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Zwischendurch bringt ihn der Film zum Lächeln, und er wirft einen Blick zu mir, um zu schauen, ob es mir genauso geht.

      Ich warte auf der Straße, während Sebastian die letzten Lichter löscht und die Alarmanlage einschaltet. Schließlich kommt er hinaus und schließt die große Fenstertür zu, während die Alarmanlage immer noch piept. Wir warten einen Augenblick, bis sie aufhört.

      Die Straße ist dunkel. Nun, wo im Kino kein Licht mehr brennt, verbleiben nur die Straßenlaternen. Ich tänzle leicht, friere in meiner Jacke. Wenn all das vorher unwirklich war, ist es das jetzt umso mehr.

      „Alles okay?“, fragt Sebastian, ehe er sich mir zuwendet.

      Vielleicht ist ihm aufgefallen, dass ich nicht lächle. Ich nicke.

      „Mir ist nur ein bisschen kalt“, sage ich.

      Wir gehen los. Ich schiebe mein Fahrrad neben Sebastian her. Am Ende der Straße bleiben wir stehen. Einen Moment herrscht peinliche Stille. Sebastian sagt, er wohne ein gutes Stück von hier entfernt und sei mit dem Bus gekommen. Ohne darüber nachzudenken, frage ich, ob er mit zu mir will. Er lächelt sofort. Nimmt dankend an. Wir gehen weiter.

      „Willst du Fahrradfahren?“, fragt er.

      Ich habe keine Lust darauf, wenn er dabei neben mir her joggen muss. So meint er das aber nicht. Er nimmt mir den Lenker ab.

      „Steig auf“, sagt er und nickt in Richtung Gepäckträger.

      Erst weiche ich aus, aber wir sind allein auf der Straße. Also zupfe ich meinen Rock zurecht und sinke auf den Gepäckträger, genau wie ich es als Kind hunderte Male getan habe. Ich lache in den Himmel. Ich glaube, dass ich wirklich seit meiner Kindheit auf keinem Gepäckträger mehr gesessen habe.

      Erst wackelt das Fahrrad ein bisschen. Aufgrund des Gewichts fällt es Sebastian schwer, die Balance zu halten, doch innerhalb kurzer Zeit haben wir Fahrt aufgenommen, und es geht einfacher.

      Ich diktiere ihm von hinten, wo wir lang müssen, wann er abbiegen muss. Meine Hände lasse ich auf seinen Hüften weilen. Wenn er in die Pedale tritt, fährt ein kleiner Ruck durch seine Jacke. Ich sorge dafür, meine Beine weit genug hinten zu halten, damit er sie nicht mit den Pedalen trifft. Es muss schon schwer genug sein, überhaupt das Gleichgewicht zu halten. Das Metall des Gepäckträgers fühlt sich kalt an meinen Schenkeln an. Das macht nichts. Auf dem Fahrradweg lehne ich mein Gesicht vorsichtig an Sebastians Rücken. Ich rieche die Wolle seiner Jacke. Höre den Klang der Reifen auf dem Asphalt. Wir begegnen verblüffend wenigen Menschen auf dem Weg. Ich fühle mich erobert. Jung und begehrt.

      „Jetzt sind wir fast da“, sage ich und signalisiere Sebastian, er solle anhalten.

      Das letzte Stück gehen wir zu Fuß. Nach der Fahrradtour sind seine Wangen errötet. Weil ich fast den ganzen Weg die Luft angehalten habe, bin ich beinahe genauso außer Puste. Sebastian schiebt das Fahrrad neben mir her. Die letzten Schritte schweigen wir. Einzig das Klackern der Zahnräder ist zu hören.

      Ich schließe die Tür zum Treppenhaus auf und gehe in die Wohnung. Sebastian folgt mir schweigend. Als ich das Licht einschalte, schaue ich mich hastig um, um zu sehen, ob irgendetwas zu durcheinander ist, aber zum Glück bin ich ein verhältnismäßig ordentlicher Mensch mit Sinn für Ästhetik, es sollte also alles gut sein.

      „Cool“, sagt Sebastian und schaut sich um.

      Er geht an den Wänden entlang und betrachtet meine Kunst. Währenddessen murmelt er vor sich hin, und ich habe den Eindruck, dass sie ihn beeindruckt und zufrieden stimmt. Die meisten Kunstwerke habe ich mir nach der Scheidung zugelegt. Claus wollte die Bilder, die wir zusammen gekauft hatten, nicht aus der Hand geben, und schließlich trennte ich mich von nahezu allen, um ein noch größeres Drama zu vermeiden.

      Ich schalte mehrere kleine Lampen an, was für ein gemütliches Licht sorgt. Sebastian zieht seine Jacke aus, legt sie auf einen Stuhl und setzt sich auf das Sofa. In Windeseile hat er sich über die Bücher auf dem Couchtisch hergemacht und die Klappentexte gelesen. Wenn wir nicht reden, wirkt alles etwas unbeholfen. Er ist der erste Student, der privat bei mir ist. Zum Glück deutet alles darauf hin, dass er beeindruckt ist.

