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ist es also bei Hunden? Sowohl Wild- als auch Haushunde markieren und gegenmarkieren sehr eifrig. Typischerweise erreichen sie das über ein manchmal geradezu akrobatisches Beinheben, indem sie auf drei Beinen balancieren und das vierte möglichst hoch in die Luft recken. Das nicht nur von Rüden, sondern manchmal auch von Hündinnen gezeigte Beinheben ermöglicht eine gezielte Lenkung des Urinstrahls, der auf einer senkrechten oder fast senkrechten Fläche landen soll (ob er das immer tut, ist eine andere Frage). Beachten Sie, dass Markieren nicht einfach nur irgendwie Pinkeln ist, sondern es geht darum, hier einen kleinen Sprühstoß oder dort einen Nebel zurückzulassen.*

      Und hier kommt die Überraschung: Im Gegensatz zu den anderen markierenden Tieren markieren Haushunde nicht territorial. Ja, Sie haben richtig gelesen. Hunde „markieren nicht ihr Revier“. Woher wir das wissen? Einfach durch Beobachtung, wo Hunde pinkeln und wo nicht. Hunde, die einen Besitzer haben, markieren nicht die Außenmauern ihrer Häuser. In Wohnungen lebende Hunde pinkeln nicht an die Wände oder an die Türschwelle. (Ihrer etwa? Dann ist das ein anderes Thema ...) Hunde, die auf eingezäunten Grundstücken leben, markieren nicht ständig die Grundstücksgrenzen mit Urin. Forschungen in Indien an den dort häufig vorkommenden und großen Populationen freilaufender Hunde – Streuner, die sogar Heimatreviere haben könnten, welchen ständig die Einwanderung durch andere droht – haben ergeben, dass auch diese Hunde selten an Reviergrenzen markieren. Hunde, die gemeinsam mit anderen genutzte Pfade oder Parkflächen entlangwandern, können diese angesichts der nur gelegentlichen Nutzung nicht wirklich als ihr „Territorium“ bezeichnen, und tatsächlich zeigen sie keine begleitenden Verhaltensweisen, die darauf hinweisen würden, dass die Hunde den Pfad als „ihren“ betrachten.

      Stattdessen sind Hunde große Laufwege-Markierer. Achten Sie einmal darauf, wo Ihr Hund pinkelt: Am Laternenmast am gemeinsam genutzten Weg, an einem kleinen Busch am Feldwegerand, am Müllhaufen an der Ecke der Hofeinfahrt, der gestern noch nicht da war. Vor allem verbringen sie viel Zeit mit dem Beschnüffeln aller denkbaren Markierungsstellen, setzen aber nicht über jede von ihnen eine Gegenmarkierung. Ein Schnüffeln kann von einem schnellen Umschauen gefolgt werden, von einem Kratzen auf dem Boden oder sogar von einem schnellen Aufeinanderklappern der Zähne, das Teil der Geruchswahrnehmung von Hormonen im Urin ist.

      Was also teilen sich Hunde gegenseitig mit, wenn Sie einen Hydranten mit ganzen Schichten von Urin bedecken? Am wahrscheinlichsten ist, dass es um das Hinterlassen sozialer Informationen geht. Es als Pipi-Post zu bezeichnen trifft es von daher ganz gut. Sie teilen sich gegenseitig mit, wer sie sind und geben damit, gewollt oder ungewollt, auch eine Menge anderer Informationen preis: Ihr Geschlecht, ob sie als Weibchen im Östrus sind, was sie gefressen haben, wie sie sich fühlen, ihr Gesundheitszustand. Die wenigen Studien, die der Fragestellung nachgingen, wie und wann Hunde markieren, fanden heraus, dass unkastrierte Rüden mehr markierten, mehr gegenmarkierten und mehr mit den Zähnen klapperten als ihre kastrierten Brüder oder als Hündinnen. Aber alle tun es, auch wenn einige nur „Näherungsmarkieren“ betreiben und ihr Ziel – absichtlich oder nicht – weiträumig verfehlen. Schon allein die Menge an Zeit, die sich selbst überlassene Hunde mit Schnüffeln verbringen, deutet darauf hin, dass die Markierungen eine ganze Fülle an Informationen enthalten.

      Aber die hündische Duftmarke ist auch das perfekte Graffiti: Man braucht einen geheimen Nasenschlüssel, um die besondere Botschaft zu knacken. Was menschliche Wissenschaftler bisher nicht geschafft haben – und das liegt sicher teilweise daran, dass wir die Hunde nicht fragen. Zwar geben uns nur wenige Tiere Antworten zu ihrem Verhalten in leicht verständlichen Sätzen, aber sehr oft liegt die Antwort darin, was sie nach dem Verhalten tun. Wenn ein Glühwürmchenmann drei Mal hintereinander blinkt und ein Dutzend Glühwürmchenfrauen angeschwirrt kommt, um sich mit ihm zu paaren, bekommen wir eine ziemlich gute Ahnung, was drei Mal blinken bedeuten könnte.

