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stimmt’s?“

      „Ach, ist das so schlimm? Ich finde, das läuft doch ziemlich gut.“

      Sie nahm die Zigarettenschachtel und klopfte eine Hvid Kings ohne Filter heraus, steckte sie zwischen die Lippen, ohne sie anzuzünden, und wartete darauf, dass er fortfuhr. Er wollte doch wohl um Himmels willen ihre Redaktion nicht schon schließen? Sie suchte in dem Chaos auf dem Tisch nach dem Feuerzeug.

      „Sowohl große als auch kleine Zeitungshäuser müssen dran glauben, und nun hatten einige von ihnen eine gute Idee. Sie tun sich mit einem großen, internationalen Medienhaus zusammen, das Niederlassungen in mehreren Ländern, unter anderem in den USA, England, Frankreich und Italien hat. Das in Dänemark soll Media House Denmark heißen und wird in ganz neuen Gebäuden am Hafen liegen.“

      „Und?“ Sie fand das Feuerzeug unter einem Stapel Notizen.

      „Der Redaktionschef, Joakim Boysen, hat mich kontaktiert. Ein supernetter Typ. So alt wie ich. Er hat vorgeschlagen, dass wir dem Haus als feste Journalisten angeschlossen werden, und …“

      „Ich will echt nicht mehr festangestellt sein! Schon gar nicht in einem großen, internationalen Konzern“, murmelte Anne und zündete die Zigarette an. Noch so ein zwanzigjähriger Grünschnabel mit großem Titel, dachte sie. Was wurde aus den alten und erfahrenen Redakteuren, wie es Ivan Thygesen beim Tageblatt gewesen war? Einer, der sich über Jahre hinweg von Grund auf in der Branche hochgearbeitet hatte und nicht bloß mit eingebildeter Erfahrung direkt von der Schulbank kam. Thygesen hätte sich natürlich nie auf diese Art moderner Nachrichtenvermittlung eingelassen. Was wohl eigentlich aus ihm geworden war?

      „Wir sollen auch nicht eingestellt werden, Anne. Alles bleibt wie jetzt, wir sitzen hier und arbeiten, aber unsere Artikel gehen nur an sie.“

      „Was meinst du damit – nur an sie?“

      „Das ist die Bedingung, in die wir im Vertrag einwilligen sollen. Wir dürfen keine Artikel für andere als Media House Denmark schreiben.“

      „Erbärmlich! Ein großer Mediengigant, der bloß die übrigen Zeitungen in den Abgrund schubst?“

      „Vielleicht. Aber sie können sich ja einfach anschließen, dann müssen sie nicht über die Klinge springen.“

      „Ich sehe, dass du von dieser Idee begeistert bist, Nicolaj. Aber findest du das in Bezug auf unser Konzept nicht verkehrt? Wir wollten ja gerade den kleinen Zeitungen beim Überleben helfen, indem wir ihnen über das Nachrichtenportal auf Freelancebasis Artikel liefern, sodass sie nicht notwendigerweise ihre eigenen Journalisten anstellen müssen, wenn die Finanzlage angespannt ist. Das war ein Erfolg, das musst du doch zugeben.“

      Nicolaj nickte, schluckte irgendetwas herunter und räusperte sich. Er lag ihm sehr daran, sie zu überzeugen, das konnte sie sehen.

      „Jetzt hör mal, Anne. Falls wir …“

      „Was soll aus www.nachrichten-online.dk werden? Unserem Nachrichtenportal. Soll das vielleicht einfach dichtgemacht werden?“

      „Nicht unbedingt. Darüber müssen wir mit Joakim sprechen.“

      Joakim! Nicolaj war bereits beim Vornamen.

      „Kennst du den Typ?“

      „Ein bisschen. Wir sind zusammen auf die Journalistenschule gegangen. Er ist echt ein feiner Kerl.“

      „Ich weiß nicht …“

      „Wir kriegen ein festes Gehalt, Anne. Ein dickes Gehalt. Schluss damit, nicht zu wissen, wie viel Geld am Monatsende zum Teilen übrig ist. Wir können international Karriere machen.“

      „Aber es dauert doch sicher lange, bis sie am Hafen bauen?“

      „Ja, das braucht natürlich seine Zeit. Aber in der Zwischenzeit haben sie einige große Räume im Brendstrupgårdsweg in Aarhus Nord gemietet.“

      Anne nickte nachgebend.

