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heute Künstler*in, war das etwa nur eine Illusion?

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      Nottingham, 1995

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      Kassel, 1997

      Und so wurden auf der Suche nach einer eigenen kollektiven Arbeitsform die gesellschaftlichen Klischees vom Arbeitsleben mit den eigenen Realitäten und Erwartungen abgeglichen.

      »Das, was ich lebe, ist das Einzige, worüber ich sprechen kann«, so Johanna Freiburg über das radikal subjektive Credo der künstlerischen Arbeit. Schon in der Aufzählung einiger Projekttitel wird dieser Leitgedanke deutlich: Close Enough To Kiss (1997), Say It Like You Mean It – The Making Of A Memory (2000), Where Do You Want To Go To Die? (2000) oder Room Service (Help Me Make It Through The Night) (2003). Dabei geht es nicht um Selbstdarstellung oder eine Behauptung von Authentizität, sondern vor allem um Kommunikation und die Suche nach anderen Formen des Zusammenseins. »Selbst wenn jede Arbeit ihren Beginn in unseren eigenen Leben findet, geht es dabei nie um mich und nur um mich oder andere einzelne Individuen«, sagt Johanna Freiburg. »Es geht immer um eine Gruppe von Menschen und ihre Beziehungen zueinander.«

       »GOB SQUAD – EIN ZWITTERWESEN AUS SIEBEN KONTROLLFREAKS, EINE BORG, EINE PATCHWORKFAMILIE, EINE SOZIALE UTOPIE«

      Die eigene kollektive Arbeitspraxis auszubauen und gegen all die Widerstände zu behaupten, die ein neoliberaler gesellschaftlicher Rahmen mit sich bringt, war für Gob Squad von Anfang an Programm. »Von Zeit zu Zeit produzieren wir Performances, aber immer produzieren wir Gob Squad. Gob Squad ist das permanente Projekt«, betont Sarah Thom.

      Die kollektive Herangehensweise führte anfangs in der öffentlichen Wahrnehmung mitunter zu Missverständnissen. War es doch in den 1990er Jahren wenig verbreitet, zumindest in der deutschen Theaterszene, das klassische Muster zwischen Autor*in, Regisseur*in und Schauspieler*innen einfach aufzubrechen und zu unterlaufen.

      So wurde einer der ersten internationalen Erfolge der Gruppe, 15 Minutes to Comply (1997) bei der documenta X in Kassel, in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Stefan Pucher, zunächst dem einzig lesbaren Beteiligten, nämlich dem Regisseur, zugeordnet.

      Dies war befremdlich, insbesondere für die englischen Gruppenmitglieder, denen die Mechanismen des deutschen Stadttheaters bis dahin so gut wie unbekannt waren. Theater als hierarchische Unternehmung, das war einfach viel zu weit weg von der eigenen Praxis.

      Letztlich bedeutete dieses Missverständnis für Gob Squad nur eine Bestätigung dafür, den eigenen Arbeitszusammenhang weiter zu vertiefen. Dazu gehört es auch, die Verantwortung jedes/jeder Einzelnen für ein gemeinsames Ganzes als unverzichtbaren Teil des Konzepts zu verstehen. Das Konstrukt, dass jeder ersetzbar sein kann, bestimmt die Praxis. Die Ideen und Konzepte sind nicht einer Person, einem Genie, zuzuordnen – wie das nach wie vor gern gedacht wird – nein, Gob Squad stellen sich bewusst gegen Einzelpositionen und favorisieren die kollektive Autorschaft der Gruppe. Bastian Trost beschreibt diesen Prozess so: »Meistens entwickeln und proben wir mit bis zu zehn Leuten, die Vorstellung spielen allerdings nur vier oder fünf. Die wiederum wechseln in der Besetzung. Nie spielt eine oder einer die Rolle einzig und allein. Das verhilft uns zu einmaligen Konstellationen, auf die die Zuschauer*innen nur an diesem einen Abend treffen. Das ist die Kraft, die wir haben wollen, auch im Vergleich zu anderen Medien. Performance hat, gerade wenn man vom Theater kommt, die größere Kraft des Augenblicks.«

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      Podewil, Berlin, 1997

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      Am TAT, Frankfurt/Main, 1998

      Dass eine bestimmte Rolle nur einer Person zuzuordnen wäre, ist bei Gob Squad nicht vorgesehen. Auf den Proben wird das feststehende Gerüst des Stücks entwickelt, das die verschiedenen Parts umfasst, die alle spielen können. Einziger Unterschied sind die jeweiligen persönlichen Geschichten, mit denen man die Rolle füllt.