      Aus dieser Überlegung heraus stellte ich bei der New Yorker Stadtparkverwaltung einen Antrag, ob ich ein Forschungsprojekt in ihren Parks durchführen dürfte. Es würde sie nichts kosten, keinen Lebensraum und kein Lebewesen stören und nicht intrusiv sein. Mein Vorschlag war, na ja, sagen wir ungewöhnlich: Ich wollte einen „Pinkelpfosten“ im Riverside Park aufstellen und sehen, was passieren würde. Wie viele Hunde würden an einem bepinkelten Pfosten schnüffeln? Wie oft würden sie dort übermarkieren? Wie hoch und wie genau würden sie zielen? Würden sie zurückkommen und ihre eigenen Kunstwerke nochmals überprüfen? Und was tun sie eigentlich nach dem Schnüffeln und Pinkeln?

      Sechs Wochen später erfuhr ich, dass mein Vorschlag angenommen worden war. Ich hängte eine getarnte, bewegungsaktivierte Wildkamera in einer Platane auf. Sie schaute auf einen niedrigen Pfosten von der Höhe eines Standard-Zaunpfostens, der unübersehbar direkt an einem beliebten Hunde-Spaziergehweg platziert war.

      Eine Woche lang wurde der Pfosten das Ziel neugieriger Nasen, und die Kamera hielt alles fest. Was sie aufzeichnete, waren Hunde, die entweder Informationsmarken aufnahmen und welche für andere zurückließen, aber selten die ganze Sache zu Ende durchführten. Hunde, die die Duftmarken abschnüffelten, schauten anschließend oft den Weg hinauf und hinunter, ob der Duftmarkensetzer vielleicht noch irgendwo zu sehen war. Falls dieser sich noch in der Nähe befand, zeigten sie Anstalten, ihm folgen zu wollen, aber als Spezies, deren Spaziergangsroutine meistens von einem Menschen bestimmt wird anstatt von ihnen selbst, wurden sie in der Regel durch eine Leine an der Verfolgung des gut riechenden Hundes gehindert. Gegenmarkierungen waren überraschend selten: Es wurde viel öfter geschnüffelt als markiert. Wenn ein Hund markierte, schien das eher stellvertretend für eine richtige Interaktion stattzufinden: Ich kann dich nicht persönlich beschnüffeln, ich lasse meine Visitenkarte für dich hier. Aber selbst unangeleinte Hunde kehrten nie zurück, um nachzusehen, ob ihre Nachrichten vielleicht überschrieben worden waren. Was genau die Hunde auf den Nachrichten lasen, die bald den Pfosten bedeckten wie Notizzettel ein Schwarzes Brett, bleibt ein Geheimnis. Auch ohne ein zu bewachendes Revier hissen sie kleine Geruchsflaggen, überprüfen allerdings nie, wer davor strammsteht.

       Rollvergnügen

      Während eine Geruchsmarkierung den Geruch des Tieres auf den Boden bringt, sorgt das Rollen oder Wälzen auf dem Boden dafür, dass der Geruch des Bodens auf das Tier gelangt. Oder besser gesagt, der Geruch dessen, in was es sich gerade rollt, was auch immer das sein mag. Hunde sind reuelose Geruchs-Wälzfanatiker, und die Gerüche, in denen sie sich rollen, sind oft extrem stinkig. In dieser Hinsicht teilen sie ihren Geschmack mit anderen Tieren: Auf der gemeinsamen Favoritenliste stehen Fleisch (frisch oder verfaulend), Erbrochenes, Darminhalte, Käse, Maschinenöl, Parfüm, Insektizide und die Fäkalien anderer Tiere. Andere Wissenschaftler haben der Liste der wälzbaren Düfte noch „Rosinen, Käfer …, Zigarettenkippen, Bonbons, Kopfkissen von Menschen und viele Orte, an denen die menschliche Nase überhaupt nichts wahrnehmen kann“ hinzugefügt.

      Üblicherweise schnüffelt der Hund zunächst am Geruch, geht ganz nahe an ihn heran – obwohl das im Fall von Fauligem oder frischen Körperausscheidungen unnötig erscheint – und lässt sich dann mit Kopf oder Schulter voran auf die Geruchsquelle hinab. Hals und Rücken folgen, wobei er sich oft mit deutlicher Begeisterung auf dem Rücken aalt und räkelt. Es erinnert mich jedes Mal an die Verzückung von Katzen in Katzenminze. In beiden Fällen scheint das Wälzen die für Spielen, Sex und Fressen zuständigen Nervenkreise auf einmal anzusprechen. Beide Spezies wälzen sich geradezu ekstatisch, wobei sie in dem Geruch scharren oder hineinbeißen und ihr Gesicht darin reiben.

      Warum Hunde das tun, ist für Wissenschaftler und Hundebesitzer gleichermaßen ein Quell der Ungewissheit. Es sind mehrere Theorien dazu im Umlauf. Eine davon ist die „Tarnungstheorie“: Indem sie ihren eigenen Körper an den Umgebungsgeruch anpassen, werden sie eher als die Revierbesitzer betrachtet. Die Weibchen afrikanischer Wildhunde rollen sich im Urin derjenigen Rüden, deren Rudel sie sich anzuschließen versuchen: sie werden eher akzeptiert, wenn sie heimisch riechen. Eine andere Theorie ist die „Beliebtheitstheorie“: Es könnte ihren sozialen Status verbessern, wenn sie etwas so Begehrtes wie ein sehr, sehr stinkigen Stinkgeruch an sich tragen. Tüpfelhyänen, die sich an den Schultern mit Aas parfümiert hatten, wurde mehr Fellpflege durch ihre Rudelgenossen zuteil als denjenigen, die mit Kampfer besprenkelt waren. Und schließlich noch die hedonistische

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