      Ich hole einen Wein aus der Küche. Für einen Moment bleibe ich stehen, lege zwei Finger an die Lippen. Ich höre, dass Sebastian im Wohnzimmer Musik angemacht hat. Nichts, was ich normalerweise höre. Sie läuft ganz leise, als ich zurückkomme. Ich will ihn alles Mögliche fragen, aber auf irgendeine Art fürchte ich, dass jede Frage mich wie seine Betreuerin und nicht wie seine Geliebte klingen lassen wird. Gemeinsam mit zwei Gläsern stelle ich den Wein auf den Couchtisch. Kurz bezweifle ich, dass unsere Liebeleien jetzt von vorn beginnen werden, doch sobald ich mich hinsetze, beginnt Sebastian, mich wieder zu küssen. Derartige Küsse bin ich nicht gewohnt, sie sind ausgedehnt und gierig. Seine Hand wandert schon wieder über meinen Oberschenkel. Vorsichtig ziehe ich die Füße aus meinen Schuhen. Sebastian verlagert sein Gewicht auf mich. Er beißt in mein Ohr. Ich kann seinen harten Penis an meinem Schoß spüren. Er zieht sein Hemd wieder aus und zieht meine Bluse aus dem Rock.

      „Ich will dich nackt sehen“, sagt er.

      Ich räuspere mich und richte mich auf. Langsam knöpfe ich die Bluse auf. Meine Brust ist gerötet. Sebastian berührt sie. Ich fühle mich, als wäre ich frisch verliebt. Danach öffne ich den Rock, schlüpfe so weiblich wie möglich heraus. Die Strumpfhose ist eng. Ich stehe auf. Sebastian küsst meinen Bauch und meine Schenkel. Nach jedem Kuss schaut er mir in die Augen. Dann zieht er die Nylonstrümpfe herunter, wie aus einer zweiten Haut steige ich aus ihnen heraus.

      Neben dem Kino ist meine Wohnung klein und privat. Ich fühle, dass ich hier sicherer bin, und es schmeichelt mir, dass Sebastian anscheinend Lust auf mehr hat. Er wirkt aufrichtig begierig. Er zieht mir den Slip aus. Nackt setze ich mich rittlings auf ihn. Seine Hände sind groß. Sie wandern über meinen Körper, und während seine Lippen leicht in meinen Hals und meine Brüste beißen, bewegt er den Unterleib vor und zurück. Ich lehne mich ein Stück nach hinten, während er seine Hose aufknöpft. Der Sex hier ist genauso intensiv wie im Kino. Sebastian hat ganz bestimmt nicht seine Potenz verloren. Die Hände leicht an meinen Hüften, führt er mich auf und nieder. Ich höre, wie meine Seufzer mit dem gewohnten Summen des Kühlschranks verschmelzen. Ich verlagere das Gewicht auf die Fußsohlen, sodass ich das Tempo selbst steuern kann. Sebastians Hände wandern auf meinen Hintern und folgen den Bewegungen. Meine Brüste schaukeln vor seinem Gesicht. Er betrachtet sie, stößt mit steigender Geschwindigkeit zu. Er umfasst meinen Leib, stößt noch ein paarmal vor, und sinkt nieder. Schon jetzt, nachdem wir erst zweimal miteinander geschlafen haben, erkenne ich seine Laute wieder. Er zieht sich heraus und lehnt sich so zurück, dass ich auf ihm liege.

      „Ich will, dass du auch kommst“, sagt er und küsst meinen Haaransatz.

      Es schmeichelt mir ungemein, dass er mich befriedigen will. Er ist reifer als meine früheren Männer, denen es ausnahmslos um den eigenen Orgasmus ging.

      „Zeig mir wie“, sagt Sebastian und führt meine Hand zwischen meine Beine, hält sie weiterhin fest.

      Ich liege rücklings auf ihm. Spreize die Beine und schließe die Augen. Die Haut unter unseren Fingern ist geschwollen und warm. Ich befriedige mich mit Sebastians Zeige- und Mittelfinger. Beide Beine liegen auf dem Sofatisch. Ich schwebe. Unter mir ist Sebastian ein lebendiges Fundament. Eine warme und starke Erde, zwei kräftige Arme, die mich tragen. Er hält mich fest, während ich mich dem Höhepunkt nähere. Ich halte mich nicht zurück, die Krämpfe strömen durch meinen Körper, während ich ihn an mich drücke.

      „Sowas Verrücktes habe ich noch nie erlebt“, sagt er anschließend.

      Wir schenken Wein in die Gläser. Ich mache Anstalten, mich wieder anzuziehen, aber davon hält Sebastian nichts. Stattdessen greift er nach der Decke auf der Armlehne und wickelt uns darin ein.

      Am nächsten Morgen werde ich von Sebastian wach, der sich anzieht. Ich sage erst einmal nichts, sondern schaue ihn nur an. Er sieht ernst aus. Ich sehe, wie er sich auf dem Sofa die Schuhe bindet. Dabei fällt sein Blick auf mich, und er merkt, dass ich wach bin.

      „Ich

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