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im Zimmer umherblickte. War das zu viel? Hätte sie das wirklich so gesagt? Aber das hatte sie getan, oder? Ich erinnerte mich richtig, oder etwa nicht?

      Wie auch immer. Selbst wenn sie es nicht gesagt hatte, klang es definitiv wie etwas, das sie hätte sagen können.

      Ich fing an zu schreien.

      »Hör auf! Hör auf! Hör auf!« Ich schlug ein Loch in die Küchentür und mir die Hand blutig.

      »Du bist mein Kind, das wirst du immer sein, und Kinder müssen ihren Müttern gehorchen. Wenn du ein Mädchen nach Hause bringst, das gut für dich ist, dann werde ich dich gehen lassen, vorher nicht.«

      »Du besitzt mich nicht. Wie kannst du mich gehen lassen, wenn ich dir gar nicht gehöre?«, heulte ich, aber ich konnte es ihr nicht begreiflich machen. Mum fuhr fort, ihr eigenes Gespräch zu führen, ganz egal, was ich sagte oder dachte.

      »Tut mir leid, wenn du das ungerecht findest, aber ich weiß am besten, was gut für dich ist. Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich meinen kleinen Jungen beschützen möchte.«

      »Ich bin kein kleiner Junge!«, rief ich immer und immer wieder und schlug mit dem Kopf gegen den Fußboden, sodass er noch mehr schmerzte.

      Tatsache ist, ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter mich jemals beschützt hätte, als ich wirklich noch ein kleiner Junge war. Ich erinnere mich daran, wie ich nächtelang draußen im Dunkeln vor irgendwelchen Pubs auf den Stufen gesessen habe, während sie sich drinnen mit meinem neuesten »Onkel« amüsierte. Meistens bemerkte sie mich nicht einmal. Meistens lief ich bloß hinter ihr her und schaute zu, wie ein Typ nach dem anderen morgens, bevor er ging, mein Sparschwein leerräumte, wenn meine Mutter noch schlief. Ja, genau, mein Sparschwein. Die arme Sau hatte mehr Messer im Rücken als Julius Cäsar.

      Ich erzähle das jetzt nicht, um von irgendwelchen barmherzigen Samaritern Mitleid zu erheischen. Was passiert ist, ist passiert, und ich bin froh, dass es vorbei ist. Nein, ich erwähne es nur, um zu verdeutlichen, wie dieser Meinen-kleinen-Jungen-beschützen-Quatsch Salz in die Wunde streute. Nicht, dass es Sinn gehabt hätte, ihr die Vergangenheit unter die Nase zu reiben. Mum konnte die Tatsachen vollkommen verdrängen. Soweit es sie betraf, war sie eine mustergültige Erziehungsberechtigte gewesen. Mama Walton und die Miracoli-Mutter in einem, leider nicht gewürdigt von einer grausamen, mitleidlosen Welt, die ihr den einen Fehltritt nicht verzeihen konnte, den sie als junges Mädchen begangen hatte. Mein Leben lang hatte ich mit Zins und Zinseszins dafür bezahlen müssen.

      »Janet!«, sagte Mum plötzlich. »Ist das ihr Name? Janet? Das klingt ja ganz entzückend.«

      Woher hatte sie den Namen? Ich hatte ihn nicht gesagt, oder doch? Hatte ich bei all meinem Schimpfen und Toben wieder von Janet angefangen, ohne es zu merken?

      »Wann kann ich diese Janet denn einmal sehen? Wann kann ich sie treffen?«, säuselte sie.

      »Gar nicht«, zischte ich. »Du wirst sie nie treffen.«

      »Du kannst sie doch am Mittwoch mitbringen. Ich werde Torte besorgen und all deine alten Babybilder ausgraben.« Sie sabberte vor Begeisterung. »Dann erzähle ich ihr, wie du dir immer in die Hose gemacht hast, als du klein warst. Wie ich immer wusste, wenn du die Hose voll hattest, weil du dann ganz still wurdest und dich hinter dem Fernseher versteckt hast. Oh ja, ich werde ihr ganz genau erzählen, auf welche Sorte kleinen Jungen sie sich eingelassen hat. Mal sehen, ob sie dich dann immer noch heiraten will.«

      Wirklich, so redete sie andauernd. Worin dabei der Anreiz für mich bestehen sollte, ein Mädchen mit nach Hause zu bringen, war mir schleierhaft.

      Aber das war sowieso egal, denn sie würde Janet nie treffen. Warum sollte ich mich also überhaupt aufregen? Diesen Gedanken fand ich beinahe tröstlich.

