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einem Einsteigdieb als einem Chefpiloten.

      Dann stellte er fest, daß Brenda noch immer allein an der Bar saß. Die beiden Erste-Klasse-Passagiere in der Polsterecke waren so in ihr Schach-Duell vertieft, daß er sich ungestört mit seiner Dame befassen konnte.

      »Wir werden in 59 Minuten in New York landen«, sagte Martin zu seiner prominenten Passagierin.

      »Interessant«, erwiderte sie lächelnd. »Aber das ist doch nicht alles, was du mir zu sagen hast.«

      »Ich bin im Dienst«, ging er auf ihren Ton ein. »Danach werde ich auf dich einreden wie ein – ein Staubsaugervertreter.«

      »Und um welchen Artikel handelt es sich wirklich?«

      »Hm, einen Schuß Romantik«, entgegnete Martin, »und zwei Portionen Einsamkeit.«

      Er blickte auf Brendas schmale, langgliedrige Hände, und er spürte sie auf seiner Haut. Sie sah in seine Augen in diesem seltsamen Mitternachtsblau, in sein zerklüftetes Gesicht und fragte sich, wie sie Martin je aus den Augen hatte verlieren können; aus den Augen, nie ganz aus dem Sinn.

      »Wie stehen wir zueinander?« fragte sie.

      Der Mann im Fliegerblau sah sich einen Moment nach den Schachspielern um. »Das hängt allein von dir ab«, antwortete er ein wenig matt.

      »Nein«, versetzte Brenda. »Von uns.«

      »Nicht ganz von uns.« Er wurde ernst. »Auch von unseren verdammten Berufen.«

      »Wir werden sie an die Leine legen«, erwiderte die berühmte Globetrotterin, »und unser Privatleben hegen wie Orchideen.«

      »Ich bin jetzt im Vorstand der Jet-Air«, begann er zögernd. »Ich komm’ nicht mehr so viel zum Fliegen wie früher.« Martin verfolgte, wie der Passagier Bob S. Greenhill sich etwas mühsam über die Wendeltreppe nach oben zwängte und sich in dem kleinen Salon – offiziell hieß er Ausruhraum – prüfend umsah, als wollte er ihn kaufen.

      »Was machst du, wenn wir in New York sind?« wandte er sich an Brenda.

      »Zuerst einmal schlafe ich mich richtig aus«, antwortete sie.

      »Dann muß ich einen Tag in den Schneideraum, um das Interview mit dem deutschen Bundeskanzler einzurichten.«

      »Und dann?«

      »Dann warte ich auf einen Anruf«, sagte Brenda lachend. »Oder auch auf deinen Ansturm. Ganz wie du willst.«

      »Ich habe da ein paar revolutionäre Ideen«, hakte er ein.

      »Ich höre.«

      »Ich spreche«, entgegnete Martin und geriet ins Stocken. Er betrachtete ihre feine Nackenlinie. Sein Blick tastete sich weiter zu ihren schmalen Schultern.

      »Du siehst mich an, als ob ich ein Marzipanschweinchen wäre«, sagte sie lachend.

      »Ich liebe Süßigkeiten«, konterte er. »Wann hast du den letzten Urlaub gehabt?«

      »Vor einem Jahr«, erwiderte Brenda. »Zwei Tage.« Sie fing das Stichwort auf, fragte zurück: »Und du?«

      »Das ist schon so lange her, daß ich es vergessen habe«, sagte er. »Meinst du nicht, wir sollten unseren Nachholbedarf zusammenlegen, und …«

      »Einverstanden«, antwortete sie. »Und wohin geht die Reise, Captain?«

      »Wohin Sie wollen, Madam. In die Südsee. Auf die Bahamas. An die Côte d’Azur. Oder bloß nach Florida.«

      »Alles ganz abgedroschen«, sagte Brenda. »Ich möchte dir etwas vorschlagen.«

      »Bitte –«

      »Etwas noch Abgedroscheneres – nach Venedig. In die Stadt der Liebenden.«

      »Wir werden in jeder Stadt unser Venedig feiern«, erwiderte Martin. »Wenn du willst.«

      »Darf ich Ihnen etwas anbieten, Miß Fairday?« fragte Peggy, die Chefstewardeß.