      Statt der üblichen Figuren im dramatischen Theaterkanon geht es für die Darsteller*innen um Aufgabenbereiche und Spielregeln, die klar definiert sind und eine festgelegte Zeitstruktur haben. Dies dient als Rahmen, der dann auch Improvisation zulässt.

      Nach Auftritten in Nottingham, Gießen und Frankfurt am Main und ihrem ersten international beachteten Erfolg bei der documenta X waren Gob Squad 1997 beim Festival »Live Art – New Theatre for the 90s« erstmals nach Berlin ins Podewil eingeladen. Hier zeigten sie Close Enough To Kiss, ihre erste abendfüllende Performance im Theaterraum. Ein Jahr später bezogen sie im Podewil als Artists in Residence ein eigenes Studio. So verschob sich Ende der 1990er Jahre der Arbeits- und Lebensmittelpunkt der Gruppe nach Berlin. Obwohl sie oft zu hören bekamen, dass sie eigentlich zu spät in der Stadt gelandet waren und die »große Party« schon lange vorbei war, gab es viel Neues zu entdecken.

      Schon bald wurde auch ihre neue Produktion What Are You Looking At? (1998) – eine Art Live-Installation – zum Publikumsmagneten der Ausstellung Berlin Biennale. Der Raum bildete, wie so oft in ihren Arbeiten, den entscheidenden Ausgangspunkt. Feiernd in wechselnden Outfits, verbrachten die Performer*innen mehrere Stunden in einer innen und außen verspiegelten Box. Nur die Zuschauer*innen konnten hineinsehen. Es entstand ein scheinbar geschützter, intimer Raum, der bald ein Eigenleben entwickelte und Privatheit und Öffentlichkeit in ein neues Verhältnis setzte: »Die Verbindung von Nähe und medialer Vermittlung spiegelt eine entfremdete Intimität, in der wir eines der wichtigsten Themenfelder unserer Zeit sehen«, sagt Berit Stumpf.

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      Volksbühne im Prater, Berlin, 2004

      Eine faszinierende, kluge Vorwegnahme von Reality-Formaten. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Akteur*innen den Prozess hier selbst steuern konnten und die Kontrolle über die Kameras um sie herum wesentliches Element der Darstellung bleibt.

      Mit Safe (1999) betraten die Performer*innen zum ersten Mal direkt die Bühne als Spielort, ohne sich in einem verspiegelten Kasten, wie zum Beispiel auch in Close Enough To Kiss, vom Publikum abzugrenzen.

      Um die Nullerjahre herum standen Veränderungen an. Im Jahr 2001 verließen die beiden Gründungsmitglieder Alex Large und Liane Sommers die Gruppe, andere kamen hinzu. Simon Will, erst als Produzent tätig, wurde bereits 1999 neues Gruppenmitglied, später Bastian Trost im Jahr 2003 und zuletzt Sharon Smith, die 2007 erstmals bei Gob Squad’s Kitchen dabei war.

      Nach dem Studio im Podewil bezogen sie 2003 ein Ladenbüro in der Torstraße. Ab 2005 wohnten dann alle in Berlin, damals schon eine Stadt, die sich in den über zehn Jahren seit Gründung der Gruppe rasant verändert hatte. Als sie sich die Miete in Mitte dann nicht mehr leisten konnten, zogen sie in einen bis heute bestehenden Arbeitsraum nach Kreuzberg. Ihre neuen Produktionen entstanden in dieser Zeit an der Volksbühne im Prater und im HAU Hebbel am Ufer in Berlin.

      Im Laufe der Jahre entwickelten sich enge Kooperationen mit verschiedenen Kolleg*innen, u. a. mit Sebastian Bark und Jeff McGrory (Ton), Miles Chalcraft (Video/Computer) und Chris Umney (Technik) sowie u. a. mit Mat Hand, Tatiana Saphir und Laura Tonke als Gastperformer*innen. Eva Hartmann ist langjährige Managerin von Gob Squad; Ayla Suveren (Produzentin UK) und Christina Runge (Produzentin/Dramaturgin) gehören kontinuierlich zum Mitarbeiter*innenpool.

       »UNS GEHT’S SO. WIE GEHT’S EUCH?«

      Ob installativ, ortsspezifisch oder im Theaterraum, bei allen Arbeiten fangen Gob Squad immer mit Räumen und Bildern an. Der Raum, der Ort gibt etwas vor, er ist das »Skript«, das Regiebuch. Dabei den Spielort jeweils neu als Begegnungsort zwischen Zuschauer*innen und Darsteller*innen zu thematisieren, gewann im Laufe

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