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von Bildveränderung und Bildkonstanz. Die Bildkomposition ist dagegen bei der AudiodeskriptionAudiodeskription besonders wichtig. Je üppiger sie ist, je stärker sie bedeutungstragend wirkt, desto schwieriger ist die Entscheidung, was man beschreiben muss und was nicht.

      Von Laien wenig beachtet wird das Problem der BeleuchtungBeleuchtung. Die Bildstimmung durch eine bestimmte Lichttemperatur (warmes gelbes oder kaltes blaues Licht) kann für die Audiodeskription wichtig sein; sonst fällt sie aus Zeitgründen meist aus der Beschreibung heraus. Bei der Synchronisation und beim Voice-over spielt die Beleuchtung für übersetzerische Entscheidungen keine Rolle. Siehe aber Bräutigams oben zitiertes leidenschaftliches Plädoyer gegen Untertitel, die die Farbstimmung stören.

      1.5.2 Tonspur

      Die endgültige Tonspur eines Films wird aus verschiedenen Tonspuren zusammengemischt, wobei man heute, im Zeitalter der Digitalisierung, eigentlich von Tondateien sprechen müsste. Der Begriff „Tonspur“ stammt noch aus den Zeiten des Tonbandes, ist aber sehr anschaulich und wird daher weiterhin benutzt. Wir können uns diese Tonspuren so nebeneinander aufgereiht vorstellen wie Spuren auf einer Autobahn.

      Für unsere Arbeit sind nicht alle dieser Tonspuren gleich relevant. Wie bei der Bildgestaltung sollte man aber auch Grundlagenwissen zur Tongestaltung haben. Besonders bei Verfahren des Re-Voicing bzw. RevoicingRevoicing wie AudiodeskriptionAudiodeskription, Voice-overVoice-over und SynchronisationSynchronisation muss man auch die Tonspuren im Blick haben, die man nicht bearbeiten wird oder gar nicht bearbeiten kann.

      Bei Filmbearbeitungsprogrammen sieht man diese parallelen Tonspuren untereinander. Bei der Arbeit mit vorproduzierten Filmen im Unterricht sieht man zumindest die Spur für den abgemischten FilmoriginaltonOriginalton und die selbst erzeugte(n) Tonspur(en); bei UntertitelungsprogrammenUntertitelungsprogramm sieht man normalerweise nur eine, bereits abgemischte Tonspur. Im Grunde genommen gibt es bei professionell gemachten Filmen je mindestens eine Tonspur für die Dialoge, für die Begleitmusik und für die HintergrundgeräuscheHintergrundgeräusch. Letztere wird auch als Atmo-SpurAtmo-Spur bezeichnet, von Atmosphäre. Dazu kann eine weitere eingesprochene Tonspur kommen, die KommentarspurKommentarspur, die im Journalismus häufig genutzt wird. Für den Synchronvorgang wichtig ist das ITIT (International TapeInternational Tape, im Deutschen oft verdoppelt IT-BandIT-Band), das internationale Band, auf dem alle Filmtonbestandteile bis auf die Dialoge enthalten sind. Es wird für die internationale Bearbeitung durch Synchronstudios hergestellt. Toningenieure unterscheiden eine größere Zahl von Tonspuren (dazu einführend Beilharz 2008 oder ausführlicher Lensing 2009).

      Die ursprünglichen Spuren können unabhängig voneinander bearbeitet werden. Dies geschieht bereits beim Originalfilm, bei dem die Spuren im Studio „abgemischt“ werden. Die FilmmusikMusikFilmmusikFilmmusik wird eingespielt, vielleicht lauter und leiser gedreht, die StimmenStimme werden oft schon in der Originalsprache nachsynchronisiert, wenn die Tonqualität zu schlecht ist. Später wird den Stimmen eventuell noch künstlicher Hall zugesetzt oder andere Veränderungen werden vorgenommen.

      Bei der SynchronisationSynchronisation wird die Original-DialogspurDialogspur durch eine neue ersetzt – als bekäme eine Autobahnspur einen neuen Belag. Beim Hörfilm und bei der Voice-over-Übersetzung kommt jeweils eine neue Tonspur dazu. Die Autobahn wird ausgebaut.

      1.5.3 Texte

      Filme liegen fast immer zunächst als Texte vor; improvisierte Filme sind die Ausnahme, wobei die Wiederholungen und abgebrochenen Sätze der natürlichen Sprache eine besondere Herausforderung darstellen.. Bei „normalen“ Filmen gibt es ein DrehbuchDrehbuch sowie ein DialogbuchDialogbuch oder eine DialoglisteDialogliste.