      »Du wirst sie nie treffen«, lächelte ich.

      »Rede keinen Unsinn, natürlich werde ich das. Allerspätestens bei der Hochzeit.«

      Ich grinste. »Niemals.«

      »Ach, was du manchmal für einen Quatsch erzählst.«

      Ich lächelte bloß noch einmal und wiederholte leise: »Niemals.«

      Mum sah mich für einige Sekunden an, dann verdrehte sie angewidert die Augen.

      »Ian, du hast sie doch nicht etwa umgebracht?«

      »Ich habe ihr den beschissenen Schädel weggepustet. Du hättest es sehen sollen.«

      »Oh nein, nicht schon wieder!« Mit einem traurigen Seufzen schüttelte sie den Kopf.

      »Was meinst du mit schon wieder? Das hört sich an, als würde ich das andauernd machen. Es war erst das zweite Mal.«

      »Ian, sieh mal, du musst aufhören, Leute umzubringen. Du wirst nie ein nettes Mädchen finden und dir ein schönes Heim mit ihr aufbauen, wenn du sie jedes Mal ermordest, sobald nicht alles so läuft, wie du es gerne hättest. Dein Vater hat nie jemanden umgebracht.«

      »Wovon redest du? Er war in Korea, er hat jede Menge Leute getötet.«

      »Ja, aber das waren nur Chinesen, die zählen nicht. Ich meine echte, richtige Menschen. Das ist nicht nett.«

      »Und ich wüsste auch nicht, dass Dad jemals ein nettes Mädchen getroffen hätte«, sagte ich.

      »Das kommt alles von den Leuten, mit denen du arbeitest. Das sind keine angenehmen Zeitgenossen. Warum gehst du nicht weg von denen und suchst dir eine normale Arbeit? Du warst doch immer so gut mit Zahlen. Warum wirst du nicht Buchhalter?«

      »Oh, bitte! Jetzt fang nicht wieder damit an.«

      »Wieso versuchst du es nicht wenigstens mal?«

      »Weil ich nicht will. Mir gefällt das, was ich tue.«

      »Aber du weißt doch gar nicht, wie es ist, wenn du es nicht versuchst, und ich glaube, wenn du dir ein bisschen Mühe gibst …«

      »Nein! Nein, ich will kein Buchhalter werden. Ich mag den Job, den ich habe. Ich will nichts anderes ausprobieren.«

      »Weißt du, was ich gar nicht leiden kann, sind Menschen, die Dinge von vornherein ausschließen und sich nicht einmal anhören, was andere für Ideen und Meinungen haben«, sagte sie ohne ein Fitzelchen Selbstironie. »Versuch es doch wenigstens mal.«

      »Nein.«

      »Aber warum nicht? Vielleicht würdest du feststellen, dass du eine echte Begabung dafür hast.«

      »Nein, würde ich nicht.«

      »Natürlich nicht, wenn du es gar nicht erst versuchst.«

      »Mum, ich will nicht. Ich mag das, was ich tue.«

      »Es könnte doch sein, dass du Buchhaltung auch mögen würdest.«

      Ich hörte auf zu diskutieren, doch es machte keinen Unterschied.

      »Woher willst du das wissen? Woher willst du das wissen?«, plapperte sie immer weiter. »Erinnerst du dich an Onkel Brian, der mal bei uns gewohnt hat (mietfrei und ständig betrunken) und immer seine eigene Sandwichbar aufmachen wollte, aber er dachte, er würde keinen Kredit bekommen, um …«

      »Aufhören!« Jesus Christus, war es denn vollkommen unmöglich, zu ihr durchzudringen? Offensichtlich ja, denn sie laberte immer weiter von dem verschissenen alten Sack, der irgendwann genug Kohle zusammengeschnorrt hatte, um ein rattenverseuchtes Loch unter einem Eisenbahnbogen zu kaufen und zu beweisen, was für einen blendenden Erfolg man im Leben haben kann, wenn man nur will. Falls es euch interessiert, die Tasty Snack Sandwich Bar wurde vom Gesundheitsamt dichtgemacht, nachdem Onkel Brian ein halbes Dutzend Kunden mit seinen selbstgemachten Hühnchenpasteten ins Krankenhaus gebracht hatte. Er machte sich aus dem Staub und soff sich mit dem bisschen Geld, das er noch hatte, in den Alkoholismus, bevor die Kredithaie ihn erwischten. Ein echter Unternehmer, der gute verstorbene Onkel Brian.

      »Ich will doch nur das Beste für dich. Ich will nur, dass du glücklich bist«, sagte sie immer wieder und

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