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zu benutzen, das nicht nur die Existenz einer »negriden Rasse« unterstellt, sondern auch allerspätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jh.s für jedermann erkennbar ein pejorativ verwendeter Terminus war. Durch Quellen belegt ist nicht nur das äußerst brutale Vorgehen von Peters, sondern auch der Tatbestand, dass dieser nach dem Offenbarwerden eines Verhältnisses seiner afrikanischen Geliebten mit seinem Diener beide hängen und ihre Heimatdörfer zerstören ließ, was zu einem Aufstand führte, der blutig niedergeschlagen wurde. Die unehrenhafte Entlassung Carl Peters folgte daraufhin im Jahr 1897. Adolf Hitler hob allerdings das Urteil des kaiserlichen Disziplinargerichts im Jahr 1937 auf. Carl Peters galt nunmehr als »vorbildlicher Deutscher«, dem durch Straßenbenennungen Ehre erwiesen wurde. Der Name der Petersallee in Berlin ist somit kein Erbe des Wilhelminismus, sondern stammt erst aus dem Jahr 1939. Im Jahr 1941 widmete der deutsche Nationalsozialismus dem antisemitischen Kolonialrassisten den anti-britisch positionierten Propagandafilm »Carl Peters«, dessen Rolle von Hans Albers gespielt wurde. In den 1980er Jahren verstärkte sich die Kritik an der Namensgebung der Straße. Infolgedessen kam es jedoch nicht zu einer Umbenennung, sondern zu einer »Umwidmung«. Als »Ersatzmann« für einen Kolonialverbrecher wählte die Stadtverwaltung den Berliner Juristen und Widerstandskämpfer Hans Peters (1896–1966), an den jedoch nur ein kleines Schildchen erinnert. Trotz eines von der Berliner »Black Community« geführten jahrelangen Protestes gab es seitens des Bezirks Mitte nahezu keine Bereitschaft, sich der kolonialrassistischen Vergangenheit zu stellen. Im Herbst 2011 warb die CDU gar auf einem Plakat mit der Aufschrift »Gegen Strassenumbenennungen im Afrikanischen Viertel – darum CDU wählen«.

      Im »Afrikanischen Viertel« des Berliner Wedding plante Carl Hagenbeck (1844–1913) vor dem Ersten Weltkrieg ein Ausstellungsgelände zwecks Präsentation der damaligen »deutschen Afrikakolonien«. Vorgesehen war nicht nur die Zurschaustellung afrikanischer Tiere, sondern auch die von Afro-Afrikanern. Bei dem Weddinger Gelände handelte es sich um den heutigen Volkspark Rehberge. Bereits im Jahr 1887 hatte der Tierhändler Hagenbeck einen Zirkus mit dem Namen »Carl Hagenbecks Internationaler Circus und Singhalesen-Karawane« eröffnet. Die Präsentationen von »Fremden« umgeben von »wilden Tieren« entwickelten sich zu einem Publikumsmagneten. Es entsprach dem kolonialistischen Zeitgeist sowie biologistischen Rassetheorien »Kolonialisierte« in Zoos zu präsentieren und ihre »Halbzivilisiertheit« durch die räumliche Nähe zum Tierischen zu suggerieren. Noch im Jahr 2005 plante der Augsburger Zoo eine Veranstaltung mit dem Titel »African Village«, bei der Schwarze gemeinsam mit Tieren in »dörflicher Umgebung« zur Schau gestellt werden sollten. Die Kritik derartiger Völkerschauen als »Menschenparks« in rassistischer Traditionslinie konnte die Augsburger Zoodirektorin nicht nachvollziehen.

      Den geringen Reflexionsgrad über Rassismus in Deutschland verdeutlichte im Jahr 2012 hinsichtlich des antinegriden Rassismus die Debatte über die Inszenierung des Stücks »Ich bin nicht Rappaport« seitens des Schlosspark Theaters Berlin. Für die Rolle eines schwarzen US-Amerikaners schminkte man einen weißen Schauspieler schwarz. Minimalkenntnisse bezüglich des antinegriden Rassismus hätten ausgereicht, um die Problematik eines solchen »Blackfacing« zu erkennen. Bei »Blackface« handelt es sich um eine rassistische Theatermaskerade, die im Kontext der sogenannten Minstrel Shows (Englisch für: Bänkelsänger, Spielmann) im ersten Drittel des 19. Jh.s entstand. Weiße Schauspieler färbten ihre Gesichter schwarz und karikierten vor einem weißen Publikum zu dessen Belustigung in übertriebener Weise das, was dieses für die afroamerikanische Art des Lebens, Musizierens und Tanzens hielt. Um die Jahrhundertwende traten auch immer mehr afroamerikanische Minstrelmusiker wie etwa Bert Williams (1874–1922) auf, die sich ihre Gesichter ebenfalls schwarz schminkten und so die rassistischen Auftrittsbeschränkungen für »Schwarze« unterliefen. Egal ob weiß oder schwarz, Blackface blieb eine Maske für das Pejorativ des »tumben, ängstlichen, stets fröhlichen und feigen ›Negers‹«.

