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die instinktive Scheu aller Raubtiere vor dem Feuer. Bomba glitt schnell ins Innere der Hütte zurück und ergriff seinen Speer.

      „Soll er kommen, wenn er mag“, sagte er. „Dann erspart er mir die Mühe, ihn im Dschungel zu suchen.“

      Die Gestalt des Raubtieres zeichnete sich jetzt deutlich im Flammenschein ab, und Bomba musste selbst zugeben, dass er einen Löwen von dieser Größe noch nicht gesehen hatte. Der Schweif der Bestie peitschte erregt hin und her, und die grünlich schillernden Raubtieraugen blinzelten gegen das helle Flammenlicht.

      Gibo war wieder etwas mutiger geworden, als er den Speer in Bombas Hand sah.

      „Komm nur noch etwas näher, oh Herr des Dschungels“, lud er den Löwen höhnisch ein. „Dann wird Bomba dir den Speer in dein gelbes Fell bohren. Oder hast du etwa Angst vor dem Feuer, tapferer Simba?“

      Das riesige Tier stieß wieder sein drohendes Brüllen aus. Der muskulöse Körper presste sich dicht an den Boden und kroch noch näher an die Feuersperre heran, die Gibo und Wafi im Halbkreis um den Eingang der Hütte gelegt hatten.

      Auf diesen Augenblick hatte Bomba gewartet. Er hob den Arm, schätzte die Entfernung ab, holte zum Wurf aus und schleuderte den Speer mit ganzer Kraft. Unglücklicherweise kam sein Ellbogen dabei mit Wafis Schulter in Berührung, der nicht schnell genug zur Seite gewichen war. Die Speerspitze wurde abgelenkt und traf den Löwen nur an der Schulter. Da der Schaft des Speeres jedoch ins Feuer fiel, wurde das Raubtier im gleichen Augenblick mit einem Funkenregen überschüttet. Mit einem schrillen Heulen, das irgendwie dem Kreischen einer entsetzten Katze glich, jagte Simba, der König der Tiere, in die Dunkelheit hinein.

      Gibo lachte laut auf.

      „Das ist Wafis Nashorn, das da läuft“, spottete er. „Es scheint genug zu haben von seinem nächtlichen Ausflug.“

      „Die Dämonen des Feuers haben den Löwen vertrieben“, sagte Wafi ernst. „Er war bestimmt nicht feige, denn sonst wäre er nicht so nahe an die Hütte herangekrochen. Jetzt hat er uns jedenfalls gesehen, und wir müssen uns nun ständig vor ihm in Acht nehmen. Seine Krallen und Zähne sind scharf.“

      „Bombas Messer und Speer sind auch scharf“, erwiderte Gibo.

      Der Junge war inzwischen ins Innere der Hütte zurückgekehrt und hatte sich zur Ruhe gelegt. Gibo wartete, bis er sicher war, dass Bomba wieder schlief, und er sagte dann grollend zu Wafi:

      „Ist dir überhaupt klar, dass nur durch deine Schuld Bomba den Löwen nicht schon jetzt erlegt hat? Wenn du nicht im Wege gestanden hättest, läge der große Simba jetzt schon tot hier vor uns.“

      Wafi senkte beschämt den Kopf. So kriegerisch und angriffslustig er auch sein konnte — er sah immer sofort ein, wenn er einen Fehler begangen hatte.

      „Ich habe mich sehr dumm benommen“, murmelte er.

      Diese offene Selbstbezichtigung brachte Gibo dazu, dass er mit einer großmütig verzeihenden Geste das Thema abschloss.

      „Wir legen noch einmal frische Äste nach“, sagte er. „Dann wird der Löwe keinen zweiten Angriff wagen.“

      Wafi war nicht so optimistisch.

      „Vielleicht ist die Gefährtin des Löwen auch in der Nähe und will die Verletzung ihres Herrn rächen“, gab er zu bedenken. „Eine Löwin ist, wenn sie gereizt wird, noch gefährlicher als ein männlicher Löwe.“

      An diese Aufklärung knüpfte Wafi noch einige höchst unfreundliche Bemerkungen über das Geschlecht der Raubtiere im Allgemeinen und das der Löwen im Besonderen. Gibo, der die Sprache nicht so gut beherrschte, bewunderte dabei besonders den Reichtum der Zulusprache an Kraftausdrücken und Verwünschungen, die sich auf diese gefürchteten tierischen Feinde des Menschen bezogen.

      Abwechselnd hielten die beiden für den Rest der Nacht Wache. Sie ließen Bomba schlafen, da der Junge in einer der vorigen Nächte ganz allein gewacht hatte.

