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wenn auch kurze Karriere durchlaufen. Er starb im Alter von bloß 45 Jahren 1965 an Lungenkrebs. Begleitet wurde Nat King Cole in Wien von der fulminanten Quincy Jones Big Band.

      1959 war der Posaunist Kid Ory aus New Orleans in der Wiener Stadthalle und am 16. März 1961 brachte Vibrafonist Lionel Hampton (1908–2002) mit seinem Orchester hier das Publikum im wahrsten Sinn des Wortes zum Toben. Von diesem Energiebündel werde ich später noch anhand eines Konzertes, das ich zu »Hamp’s« 90. Geburtstag im Konzerthaus veranstaltet habe, berichten. Im Lionel Hampton Orchestra spielten im Laufe der Jahrzehnte so geniale Musiker wie Illinois Jacquet, Dexter Gordon, Quincy Jones, Clifford Brown oder Kenny Dorham. Hampton war übrigens, für afroamerikanische Jazzer eine Seltenheit, Republikaner. Und so hielt auch der frühere republikanische Präsident George Bush sen. bei der Trauerfeier für Lionel Hampton eine Rede.

      Wie gesagt, die Jazzszene im Wien der 1950er- und 1960er-Jahre war sehr rege. Das wenige, das ich damals als Kind davon mitbekam, stimulierte mich weiter, Jazzmusik zu hören, Platten zu sammeln und Konzerte zu besuchen. Im Bundesgymnasium 19 hatte ich zudem einen hervorragenden Musikprofessor. Herbert Tachezi, der als Orgelvirtuose weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt wurde, vermittelte mir musiktheoretische Erkenntnisse zum Thema Jazz. Ich begann mich in die verfügbare Fachliteratur zu vertiefen und abonnierte den Jazz-Zyklus der Musikalischen Jugend im Konzerthaus. Verantwortlich hierfür war damals Joachim Lieben (1930–2008), der später die Konzertreihe »Stimmen der Welt« ausrichtete und sich ungeheure Verdienste für die Propagierung nicht nur von Jazz, sondern auch Blues, Pop oder Chanson in Wien erwarb. Dazu kam, dass im Art Center oder im Café Josephinum in der Währinger Straße fallweise ein prominenter Jazzmusiker auftrat. Ich erinnere mich etwa an einen Abend mit dem Saxofonisten Julian »Cannonball« Adderley, der von der Österreichischen Jazzföderation unter Leitung von Johann Fritz, dem späteren Spitzenmanager des International Press Institute (IPI), für einen Auftritt ins Konzerthaus geholt worden war und danach im Josephinum mit Friedrich Gulda jammte.

      Günther Schifter und Walter Richard Langer gestalteten ebenso kurzweilige wie informative Jazzsendungen im Österreichischen Rundfunk. Langer hatte sogar ein paar Jahre eine eigene Jazzsendung im Fernsehen. Natürlich war Jazz auch damals ein Minderheitenprogramm, aber im Fernsehen interpretierte man nach der Rundfunkreform, von der noch ausführlich die Rede sein wird, seinen Kulturauftrag noch so, dass man einer so wichtigen zeitgenössischen Musikrichtung wie dem Jazz einen gebührenden Platz im Programm einzuräumen habe. Die Sendungen von Schifter und Langer sog ich gleichsam akustisch auf und profitierte von ihrer Art der Präsentation des Jazz im Radio, als ich viel später, in den 1980er-Jahren, selbst im ORF einige Jahre eine Jazzsendung (»That’s Jazz & Kunz«, Mittwoch um 21.05 Uhr in Ö 3) moderierte. Für dieses wöchentliche Einstundenprogramm interviewte ich alle Stars, die gerade in Wien waren. So auch Ella Fitzgerald, die »First Lady of Jazz«, die während des Interviews einen Song aus »My Fair Lady« trällerte.

      Während ich mich, wie gesagt, schon als Kind für Jazz zu interessieren begann, hatte meine Mutter in den 1950er-Jahren wenig Glück mit ihrem Versuch, mich für die Operette zu begeistern. Nach einem Besuch einer »Bettelstudent«-Aufführung in der Volksoper soll ich auf ihre Frage, wie es mir gefallen habe, geantwortet haben: »Sehr gut – bis auf die Musik.« Ein gewisses Verständnis für die Operettenmusik vermittelte mir erst viel später mein Freund Harald Serafin mit seinen opulenten Aufführungen im sommerlichen Mörbisch.

9 Die »Goldene Ära«des Wiener Kabaretts

      Bei Abendgesellschaften in der Reithlegasse oder Restaurantbesuchen etwa beim Eckel in der Sieveringer Straße, der bis heute mein Lieblingsrestaurant ist, mit »Onkel Julius« Kunz lernte ich schon im Kindesalter interessante Persönlichkeiten des Wiener Kulturlebens der Nachkriegszeit kennen. Darunter war Anton Karas, ein Zitherspieler und Heurigenbesitzer. Der gelernte Schlosser spielte als Autodidakt, ohne Noten lesen zu können. Weltbekannt wurde Karas 1948 durch das von ihm komponierte und vorgetragene »Harry-Lime-Thema« in Carol Reeds erfolgreichem Tonfilm »Der dritte Mann« (Drehbuch: Graham Greene). Auch Heinz Conrads, der beliebte Schauspieler und Conférencier, verkehrte im Kreise unserer Familie. Conrads, der zunächst im Wiener Kabarett Simpl und in mehreren Theatern auftrat, wurde ab 1946 durch seine sonntägliche Radiosendung »Was gibt es Neues?« bekannt und moderierte ab 1957 auch eine Fernsehsendung gleichen Titels. Auch den legendären Komiker Ernst Waldbrunn lernte ich früh persönlich kennen. Seine Doppelconférencen mit Karl Farkas im Simpl wurden zu Kabarettklassikern.

