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und fett.« Er landete wieder auf der Sitzfläche und drückte ihr die Einladung in die Hand.

      »Frechheit!«

      Ihr Schnauben entlockte ihm nur ein müdes Lächeln.

      »Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus.«

      »Meine Güte, was war doch nur ein Spaß. Kein Grund, gleich ausfallend zu werden«, wetterte Christine und sah hinüber zur Tür. Die Assistenzärztin Sophie Petzold kam ihr gerade recht. »Ach, sieh mal einer an! Die Dame ist auch schon da.« Sie warf einen demonstrativen Blick auf die Uhr. »Ist mir da irgendwas entgangen? Gibt es eine neue Arbeitszeitregelung?«

      Sophie stutzte. Was war denn jetzt los? Bisher hatten sie sich doch recht gut verstanden, hatten sogar ab und zu miteinander gelernt. Umso weniger verstand sie diesen Angriff.

      Bevor Sophie antwortete, schenkte sie sich eine Tasse Kaffee ein. Sie stellte die Kanne zurück auf die Warmhalteplatte. Löffelte Zucker in den Kaffee. Goss Milch dazu. Rührte gründlich um. Erst dann drehte sie sich um.

      »Falls es Sie interessiert: Ich schreibe morgen meine Facharztprüfung. Aus diesem Grund hat mir Dr. Norden freigestellt, wie ich meinen Dienst plane.

      »Interessant.« Christines Augen wurden schmal. »Wenn Sie so viel Zeit auf Ihre Studien verwenden, können Sie mir sicherlich sagen, welche hirneigenen Tumore häufig vorkommen.«

      Christine Lekutat hatte der angehenden Fachärztin für Chirurgie überhaupt nichts zu sagen. Trotzdem wusste Sophie, dass sie diese Herausforderung annehmen musste. Es ging um Macht und darum, wie sich die Verhältnisse in Zukunft verteilen würden.

      Aufreizend ruhige schlenderte sie hinüber zum Schreibtisch von Milan Aydin und setzte sich auf die Tischkante.

      »Die Medizin unterscheidet Meningeome, Neurinome, Hypophysenadenome, Gliome und Medulloblastome.« Sie garnierte ihre Ausführung mit einem liebenswürdigen Lächeln. Dagegen wirkte Christine wie ein Hund, der die Zähne fletschte.

      »Sehr schön. Dann können Sie mir sicher auch etwas mehr über Gliome berichten.«

      Mist! Ausgerechnet die Gliome hatte Sophie nur überflogen. Mut zur Lücke, wie ihr Verlobter Dr. Matthias Weigand ihr geraten hatte.

      Sie durchbohrte Dr. Aydin mit Blicken. Doch er war vertieft in seine Arbeit. Die Tastatur klapperte unter seinen Fingern.

      Sophie konzentrierte sich.

      »Gliome entstammen … entstammen den Stützzellen des Hirngewebes, den sogenannten Gliazellen. Von ihnen leiten sich verschiedene Tumoren ab wie zum Beispiel das Astrozytom. Oder wie das Oligo …« Wieder ein hilfesuchender Blick Richtung Milan. Er nickte unauffällig in Richtung Computer. Sophie hätte ihm um den Hals fallen wollen. »Das Oligodendrogliom. Es existieren auch Mischformen aus beiden Zellarten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat diese Tumoren in verschiedene Grade eingeteilt. Sie reichen von WHO I bis WHO …«

      »Genug. Ablesen kann ich das auch selbst«, zischte die Lekutat.

      Dr. Aydin und Sophie lachten, während die Kollegin vor Wut zitterte.

      »Sie werden schon sehen, was Sie davon haben! Und wie heißt es so schön: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.« Mit diesen Worten rauschte sie – im wahrsten Sinne des Wortes – aus dem Dienstzimmer.

      Nach und nach verging Sophie das Lachen. Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. Sie wischte sich eine Träne von der Wange.

      »Welche Laus ist der Kollegin denn heute über die Leber gelaufen?«

      »Das kann man nie so genau wissen«, erwiderte Aydin grinsend. »Schließlich ist sie eine Frau.«

      *

      Wie versteinert saß Manfred Tuck auf dem Stuhl im Untersuchungszimmer. Dr. Daniel Norden kehrte mit einem Glas Wasser zurück und drückte es ihm in die Hand.

