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      Wenn ferner, was jene selbst zugeben, die von feurigen Gestirnen erstrahlende Himmelssphäre in rotierender Bewegung ist, mußte dann nicht die göttliche Vorsehung notwendig Vorsorge treffen, daß unterhalb und oberhalb derselben reichlich Wasser sich ergieße, um jene lohende Hitze oder glühende Achse zu dämpfen? Deshalb, weil übergroß und glühendheiß das Feuer ist, ist überreich auch Wasser auf Erden vorhanden, daß nicht der Brand der aufgehenden Sonne und der funkelnden Sterne sie versenge und die ungewohnte Hitzestrahlung das erste zarte Wachstum der Dinge schädige202. Wie viele Quellen, Flüsse, Seen bewässern das Festland, weil im Innern Feuer es durchglüht! Wie könnten denn die Bäume knospen oder das Getreide und die Saaten hervorkeimen oder die aufgegangenen reifen, wenn nicht Feuer auch im Innern sie belebend erwärmte? Auch aus Gestein läßt es sich häufig schlagen, und selbst aus Holz züngelt es oft beim Spalten hervor.

      Wie nun das erschaffene Feuer zum Fortbestand der planmäßigen Ordnung der Dinge und zur Temperierung des eiskalten Wassers durch einen milden (Luft-) Himmel notwendig ist, so ist auch die überreichliche Menge des Wassers nicht umsonst: es soll das eine Element vom andern nicht aufgezehrt werden. Dann wären beide nicht in erforderlichem Maße vorhanden, würde ebenso das Wasser das Feuer auslöschen, wie das Feuer das Wasser auftrocknen. Nach Gewicht und Maß hat darum der Schöpfer alles abgewogen. Selbst die Zahl der Regentropfen ist ihm bekannt, wie wir es im Buche Job lesen203. Er wußte, wie leicht die Dinge ihrem Ende, das Universum seiner Auflösung anheimfiele, würde ein Element im Vergleich zum anderen zu reichlich vorhanden sein. Darum ließ er eine Verminderung beider nur in der Einschränkung zu, daß das Feuer nicht zuviel absorbiere, das Wasser nicht zuviel überfließe: beide sollten soweit verringert werden, daß einerseits der Überfluß beseitigt würde, andrerseits das notwendige Maß erhalten bliebe. So große, zu übergewaltigen Strömen anschwellende Flutmassen brechen doch aus der Erde hervor: der Nil, der austretend Ägypten überschwemmt; die Donau, die vom Westen her die Scheide zwischen den Barbarenstämmen und Roms Völkern bildet, bis das Schwarze Meer sie aufnimmt; der Rhein, der seinen Lauf von der Kammhöhe der Alpen zu den Tiefen des Ozeans nimmt, der berühmte Schutzwall des römischen Reiches gegen die wilden Völkerstämme; der Po, die sichere Einfuhrstraße für die Seehandelsprodukte zur Versorgung Italiens: die Rhone teilt, mit raschem Lauf daherstürmend, die Flut des Tyrrhenischen Meeres, und keine geringe Gefahr entsteht den Schiffen aus dem Ringen der Meereswogen und des Flusses Strömung; desgleichen ergießt sich von Mitternacht her, dem Kaukasusgebirge entspringend, der Phasis mit mehreren anderen Flüssen ins Schwarze Meer ― es würde zu weit führen, den einzelnen Flüssen namentlich nachzugehen, die teils unserem Meere zueilen, teils vom Ozean verschlungen werden ―: so groß doch (sage ich) ist die Fülle des Wassers, und dennoch wird die Erde in der Mittagsgegend so häufig von versengender Wärme ausgebrannt und zerstäubt vor Hitze, und zunichte ist des bedauernswerten Landmannes Arbeit, so daß ihm oft, wenn die Brunnen bis auf den morschen Grund vertrocknen, der zum Leben notwendige Trunk fehlt. Zwar wird der Zeitpunkt erst kommen, da der Herr zur Tiefe sprechen wird: „Zur Wüste werde und deine Ströme trockne ich aus“204, wie er es durch Isaias [Jesaja] für die Zukunft angekündigt hat: aber auch schon bevor jener von Gottes Willen frei vorausbestimmte Tag kommen wird, liegt die Natur der Elemente in nicht geringem Kampfe unter sich. Häufig wird daher diese Welt entweder von Überschwemmungen betroffen oder von übergroßer Hitze und Dürre heimgesucht.

      13.

      So halte denn das Vorhandensein einer großen Wassermenge nicht für unglaubhaft, bedenke vielmehr die gewaltige Hitze, und du wirst nicht mehr ungläubig sein! Viel ist es, was das Feuer auftrocknet. Das muß uns wenigstens aus folgenden Experimenten klar werden: Wenn ein Arzt ein Glas mit enger Mündung, flachem Rande und hohlem Raume mit einem schwachen Lampenlicht darunter an einen Leib drückt, wie zieht da die Wärme alle Feuchtigkeit an sich! Wer könnte also zweifeln, daß jener feurige, von großer Hitze erglühende Äther, würde er nicht durch ein Gesetz seines Schöpfers daran verhindert, alles in Brand und Asche legen würde, so daß weder Flüsse noch Seen noch selbst die Meere seine Glut löschen könnten? Eben darum strömt so häufig wie auf einen Anprall hin Wasser von der Höhe und ergießt sich in so gewaltigen Regengüssen, daß mit einem Mal Flüsse und Seen sich füllen, selbst die Meere austreten. Deshalb sehen wir häufig auch die Sonne von Feuchtigkeit und Dunst umflort205. Sie verrät damit deutlich, wie sie sich des Wasserelementes zu ihrer Abkühlung bedient.

