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Der Trotzkopf. Emmy von Rhoden
Читать онлайн.Название Der Trotzkopf
Год выпуска 0
isbn 9783849615390
Автор произведения Emmy von Rhoden
Издательство Bookwire
Die Wahrheit dieser Worte leuchtete Herrn Macket ein, aber die Liebe zu seinem Kinde ließ es ihn nicht laut eingestehen. Der Gedanke, dasselbe von sich zu geben, war ihm furchtbar. Nicht täglich es sehen und hören zu können, – ihm war als ob die Sonne plötzlich aufhören müsse zu scheinen, als solle ihm Licht und Leben genommen werden.
Frau Anne empfand, was in ihres Mannes Herzen vorging, liebevoll trat sie zu ihm und ergriff seine Hand.
"Denke nicht, daß ich hart bin, Richard, wenn ich für den Vorschlag unsres Freundes stimme," sagte sie. "Ilse steht jetzt auf der Grenze zwischen Kind und Jungfrau, noch hat sie Zeit, das Versäumte nachzuholen und ihre unbändige Natur zu zügeln. Geschieht das nicht, so könnte man eines Tages unser Kind als unweiblich bezeichnen, wäre das nicht furchtbar?"
Er hörte kaum, was sie sprach. "Ihr wollt sie einsperren," sagte er erregt, "aber das hält sie nicht aus. Laßt sie erst älter werden, es ist dann immer noch Zeit genug, sie fortzugeben."
Dagegen protestierten Frau Anne und der Prediger auf das entschiedenste; sie bewiesen, daß jetzt die höchste Zeit sei, wenn die Pension noch etwas nützen solle.
"Ich wüßte ein Institut in W., das ich für Ilse ausgezeichnet empfehlen könnte," erklärte der Prediger. "Die Vorsteherin desselben ist mir genau bekannt, sie ist eine vorzügliche Dame. Neben der Pension, die unter ihrer Leitung herrlich gediehen ist, hat sie eine Tagesschule in das Leben gerufen, die sich von Jahr zu Jahr vergrößert hat. Ilse würde den besten Unterricht und die liebevollste Pflege vereint finden. Und welch ein Vorzug ist nicht die wunderbare Lage dieses Ortes. Die Berge ringsum, die kostbare Luft – – –"
"Ja ja," unterbrach ihn Herr Macket unruhig und abwehrend, "ich glaube das alles gern! Aber laßt mir Zeit, bestürmt mich nicht weiter. Ein so wichtiger Entschluß, selbst wenn er notwendig ist, bedarf der Reife." –
Er kam schneller als er geglaubt hatte. –
Am andern Morgen, es war noch sehr früh, traf der Oberamtmann sein Töchterchen, wie es eben im Begriffe war, hinaus auf die Wiese zu reiten, um das Heu mit einzuholen. Ungeniert hatte Fräulein Ilse sich auf eines der Pferde, das vor dem Leiterwagen gespannt war, von dem Kutscher hinaufheben lassen, derselbe stand auf dem Wagen und hielt die Zügel in der Hand.
"Guten Morgen, Papachen!" rief sie ihm laut schon von weitem entgegen, "wir wollen auf die Wiese fahren, das Heu muß herein; der Hofmeister sagt, wir bekommen gegen Mittag ein Gewitter. Ich will gleich mit aufladen helfen!"
Der Vater hatte heute nicht die unbefangene Freude an dem Wesen seines Kindes, ihm fielen die Worte seiner Frau vom gestrigen Abend ein. Ilse sah wenig weiblich in diesem Augenblicke aus, eher glich sie einem wilden Buben. Wie ein solcher saß sie auf dem Pferde und hatte die Füße an beiden Seiten herunterhängen. Das kurze blaue Kleid deckte dieselben nicht, man sah den plumpen, hohen Lederstiefel und noch ein Stück des bunten Strumpfes. Es war wahrlich kein schöner Anblick.
"Steig’ herab, Ilse," sagte Herr Macket, dicht zu ihr tretend, um ihr beim Heruntersteigen behilflich zu sein, "du wirst jetzt nicht auf die Wiese reiten, hörst du, sondern deine Aufgaben machen."
Es war das erste Mal in ihrem Leben, daß der Vater in so bestimmter Weise zu ihr sprach. Im höchsten Grade verwundert blickte sie ihn an, aber sie machte keine Miene, seiner Aufforderung Folge zu leisten. Sie schlug die Arme ineinander und fing an, herzlich zu lachen.