      Apropos Kabarett: Schon als Jugendlicher besuchte ich mit meiner Mutter nicht nur das Kabarett Simpl, wo Karl Farkas das Publikum durch Jahrzehnte zu Begeisterungsstürmen hinriss. Farkas, der in der Ersten Republik mit dem genialen Fritz Grünbaum aufgetreten war, konnte aus dem Stegreif Pointen liefern, schrieb Revuen sowie Operettenlibretti und hatte regelmäßige Fernsehsendungen. Von Fritz Grünbaum (1880–1941) gibt es nur einige wenige Plattenaufnahmen. Er war zunächst Conférencier im Wiener Kabarett »Die Hölle«, wurde dann von Rudolf Nelson nach Berlin geholt und gehörte ab 1914 dem Simpl an, wo er nach Ende des Ersten Weltkrieges wieder arbeitete. 1921 wurde der junge Farkas, 13 Jahre jünger als Grünbaum, dort als Blitzdichter engagiert. Jetzt entstand die Doppelconférence. Leider gibt es keine gemeinsame Plattenaufnahme von Grünbaum und Farkas. Auch von Karl Farkas (1893–1971) gäbe es bloß 54 Plattenaufnahmen, wäre ihm nicht – im Gegensatz zu Fritz Grünbaum – die Flucht vor den Nazis geglückt. Übrigens hat Bruno Kreisky in seinen Memoiren berichtet, dass er gemeinsam mit Fritz Grünbaum seinerzeit in einem Gestapo-Notgefängnis in der Karajangasse den ganzen Tag im Kreis gehen musste, was den berühmten Kabarettisten zu der Bemerkung veranlasst habe: »Und die draußen glauben, wir sitzen.«

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      Beim Heurigen Anton Karas (1960).

      Mehr noch als das Kabarett Simpl hat mich die Kabarett-Truppe im Theater am Kärntnertor begeistert. Hier boten Gerhard Bronner, Helmut Qualtinger, Louise Martini, Carl Merz und Georg Kreisler scharfes, politisch angriffiges Kabarett. »Der Papa wird’s schon richten«, »Der g’schupfte Ferdl«, »Der Bundesbahnblues« oder »Die alte Engelmacherin« gehörten zu den umjubelten Hits dieser begnadeten Truppe. Und »Der Herr Karl«, eine von Carl Merz für Helmut Qualtinger geschriebene Selbstdarstellung eines Wiener Opportunisten, die ich natürlich auch gesehen habe, wurde zu einem zeitlosen Monument der gesellschaftskritischen Kleinkunst. Qualtinger bin ich oft begegnet, weil er ganz in meiner Nähe in einer Siedlung in der Traklgasse wohnte. Und ich lauschte ein paar Mal des Nachts in seinem Lieblingslokal Falstaff bei der Volksoper seinen geistreichen Schrullen. Spiritus Rector war aber Gerhard Bronner, der mit 15 Jahren 1938 illegal emigriert war. Seine Familie starb im Holocaust. Auf abenteuerlichen Wegen floh er von Brünn nach Palästina, um nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich zu einer Kabarett-Institution zu werden. Mit Bronner verband mich viele Jahre später eine Freundschaft, und ich habe auch Kabarettabende mit ihm veranstaltet. Von Gerhard Bronner wird später wieder die Rede sein. Er war nicht nur ein toller Interpret, sondern auch ein genialer Texter, Komponist und Pianist. In seinen Urteilen über andere Künstler war er oft zu apodiktisch. Er verdammte etwa in den 1960er-Jahren die Beatles, denen er eine kurze Karriere vorhersagte. Ein großer Irrtum, wie wir heute wissen. Bronners Sohn Oscar tat sich durch erfolgreiche Mediengründungen hervor und ist heute Herausgeber des »Standard«.

      Aufs Korn genommen wurde von Kabarettisten auch der populäre Bundeskanzler und dann – zur Zeit des Staatsvertragsabschlusses 1955 – Außenminister Leopold Figl. Er saß nahezu täglich ab 17.00 Uhr an seinem Stammtisch beim Heurigen Mayer am Pfarrplatz, wo er mit dem Seniorchef des Lokals Karten spielte und dem Wein zusprach. Er fiel mir immer auf, wenn wir von »Onkel Julius« Kunz zum Mayer am Pfarrplatz eingeladen wurden, etwa um einen frühen Abend mit dem Komponisten Robert Stolz und seiner Frau Einzi zu verbringen.

      In Österreich gibt es heute tolle junge Kabarettisten, aber das klassische politische Kabarett scheint ausgestorben zu sein, sieht man von dem scharfzüngigen Werner Schneyder ab.

      Frühreif wie ich war, hatte ich bald erste Flirts. Den ersten Kuss tauschte ich übrigens im Alter von zehn Jahren mit einer Schulkollegin

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