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William Lovell. Ludwig Tieck
Читать онлайн.Название William Lovell
Год выпуска 0
isbn 9783849637699
Автор произведения Ludwig Tieck
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Was mir itzt noch mehr als meine Krankheit unangenehm wird, ist, daß ich in einen weitläufigen Prozeß mit dem Baron Burton geraten werde. Du weißt, daß einer meiner Vorfahren die Güter von einem Ahnen Burtons kaufte; er zweifelt itzt, daß die Summen ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen sind, so wie sie damals geschlossen wurden; der Prozeß ist schon eingeleitet und er wird mir vielleicht viele Sorge, wenigstens viele Mühe machen. Ich habe schon Advokaten angenommen, welche behaupten, kein vernünftiger Mensch könne an der Rechtmäßigkeit meiner Sache zweifeln. Es tut mir weh, mich auch noch itzt von ihm verfolgt zu sehn, da er einst, in den glücklichsten Tagen meiner Jugend, mein Freund war; es ist eine traurige Empfindung, wenn ich mit meinem Gedächtnisse jene Zeiten zurückrufe, und sie mit den gegenwärtigen vergleiche. Die Aussicht Deiner künftigen, gewiß festen Freundschaft mit Eduard Burton tröstet mich etwas. Eduard ist ein edler Jüngling, er hängt fest an Dir, ihm darfst Du Dich ungescheut vertrauen, oder ich kenne auch noch itzt die Menschen nicht. –
9
Louise Blainville an Rosa
Paris.
Welche Ursache in der Welt kann es geben, daß ich Sie so lange nicht gesehn habe? Sie fangen ja an, so kalt gegen mich zu werden, wie es sich mein verstorbener Mann kaum erlaubte; wenn ich nun zur Strafe meine Neigung auf den jungen reizenden Engländer würfe und Sie völlig verabschiedete? Oder sind Sie vielleicht gar schon eifersüchtig auf ihn? – Wenn dies der Fall wäre, so würden Sie sich unnötige Mühe machen, denn es scheint mir, als hielte eine langweilige Duegna von erster Liebe unerbittliche Wache vor seinem Herzen.
Der alte Graf Melun muß irgendeinen Anschlag im Schilde führen, er hat vielleicht gar die Idee, mich von neuem zu einer Heirat zu bereden – und zwar – so glaub ich wenigstens, und Sie werden gewiß mit mir lachen – zu einer Verbindung mit ihm selbst! – Doch davon mündlich, nur machen Sie, daß ich Sie bald sehe, sonst sollen Sie zur Strafe von diesen Vorfällen nichts erfahren. – Adieu. –
10
Rosa an die Comtesse Blainville
Paris.
Wenn ich einen Hang zur Eifersucht hätte, so würde ihn Ihr Brief wahrlich nicht vermindern; ich bemerkte schon neulich, daß Ihnen Lovell nicht mißfiel. Doch – warum ich Sie so lange nicht besucht habe? – Eine Unpäßlichkeit – eine Bekanntschaft – sehen Sie, wie ich mich zu rächen weiß – doch, auch davon mündlich.
Wenn Sie den seltsamen Lovell bekehren können, so wünsch ich Ihnen und ihm Glück; mir scheint es fast unmöglich, denn seine Vorurteile sind zu tief mit ihm verwachsen – doch, was ist den Weibern unmöglich? Sie lösen die schwersten Probleme, und auf die leichteste und einfachste Art von der Welt. Ich werde mich freuen, mit dem jungen Engländer an einem Siegeswagen zu ziehen; dulden Sie es nicht, daß er ein so schwerer Verbrecher an Ihrer Schönheit wird, strafen Sie seine Kälte, sie mag nun erzwungen oder natürlich sein, auf eine exemplarische Art, und ich werde noch mehr sein
der innige Verehrer Ihres Verstandes und
Ihrer Reize.
11
William Lovell an Eduard Burton
Paris.