      Drehbücher enthalten sämtliche Angaben, die der Regisseur, die künstlerisch-technischen Mitarbeiter (Kamera, Beleuchtung) und die Schauspieler benötigen. Daher sind sie relativ dick. Jede Bewegung, jede KameraeinstellungKameraeinstellung wird geplant bzw. dokumentiert. Diese Texte erhält der Übersetzer normalerweise nicht. Das Drehbuch gehört zur PräproduktionPräproduktion; oft erhalten Übersetzer ein PräproduktionsskriptPräproduktionsskript, jedoch nur in Form von Dialoglisten ohne ausführliche Produktionsplanung. Das PostproduktionsskriptPostproduktionsskriptpre-production scriptpost-production scriptContinuity1 stellt den Endzustand des Filmtextes dar und hat Dokumentationscharakter. Für die AV-Übersetzung ist es ideal, da beim Filmen veränderte Texte hier dokumentiert sind. Näheres dazu findet sich in diesem Kapitel bei Unterrichtsmaterialien.

      Alle Filme entstehen in ihrer endgültigen Form erst im Schneideraum, aber bei DokumentarfilmenDokumentarfilm ist das besonders augenfällig. Sie enthalten authentisches, unbearbeitetes Material, das erst in eine ansprechende Form gebracht werden muss. So können aus zehn Stunden mit Tieren vor der Kamera zwanzig Minuten Film werden. Dazu kommt, dass Dokumentarfilme oft spontan gesprochenen Text enthalten, etwa Interviews. Diese Filmteile müssen nicht nur geschnitten werden – sie liegen als schriftlicher Text überhaupt nicht vor und dieser muss von einem SkriptdienstSkriptdienst erst bei Ansicht des Films erstellt werden, falls der Film in irgendeiner Form übersetzt werden soll.

      Wer nicht mit Dokumentarfilmen arbeitet, arbeitet also ausschließlich mit künstlichen Texten (wobei auch Dokumentarfilme nicht ausschließlich natürliche Texte enthalten, sondern auch Moderatorentexte u.ä.). Es sind schriftliche Texte, die für die mündliche Wiedergabe gedacht sind, die aber die Unsauberkeiten authentischer mündlicher Sprache nur in Ausnahmefällen enthalten (dazu ausführlich Remael 2008) und die oft die Handschrift eines Autors tragen. Dies macht einen großen Unterschied bei der Arbeit.

      Zur Drehbuchübersetzung gibt es weitere Informationen im Kapitel zur Synchronisation. Drehbücher werden auch für andere Zwecke übersetzt als zur Synchronisation oder Untertitelung, zum Beispiel, um im Rahmen einer internationalen Filmförderung das Drehbuch allen Juroren zugänglich zu machen.

      Texte sind nicht einfach nur Rohmaterial; man muss verstehen, welche Erwägungen bei ihrer Gestaltung mitgespielt haben. Es ist für AV-Übersetzer daher sinnvoll, sich mit Fragen der Plot- und Charakterentwicklung zu beschäftigen, denn das Ausgestalten von Figuren und ihren Stimmen ist hilfreich, um auch beim Übersetzen die Besonderheiten einer Stimme zu erhalten und ein Gespür für die passende Sprache zu bekommen. Eine gut lesbare Einführung für Laien ist Benedict 2014.

      1.5.4 Der Timecode

      Im Kino und im Fernsehen sieht man keinen TimecodeTimecode. Der Timecode zeigt an, an welcher Stelle im Film man sich gerade befindet. Er besteht aus vier zweistelligen Ziffern, die durch Doppelpunkte getrennt werden. Ein typischer Timecode sieht folgendermaßen aus: 01:20:40:14. Das bedeutet, dass der Film eine Stunde, zwanzig Minuten, vierzig Sekunden und 14 EinzelbilderEinzelbild (so genannte FramesFrame) lang gelaufen ist. Also 80 Minuten, vierzig Sekunden und 14 Fünfundzwanzigstelsekunden. Auf Abspielgeräten sieht man die Einzelbildkategorie nur, wenn der Timecode Teil des Films ist. Bei Filmen, die man für eine Voice-overVoice-over-Übersetzung erhält, ist das der Fall. ArbeitskopienArbeitskopie von Filmen haben oft einen groß in das Filmbild integrierten Timecode. Das liest sich gut – und es vermeidet, dass jemand vielleicht der Versuchung doch nicht widerstehen kann und die Filmkopie zum Verkauf anbietet.

      Die Anmerkung mag banal wirken, aber man muss immer darauf achten, dass Stunden und Minuten sechzig Einheiten haben, nicht hundert. Hier kommt es gerne mal zu Rechenfehlern. Einzelbilder hat man bei den meisten Filmformaten 25 pro Sekunde, so dass hier schon nach der 24 zur nächsten Sekunde geschaltet wird. Bei Profi-Untertitelungssoftware kann man auch Filme mit anderen Einzelbildzahlen (z. B. 29 Frames pro Sekunde) einspeisen. Das Programm passt die Zählung automatisch an.

      Bei den heutigen Untertitelungsprogrammen und bei anderen Filmbearbeitungsprogrammen wird der Timecode automatisch angezeigt. Wenn man ein gutes Filmskript hat, steht bei jedem Texteinsatz, Tonwechsel und jedem Wechsel von EinstellungKameraeinstellung und SchnittSchnitt der Timecode. Man kann über den Timecode gezielt bestimmte Stellen im Film anfahren und bearbeiten.

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