      14.

      Eine so leidenschaftliche Sucht zur Bekämpfung der Wahrheit aber steckt in jenen, daß sie der Sonne selbst den natürlichen Hitzezustand absprechen, deshalb weil sie weiß und nicht nach Art des Feuers rot oder rötlich sei. Sie sei, behaupten sie darum, überhaupt von Natur nicht feurig, und wenn sie etwas Wärmegehalt besitze, so sei dies, wie sie meinen, eine zufällige Wirkung aus der übergroßen Drehungsbewegung. Sie glauben dies deshalb behaupten zu sollen, damit es nicht scheine, als absorbiere sie irgendwelche Feuchtigkeit, nachdem sie eine natürliche Wärme nicht besitze, durch welche die Feuchtigkeit verringert oder so manches Mal aufgezehrt werde. Doch sie erreichen nichts mit ihrer Finte, weil es gleichgültig ist, ob ein Ding von Natur oder durch äußere Einwirkung oder sonst aus einem Grund Wärme besitzt; denn jedes Feuer zehrt Feuchtigkeit oder ähnlichen derartigen Stoff, den Feuer zu verbrennen pflegt, auf. Mag man mit Blattwerk das Feuer auffangen, das man nicht einmal aus halbverbrannten, sondern nur aneinandergestoßenen Holzklötzen schlägt: es lodert die Flamme auf, als würde man eine Fackel am Feuer anzünden. Oder mag man das Licht an einer Flamme anfachen: die Art und Natur des Lichtes ist die gleiche, als hätte nicht natürliches Feuer es entfacht, sondern eine zufällige Ursache es erzeugt. Man sollte doch wenigstens von dem Gesichtspunkt aus die Sonnenwärme ins Auge fassen, daß Gott ihr deshalb auf ihrem Lauf verschiedene Standorte und Zeiten festgesetzt hat, damit sie nicht, wenn sie stets an den gleichen Orten verweilte, dieselben durch ihre tägliche Hitzeausstrahlung versenge. Vom Meere geben sie selbst zu, es habe deshalb salzhaltiges und bitteres Wasser, weil das Flußwasser, das in seine Becken einmünde, durch die Wärme absorbiert werde. Und zwar werde soviel durch die Wärme tagüber absorbiert, als Tag für Tag durch der Ströme Lauf von verschiedenen Seiten her zugeführt werde. Man führt den Grund hiervon auf eine unterschiedliche Wirkung der Sonne zurück, die was klar und leicht ist an sich zieht, was schwer und erdenhaft ist zurückläßt. Aus letzterem Grund bleibt nun das Salzhaltige und Trockene zurück.

      IV. Kapitel.

       Die Bezeichnung ‘Himmel’ für Firmament. Die lateinische (caelum) und griechische (ouranos) Bezeichnung für Himmel. Der “verschlossene” bezw. “eiserne” Himmel der Hl. Schrift. Allegorische Deutungen des Himmels, des Firmamentes, der Wasser über dem Himmel: der Literalsinn ist vorzuziehen.

      15.

      206 Doch kehren wir zum Thema zurück: „Es werde eine Veste inmitten des Wassers“. Man nehme, wie ich schon betonte, keinen Anstoß, wenn er (Moses) vorher den Ausdruck „Himmel“ gebrauchte, hier die Bezeichnung „Firmament“; denn auch David spricht: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und die Werke seiner Hände verkündet das Firmament“207, das heißt: Die Weltschöpfung lobt, wenn man sie schaut, ihren Meister, weil dessen unsichtbare Größe durch das Sichtbare erkennbar wird208. Und zwar dünkt mir der Name „Himmel“ ein Allgemeinbegriff zu sein, weil es nach dem Zeugnisse der Schrift sehr viele Himmel gibt; der Name „Firmament“ hingegen ein besonderer, zumal es auch an unserer Stelle so heißt: „Und er nannte die Veste (Firmament) Himmel“209. Sonach sprach er augenscheinlich im vorausgehenden nur allgemein die Erschaffung des Himmels im Anfang aus, um damit den Gesamtkomplex der Himmelsschöpfung zusammenzufassen, an unserer Stelle hingegen die besondere Festigkeit dieses nach außen sichtbaren Firmamentes, das eben darum Himmelsveste heißt, wie wir’s in des Propheten Lobgesang lesen: „Gepriesen bist Du in der Veste des Himmels“210. Der Himmel, griechisch * οὐρανός* [ouranos], heißt lateinisch „der Geprägte“211, weil er der Gestirne Leuchten gleich Münzzeichen aufgeprägt trägt; so nennen wir auch eine Sibermünze mit erhabenen Charakteren „geprägt“.

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