acko auszuschalten, dann durften sie nicht zögern. Das Ganze war wie ein Spiel. Zug folgte auf Zug. Und Cha’ackos Figur musste dringend vom Brett genommen werden.

      Er erreichte sein Quartier und öffnete die Tür. Gareth wollte nur noch schlafen und all die Probleme zumindest eine gewisse Zeit lang vergessen. Eine Hand packte ihn an der Schulter. Der Griff war eine seltsame Mischung aus grob und sanft. Schon allein deshalb wusste er auf Anhieb, um wen es sich handelte.

      Er wandte sich um und sah sich unvermittelt Ris’rils riesiger Gestalt gegenüber. Die Frau überragte ihn um Haupteslänge, wirkte aber durch die Muskelstränge wesentlich bulliger als er. Seit sie in den Kampf eingetreten war, band sie kleine Kugeln aus Stahl in ihre Dreadlocks ein. Diese waren wiederum mit Hunderten kleiner Dornen versehen. Auf diese Weise wurde selbst ihr Haar zu einer Waffe und sie verstand es, dies im Nahkampf meisterhaft einzusetzen.

      Gareth zwang sich zu einem Lächeln. Sie ließ sich dadurch nicht täuschen. Sie senkte das Haupt und musterte ihn durch wache und intelligent blickende Augen. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.

      Er fühlte sich von ihr ertappt und wandte den Blick ab. »Warum sollte es nicht? Ich bin einfach nur müde.«

      Sie schüttelte den Kopf. »Tu das nicht. Nicht mit mir.«

      Nun sah er doch auf. »Ich weiß nicht, was du meinst.«

      »Versuch nicht Stärke vorzugeben, wo du nichts als Verzweiflung spürst.«

      Seine Mundwinkel zogen sich etwas nach unten. Er seufzte. »Wir können nicht gewinnen. Oder?«

      Ihre Lippen teilten sich zu einem ehrlichen Lächeln. »So wie die Dinge im Augenblick liegen, nicht. Aber ist das denn wichtig?«

      Er runzelte die Stirn. »Ich fürchte, ich kann dir nicht ganz folgen. Wenn alles umsonst ist, warum es dann überhaupt versuchen?«

      Ris’ril dachte ernsthaft über die Frage nach, bevor sie antwortete. »Weil es im Prinzip keine Rolle spielt, ob wir gewinnen oder verlieren.« Sie hob die Hand, um Gareths im Entstehen begriffenen Einwand zuvorzukommen. »Versteh mich bitte richtig. Ich gewinne genauso gern wie jeder andere. Aber das ist hier nicht das Entscheidende. Das Imperium ist zu selbstgefällig. Die Rod’Or sehen sich als die Stärksten an. Sie erobern und versklaven bedenkenlos jede Spezies, der sie begegnen. Es ist wichtig, dass endlich jemand aufsteht und sagt: ›Nein!‹ Wir kämpfen lieber, als uns zu unterwerfen. Vielleicht verlieren wir, aber möglicherweise wird bereits unser Widerstand an sich etwas bewirken. Eines ist auf jeden Fall mal sicher: Nach diesem Krieg wird das Imperium nicht mehr dasselbe sein. Ganz egal, wie er auch ausgehen mag. Und ich sehe das bereits als Sieg an.«

      Gegen seinen Willen schmunzelte er. Mit einem Mal fühlte er sich leichter und eine Last schien von ihm genommen zu werden. Mit neuem Respekt sah er zu seiner Gefährtin auf. »Du hast eine sehr pragmatische Sichtweise.«

      »Wir Samirad sind Krieger. Das waren wir schon immer. Wir werden für den Krieg gezeugt, wir werden für ihn geboren, wir leben für ihn und irgendwann werden wir in ihm sterben. Das ist unser Schicksal. Sieg oder Niederlage sind von untergeordneter Bedeutung. Es ist nur wichtig, aufzustehen und sich Tyrannei zu widersetzen. Man darf sich Despoten niemals ergeben.« Sie senkte betreten den Blick. »Eine Lektion, die viele aus meinem Volk vergessen haben. Ich selbst schließe mich da nicht aus. Daran ist das verdammte Loyalitätsimplantat schuld.«

      Gareth berührte sie sanft an der Schulter. »Auch dein Volk wird irgendwann wieder frei sein. Vielleicht nicht durch diesen Krieg.« Er zuckte leichthin mit den Schultern. »Aber unter Umständen durch den nächsten.«

      Ris’ril grinste. »Du hast noch nicht einmal diesen gewonnen und planst schon für den nächsten? Das hätte ich dir gar nicht

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