      »Nein danke – das heißt«, verbesserte sich Brenda, »vielleicht einen Orangensaft mit Eis.«

      »Und den servieren Sie bitte im Cockpit, Peggy«, bat der Captain, stand auf und lud Brenda ein in sein Instrumenten-Reich.

      »Wenn Sie schon dabei sind, Miß«, bat Passagier Greenhill und deutete auf die Whisky-Flasche, »geben Sie mir bitte auch etwas Medizin für mein müdes Herz.«

      Martin stellte seine Leute vor und sagte ein wenig stolz: »Wer Miß Fairday ist, brauche ich euch ja wohl nicht zu erklären.« Dann schob er ihr einen Hocker zu und begann den Jumbo vorzuführen, als hätte er ihn selbst konstruiert. Schließlich waren ja einige Verbesserungen auf seine Anregung hin zustande gekommen.

      Ein Klingelzeichen forderte den Piloten auf, eine andere Funk-Frequenz einzuschalten, gewissermaßen die Hausleitung der Jet-Air. Über diese Welle konnte das Hauptquartier einer die ganze Welt befliegenden Linie jedes einzelne Flugzeug, ob es gerade den Nordpol oder Japan überquerte, ständig erreichen.

      »Jet-Air-Flug 99, Captain Nobis«, meldete er sich.

      »Hallo, Martin«, rief Larry Merx.

      »Freut mich, dich zu hören«, erwiderte der Jumbo-Kommandant.

      »Wart’s ab«, entgegnete der FBI-Spezialist sarkastisch.

      Brenda, die sich auf Stimmen verstand, fiel sofort auf, daß der Mann zynisch und zärtlich zugleich sprechen konnte.

      »Wie fühlst du dich?« fragte Larry.

      »Wie neu geboren«, sagte Martin und warf einen anzüglichen Seitenblick auf Brenda.

      »Paß auf dich auf«, erwiderte der Freund und FBI-Spezialist. »Und auf deinen Jumbo. Und auf deine Passagiere.« Einen Moment lang glaubte man, Larrys Atem zu hören. »Wir haben hier einen Haufen Ärger.«

      »Wir nicht«, brummte der Captain.

      »Dann tut es mir um so mehr leid, Martin«, fuhr der Mann fort, »daß ich dich gleich nach der Landung brauche.« Nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: »Ich fürchte, wir haben einen heißen Tag vor uns … Ende.«

      »Ende«, bestätigte der Chefpilot. Erst jetzt dachte er daran, daß eine Unbefugte die Warnung mitgehört hatte.

      »Leider muß ich dich bitten«, begann Martin zögernd.

      »Ich hab’ nichts gehört«, erwiderte Brenda. »Ich war privat im Cockpit zu Besuch. Off the record.«

      »Danke.«

      »Ich möchte dir vorschlagen, daß wir künftig Beruf und Privatleben klar auseinanderhalten«, sagte Brenda.

      »Und das kannst du?« fragte der Flugkapitän lachend.

      »Nur nicht übertreiben«, ging sie auf seinen Ton ein. »Ich will’s versuchen.« Sie erhob sich. »Und nun verlaß ich dich freiwillig.«

      Die Cockpit-Tür blieb unverschlossen.

      Bald endete das eintönige Blau des Atlantik; der Jumbo hatte die Küste erreicht und näherte sich New York, dieser Orgie von Erfolg, Reichtum und Größenwahn.

      Die Piste war noch nicht zur Landung freigegeben. Martin kreiste über Brooklyn und Queens. Die Wolkenkratzer schienen mit Riesenfingern nach der Boeing zu greifen.

      Endlich kam die Landeerlaubnis. Der Pilot drückte die Maschine nach unten, fuhr die Luftbremsen aus und setzte weich auf.

      Die Passagiere quollen aus dem Riesenvogel, und wie immer war Brenda Fairday sofort von Reportern umringt.

      »Wie war’s in Bonn?« rief ihr einer zu.

      »Anstrengend.«

      »Was gefällt Ihnen in Deutschland?«

      »Vieles.«

      »Und was mißfällt Ihnen?«

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