"Hahahaha! Arbeiten soll ich! Du kleiner reizender Papa, wie kommst du denn auf diesen komischen Einfall? Mach’ nur nicht ein so böses Gesicht! Weißt du, wie du jetzt aussiehst? Gerade wie Mademoiselle, die letzte, Papa, von den vielen, – wenn sie böse war! ›Fräulein Ilse, gehen Sie auf Ihr Zimmer mais tout-de-suite. Aben Sie mir compris!‹ Dabei zog sie die Stirn in Falten und riß die Augen auf – so", und sie versuchte es nachzuahmen. "Oh, es war zu himmlisch! Adieu Papachen, zum Frühstück komm’ ich zurück!"
Sie warf ihm noch eine Kußhand zu, lachte ihn schelmisch an und fort ging’s im lustigen Trabe hinaus auf die Wiese in den taufrischen Sommermorgen hinein.
Herr Macket schüttelte den Kopf, mit einem Male stiegen ernstliche Bedenken wegen Ilses Zukunft in ihm auf. Er fand den Gedanken, sie in eine Pension zu geben, heute weniger schrecklich, als gestern. Sie hatte ihm soeben den Beweis gegeben, daß sie auch ihm Widerstand entgegensetzte. Freilich mußte er sich gestehen, daß er durch seine Nachgiebigkeit denselben in ihr groß gezogen hatte.
Er ging in das Speisezimmer und trat von dort auf die Veranda, die weinumrankt sich an der Vorderseite des Hauses entlang zog. Seine Frau erwartete ihn dort am gedeckten Frühstückstische.
Ganz gegen seine Gewohnheit war er still und einsilbig. "Hattest du Unannehmlichkeiten?" fragte Frau Anne und reichte ihm den Kaffee.
"Nein," entgegnete er, "das nicht." Er hielt einen Augenblick inne, als ob es ihm schwer würde, weiter zu sprechen, dann fuhr er fort: "Ich möchte dir eine Mitteilung machen, oder richtiger gesagt, dir meinen Entschluß wegen unsres gestrigen Gespräches verkünden. Zum 1. Juli soll Ilse in die Pension."
"Du scherzest," sagte Anne und sah ihn fragend an.
"Es ist mein Ernst," erwiderte er. "Wirst du im stande sein, bis zu dem Termine alles zu Ilses Abreise einrichten zu können? Wir haben heute den 12. Juni."
"Ja, das würde ich können, lieber Richard; aber verzeihe, mir kommt dein Entschluß etwas übereilt vor. Wird er dich nicht gereuen? Laß Ilse die schönen Sommermonate noch ihre Freiheit genießen und gieb sie erst zum Herbste fort. Der Abschied von der Heimat wird ihr dann weniger schwer werden."
"Nein, keine Aenderung," sagte er, bei einem längeren Hinausschieben seinen Wankelmut fürchtend, "es bleibt dabei – zum 1. Juli wird sie angemeldet."
Nach einigen Stunden kehrte Ilse wohlgemut mit erhitzten Wangen und über und über mit Heu bestreut zum zweiten Frühstücke zurück. Wie sie war, ohne den Anzug zu wechseln, trat sie höchst vergnügt auf die Veranda.
"Da bin ich," rief sie. "Bin ich lange geblieben? Ich sage dir, Papa, das Heu ist kostbar! Nicht einen Tropfen Regen hat es bekommen. Du wirst deine Freude daran haben. Der Hofmeister meint, so gut hätten wir es seit Jahren nicht gehabt."
"Laß das Heu jetzt, Ilse," entgegnete Herr Macket, "und höre zu, was ich dir sagen werde."
Er sagte es ziemlich ernst, es wurde ihm nicht leicht, von seinem Plane zu sprechen – sie war so ahnungslos, ja sie nahm gar keine Notiz von seiner Stimmung. Ihr Augenmerk war auf den wohlbesetzten Frühstückstisch gerichtet, sie war sehr hungrig von der Fahrt.
"Soll ich dir Frühstück schneiden?" fragte Frau Anne freundlich, aber Ilse lehnte es ab.
"Ich will es schon selbst thun," sagte sie, nahm das Messer und schnitt sich ein tüchtiges Stück Schwarzbrot ab. Die Butter strich sie fast fingerdick darauf. Nachdem sie ein dickes Stück Wurst zugelangt hatte, fing sie an, wohlgemut zu essen. Bald von dem Brote, bald von der Wurst, die sie in der Hand hielt, einen Bissen nehmend. Höchst ungeniert lehnte sie dabei hintenüber in einem Sessel und schlug die Füße übereinander. Es schmeckte ihr köstlich.
"Ich denke, du wolltest mir etwas sagen, Papachen!" rief sie mit vollem Munde, "nun schieß los, ich bin ordentlich neugierig darauf."
Er zögerte etwas mit der Antwort, noch war es Zeit, noch konnte er seinen Entschluß zurücknehmen – einen Augenblick überlegte er und es fehlte nicht viel, so hätte er es wirklich gethan, aber die Schwäche ging vorüber und so ruhig wie es ihm möglich war, teilte er Ilse seinen Beschluß mit.
Wenn