      „Hmm. Und wann sollen wir dann anfangen zu arbeiten – nur für sie?“

      „Sobald der Vertrag unterschrieben ist. Du willst also?“

      Anne machte sich normalerweise immer über die übertriebene Begeisterung lustig, die Nicolaj an den Tag legen konnte, wenn etwas nach seinem Kopf ging. Aber die Unsicherheit bei dem Beschluss rief kein Lächeln hervor. Das mit dem Geld war dennoch verlockend, musste sie zugeben. Die Miete für die Wohnung, in der sie aufgrund von Renovierungsarbeiten wohnte, war gerade erhöht worden, daher brauchte sie es. Und sie könnten ja zunächst mal einen befristeten Vertrag unterschreiben.

      „Wie lange gilt dieser Vertrag? Falls wir es bereuen und zurück zu dem Konzept der Freelance-Journalisten wollen würden?“

      „Ich bin mir sicher, dass wir Joakim problemlos zu einer Probezeit überreden können. Was sagst du, Anne?“

      Sie nahm einen tiefen Zug von der Zigarette und schüttelte den Kopf, aber trotzdem entwich ein „Meinetwegen“ zusammen mit dem Rauch, als sie ihn aussickern ließ.

      „Yes!“ Nicolaj stand auf und klatschte begeistert beide Hände fest auf den Tisch, sodass die Papiere tanzten. Einen Augenblick lang sah es aus, als ob er sich auch darüber werfen und sie umarmen wollte, aber das ließ er zum Glück bleiben. Dafür war sie auf jeden Fall nicht in der Stimmung. Gab es etwas zu bejubeln?

      „Jetzt fehlt uns bloß noch ein Fall, der unseren neuen Chefredakteur beeindrucken kann“, sagte er stattdessen.

      „Den haben wir schon“, meinte Anne ohne den gleichen Enthusiasmus wie ihr Partner.

      „Welchen? Ein Mord?“

      „Wie man’s nimmt. Ein Mann wurde von seinen eigenen Haustieren getötet, weil er sie rausgelassen hat, daher weiß ich nicht so recht.“

      „Warst du vor Ort?“

      Anne nickte, die Zigarette zwischen den Lippen festgeklemmt und das eine Auge aufgrund des Rauchs halb geschlossen. Sie drehte ihren Laptop, sodass der Bildschirm zu ihm zeigte.

      „Hier kannst du die Fotos sehen, die ich gemacht habe.“

      „Pfui Spinne!“ Nicolaj wich ein Stück zurück, als ob die Krabbeltiere daraus herausströmen würden, als sie weiter scrollte und das Bild der verpuppten Leiche den Bildschirm füllte.

      Anne nahm einen weiteren Zug von der Zigarette und legte sie in den Aschenbecher. Rieb sich die Augen.

      „Ja, das war kein schöner Anblick, und dabei ist hier noch nicht mal der Geruch dabei.“

      „Wer hat ihn gefunden?“

      „Ich.“

      „Du?! Geil!“

      Anne erzählte ihm von Freddys Anruf und all den Spinnweben auf dem Feld beim Fajstrup Krat. Dem Sägewerk und ihrer Idee, den merkwürdigen Mann zu besuchen, der beim Bauern warme Eier in einer bestimmten Größe kaufte.

      „Du hast Fotos von Natalie bei der Arbeit gemacht – und den Kriminaltechnikern. Wie hast du … war es, weil du den Fund gemacht hast, dass Benito dich nicht sofort rausgeworfen hat?“

      „Benito macht Urlaub in seinem Heimatland, er war nicht da. Wusstest du das nicht?“ Der Tonfall verriet, dass sie darüber verstimmt war, ihn nicht getroffen zu haben. Sie hatten lange nicht miteinander gesprochen.

      „Er ist nicht in Urlaub, Anne. Er ist suspendiert. Kommt sicher nie mehr zurück. Sieh den Tatsachen ins Auge.“

      Aber das war genau der Gedanke, den sie sich zu denken weigerte. Nicolaj war mit dem Benito-Fall beschäftigt, er verfolgte laufend die Entwicklung und war dabei, den Vorfall zu untersuchen und Rolands Vergangenheit zu durchforsten. Selbstverständlich hatte er etwas falsch gemacht. Etwas Illegales. Besonders als Kriminalkommissar, aber wer hätte als richtiger Mensch aus Fleisch und Blut und Gefühlen nicht so gehandelt wie er?

      „Weißt du was?“

      „Ich

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