Ja Eduard, auch in meiner Seele haben sich nun schon so manche Träume entwickelt, wie ich einst glücklich, mit Dir glücklich leben will. – So nahe bei Dir – vielleicht an Amaliens Seite, im Schoße einer ländlichen Einsamkeit – ich verliere mich seit Deinem lieben Briefe so oft in diesen Traum und tausend Vorsätze spinnen sich dann leise in meiner Seele aus. – Mit einem kindischen Wohlbehagen verweil ich bei meinen Planen und wünsche die Zukunft schon herbei, um sie wirklich zu machen.
Es ängstigt mich, Eduard: mein Vater ist krank und hat mir einen sehr melancholischen Brief geschrieben; er liebt mich gewiß mit der innigsten Zärtlichkeit, aber ich kann nicht an Amalien denken, ohne mich mit Wehmut meines Vaters zu erinnern: sooft mir sein Bild vorüberschwebt, werf ich einen schwermütigen Blick auf Amaliens schnell nachfolgendes; diese nebeneinandergestellten Ideen zerschneiden meine Seele. Ich hasse mich, Eduard, wenn ich daran denke, daß durch Amaliens Besitz meines Vaters Tod weniger schmerzen könnte – aber ich schwöre Dir, es soll, es wird nicht sein. Zu diesem unedlen Eigennutze wird Dein Freund nie hinabsinken. –
Ein böser Dämon verfolgt mich in der Gestalt eines Engels, um Amaliens Bild aus meinem Herzen zu reißen; aber dieser Versuch wird in Ewigkeit nicht gelingen, ich bleibe ihr und meinen ersten, meinen schönern Gefühlen treu. – Ich spreche von der Comtesse Blainville, der Nichte des Grafen Melun; sie ist das Modell einer griechischen Grazie, ein Zauberreiz begleitet jede ihrer Bewegungen, sie darf nur lächeln, um die Göttin der Liebe zu sein – ein sanfter Blick ihres Auges – und sie ist das schönste Bild der Schwermut. – Ich kann sie nicht betrachten, ohne zu erröten, und sooft ihr Blick dem meinigen begegnet, schlägt sie ihn sogleich furchtsam nieder, sie sucht meine Gesellschaft und scheint sie doch vermeiden zu wollen; so viel Herzensgüte, Sanftmut und Verstand hab ich noch bei keinem Mädchen gefunden. Ihre Schönheit ist auffallender, ihr Auge größer und sprechender, und ihr ganzes Wesen hat, möcht ich sagen, einen gewissen Zauber durch Bizarrerie und Pracht, wogegen Amaliens stille Schönheit für die Phantasie gleichsam in den Schatten tritt. Nie wird sie aber in meinem Herzen auch nur den kleinsten Sieg über jene himmlische Erscheinung davontragen; aber darum kann ich mir ja doch gestehn, daß sie liebenswürdig ist, daß sie zu den Ersten ihres Geschlechts gehört. Auch empfindet sie wirklich tief, ihre zarte Seele ist nicht durch jenen witzigen Weltton der Franzosen verdorben; sie ist ein einfaches Kind der Natur, ohne alle Prätension und Verstellung, ich habe sie beim Anblicke des Elends gerührt gesehn.
Ich schließe; Mortimer bringt mir soeben einen Brief. – O Eduard, er ist von Amalien! – Nein, ich bin ein Elender, wenn ich sie vergessen könnte! – Welche Freude hat dann noch der Garten aufzuweisen, wenn dieser schönste Baum in mir verdorrt? – Ich bleibe ewig der ihrige, so wie der Deinige.
12
Karl Wilmont an Mortimer
Bondly.
Ich muß Dir endlich schreiben und sollte auch mein ganzer Brief nichts als die Wiederholung der Phrase enthalten, daß ich Dir nichts zu schreiben weiß. Ich schäme mich meiner Nachlässigkeit und meine ungelenkigen Finger haben das Schreiben indes verlernt; oratorische Wendungen, Tropen, Metaphern und alle Arten von Figuren hab ich rein vergessen, und ich selber spiele hier an meinem