      Er setzte sich auf einen Hocker und rollte vor seinen Patienten. Eine Weile saß er nur da und sah Manfred beim Nachdenken zu.

      »Wie geht es Ihnen?«, fragte er schließlich.

      »Was erwarten Sie denn? Mit so einer Diagnose.« Mannis Stimme war rau.

      »Dafür wissen Sie jetzt wenigstens, was für die Wesensveränderung und die Schwindelanfälle verantwortlich ist.«

      »Eva wird sich freuen. Jetzt kann sie wenigstens sicher sein, dass es nicht an ihr liegt.« Er zupfte mit den Zähnen an der Unterlippe. »Und nicht an meiner Liebe zu ihr.« Manfred hob die Augen. Suchte den Blick seines Arztes. »Können Sie sich vorstellen, wie schlimm das ist? Von einem Moment auf den anderen nicht mehr man selbst zu sein. Ein Fremder im eigenen Körper.« Er schüttelte den Kopf. Senkte den Blick wieder und betrachtete das Glas in seinen Händen. »Wenn mir das früher einer gesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt.«

      »Zum Glück kann die Medizin heutzutage erklären, welchen Ursprung diese Symptome haben. Wobei Sie wenigstens wissen, dass Ihre Reaktionen nicht normal sind. Andere Patienten nehmen ihre Persönlichkeitsveränderungen gar nicht wahr.«

      »Ich weiß nicht, ob das ein Glück ist«, erwiderte Manfred rau. »Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee war, hierher zu kommen. Ich weiß überhaupt nichts mehr.«

      Dr. Norden musste nicht lange überlegen, was in diesem Fall zu tun war. Gründliche Aufklärung war für ihn schon immer Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Behandlung gewesen. Er griff nach dem Tablet und schaltete es ein. Rollte neben Manfred Tuck, damit er die Aufnahmen sehen konnte.

      »Bildmorphologisch spricht alles für einen gutartigen Tumor. Wir werden noch ein Angio-MRT durchführen. Dabei handelt es sich um eine radiologische Untersuchung zur bildgebenden Darstellung von Gefäßen im menschlichen Organismus. Mit dieser Untersuchung können wir den Eingriff besser planen.« Er legte die Hand auf den Arm des Patienten und lächelte. »Mein Ziel ist es, den Tumor komplett zu entfernen.«

      Manfred erwiderte das Lächeln nicht.

      »Und was ist mit den Risiken?«

      Mit dieser Frage hatte Dr. Norden gerechnet. Gern beantwortete er sie deshalb noch lange nicht.

      »Neben den üblichen Narkoserisiken birgt ein Eingriff im Gehirn natürlich besondere Risiken.«

      Manfred Tucks Blick schnitt ihm tief in die Seele.

      »Was heißt das?« Die Stimme war rau, zornig.

      »Aufgrund der Verletzungsgefahr des umliegenden Gewebes kann es zu einem Funktionsverlust und Ausfallerscheinungen kommen.«

      Manfred sprang so unvermittelt auf, dass Daniel Norden erschrak.

      »Und das erzählen Sie mir so nebenbei? Wie ein Märchenonkel im Kindergarten?« Seine Stimme krachte wie ein Donnerschlag.

      Auch Dr. Norden stand auf. Es war ihm wichtig, auf Augenhöhe mit seinem Patienten zu sprechen.

      »Es handelt sich dabei um Möglichkeiten, nicht um ein unausweichliches Schicksal«, sprach er eindringlich auf seinen Patienten ein. »Ich kenne viele Patienten, die nach einer Operation am Gehirn putzmunter nach Hause gegangen sind.«

      »Und was, wenn nicht?«

      Daniel unterdrückte ein Seufzen.

      »Es gibt keine Alternative.« Er musste sich zwingen, den Tatsachen und Manfred Tuck in die Augen zu sehen. »Der Tumor wächst. Ihre Symptome – Schwindel, Kopfschmerzen, Wesensveränderung – werden noch stärker werden, da er auf das umgebende Gewebe drückt. Mit einem Eingriff haben Sie wenigstens die Chance auf ein gesundes Leben. Ohne Operation gibt es diese Option nicht.«

      Manfred Tuck schwankte wie eine Tanne im Wind. Er ließ sich wieder auf den Stuhl fallen.

      »Dann behalten Sie mich hier?«

      »Das ist der Plan.«

      Manfred nickte mehrmals hintereinander.

      »Sagen Sie bitte meiner Frau Bescheid?

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