      In dieser Nacht gab es keine Zwischenfälle mehr, und kurz nach Tagesanbruch weckte Gibo seine beiden schlafenden Gefährten. Bomba war sofort hellwach. Das Sonnenlicht fiel in breiter Bahn durch den Eingang der Hütte, und das Grün der Bäume und Büsche funkelte noch im Tau des frühen Morgens.

      „Ein schöner Tag für eine Antilopenjagd“, sagte Wafi mit scheinheiligem Eifer. „Wir könnten neuen Proviant gebrauchen, Bomba.“

      „Zartes Antilopenfleisch wäre gut“, stimmte Gibo sofort zu.

      Bomba schaute von einem zum anderen und musste dann lachen.

      „Keine Lust zur Löwenjagd, ihr tapferen Jäger?“, fragte er in gutmütigem Spott.

      Die beiden fühlten sich durchschaut und grinsten verlegen.

      „Wenn du willst, Herr, gehen wir auf die Löwenjagd“, sagte Gibo kleinlaut.

      „Es wäre aber gut, wenn wir erst nachschauen, ob unsere Speere scharf genug sind“, sagte Wafi hastig. „Schon viele Männer meines Stammes sind auf die Löwenjagd gegangen und nie mehr zurückgekehrt.“

      „Aber viele Löwen sind auch schon von Jägern erlegt worden“, fügte Bomba hinzu. „Und du lebst auch immer noch, Wafi.“

      „Richtig, Herr. Und wenn du uns führst, gehe ich auch mit zur Löwenjagd", erwiderte Wafi. „Aber vielleicht finden wir die Fährte des Löwen nicht mehr“, fügte er hoffnungsvoll hinzu.

      „Bomba kann jeder Fährte folgen“, prahlte Gibo. „Der Löwe wird ihm nicht entkommen.“

      Nach einem kurzen Frühstück verließen die drei Jäger die Lichtung. Wafi und Gibo waren zwar nicht allzu begeistert von dem Gedanken, sich jetzt wissentlich in Gefahr zu begeben, statt dem harmlosen Vergnügen der Antilopenjagd nachzugehen, aber sie wussten, wie unnachgiebig Bomba in solchen Dingen sein konnte, und sie schwiegen daher.

      Es fiel Bomba nicht schwer, die Fährte zu finden; in dieser Hinsicht hatte Gibo völlig recht gehabt. Die große Raubkatze war mitten durch den Busch gebrochen und hatte auf diese Weise einen deutlich erkennbaren Pfad hinterlassen.

      „Der Löwe ist nicht schwer verwundet“, erklärte Bomba, als er sich nach einer Weile längere Zeit über eine Stelle am Boden gebeugt hatte. „Hier hat er geruht und seine Wunde geleckt. Dann ist er weitergezogen.“

      Nach einer Weile blieb Bomba wieder stehen und beugte sich zu den Zweigen eines Busches nieder.

      „Hier ist er vorbeigestreift“, erklärte er. „Seine Wunde blutet nicht mehr. Er ist schnell weitergezogen. Wahrscheinlich werden wir ihn erst am nächsten Wasserloch finden.“

      Sie folgten jetzt der Fährte, so schnell sie konnten. Nach etwa einer Stunde blieb Bomba stehen und hob warnend die Hand.

      „Die Fährte wird immer frischer“, flüsterte er, als die beiden an seine Seite traten. „Ich rieche auch schon Wasser. Der Löwe ist nicht mehr weit.“

      In gespanntem Schweigen schlichen die drei Dschungeljäger weiter. Die Fährte des Löwen war deutlich zu erkennen, und bald sahen sie vor sich auch den Schilfrand eines Wasserloches. Als sie näherkamen, flog plötzlich ein Schwarm Wasservögel vom schlammigen Ufer hoch. Sonst blieb alles still.

      Hier, an der großen Tränke vieler Urwaldtiere, kreuzten sich die Fährten der verschiedenartigsten Tiergattungen, und es war schwer, die Spur des Löwen herauszufinden. Bomba untersuchte sorgfältig und lautlos den Boden, während seine beiden nervösen Gefährten unruhig Umschau hielten.

      Natürlich war es durchaus möglich, dass der Löwe weitergewandert war, nachdem er seinen Durst gelöscht hatte. Bomba war jedoch inzwischen schon mit den Gewohnheiten der großen Raubkatzen vertraut geworden, und er zweifelte nicht daran, dass der Löwe irgendwo im Schilfdickicht am Rande des Tümpels verborgen war. Er war noch dabei, die Fährte des Löwen aus dem Spurengewirr auszusondern, als Gibo einen Warnungsruf ausstieß.

      „Der Löwe, Herr — da ist der Löwe!“

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