      In der U-Bahnstation Amrumerstrasse, die für den Anschluss der Beuth Hochschule an das Berliner Nahverkehrsnetz sorgt, wirbt ein Plakat für eine Cafébar, die sich in der Kiautschoustrasse in unmittelbarer Nähe der Hochschule befindet. Auch die Kiautschoustrasse offenbart deutsche Kolonialgeschichte. Das Gebiet Kiautschou, das sich an der chinesischen Ostküste befand, überließ das chinesische Kaiserreich im Jahr 1898 dem deutschen Kaiserreich zur Pacht. Der Pachtvertrag war das Ergebnis einer militärischen Landnahme im Jahr zuvor und alles andere als ein Gentlemen-Agreement. Als Vorwand der Besetzung diente dem Deutschen Kaiserreich die Ermordung zweier deutscher Missionare sowie eines Diplomaten. Kiautschou fungierte nicht nur als Flottenstützpunkt und als Ausgangspunkt für wirtschaftliche Aktivitäten, sondern auch als Werbeobjekt für die imperialistische Kolonialpolitik und die »Überlegenheit der deutschen Flotte«. Der Name Kiautschou schmückte u. a. eine 20 Pfennig-Briefmarke, welche die Kaiserjacht »Hohenzollern II« abbildete, sowie diverse Postkarten. Auf einer Karte mit dem Text »Schönen Gruss aus Kiao-Tschau« sieht man zwei chinesische Kinder vor einem übergroßen Hohenzollern-Adler stehen. Das eine der beiden Kinder hält ein Fähnchen mit einem chinesischen Drachen in der Hand, das andere ein Schild mit der Aufschrift »Deutschland Deutschland über alles!« Auffallend ist, dass die Gesichter der Kinder nahezu wie geklont wirken (vgl. Kap. 2.2.4), während ihre Garderobe für den exotisierenden Effekt sorgt (vgl. Kap. 2.3.5). Kiautschou bildete den Auftakt für eine aggressive Kolonialpolitik, die im Kontext des Boxeraufstandes in der antiasiatischen »Hunnenrede« des deutschen Kaisers und der Entsendung von Truppen zur Niederschlagung der Erhebung gipfelte. Von einer Cafébar in der Kiautschoustrasse im Berliner Stadtteil Wedding führt der Weg zurück zur historischen Dimension des antiasiatischen Rassismus wie des Kolonialrassismus des deutschen Kaiserreichs.

      Geht es um belastete Straßennamen, aus deren Wörtern der Rassismus spricht, so ist es von der Beuth Hochschule Berlin zur Mohrenstraße nicht weit, die nach schwarzen Musikern des preußischen Heeres benannt ist. Seit dem Jahr 1681 partizipierte Brandenburg am Sklavenhandel von der Festung Großfriedrichsburg im heutigen Ghana aus. Bereits im Jahr 1721 verkaufte Friedrich Wilhelm I. die preußischen Afrika-Annexionen an die Niederländische Westindien-Kompanie. Zusätzlich zur Kaufsumme waren »12 Negerknaben, von denen sechs mit goldenen Ketten geschmückt sein sollten«, zu stellen. Da es sich in der damaligen Zeit bei den sogenannten »Hofmohren« um »Statussymbole« handelte, wurden diese stattlich ausstaffiert und verfügten über Turbane, sodass sie für Muslime gehalten und »Türken« genannt wurden. An dieser Stelle überschneidet sich der Kolonialrassismus mit dem antimuslimischen Rassismus, insofern der abwertende Terminus »Mohr« ursprünglich den muslimischen Mauren bezeichnete. Auch bezüglich der Mohrenstraße erweist sich Deutschland als rückständiges Land. Eine Bereitschaft auf die Argumente der »Black Community« in Deutschland oder von Menschenrechtsaktivisten einzugehen, dass es sich bei der Bezeichnung »Mohr« um einen rassistischen Begriff handelt und eine »Mohrenstraße« ein Ausdruck mangelnder Aufbereitung der Geschichte des deutschen Kolonialrassismus darstellt, existiert seitens der Mehrheit der Stadtvertreter des Bezirks Mitte bislang nicht. Im Unterschied zur Berliner CDU, die im »Mohren« kein rassistisches Stereotyp erkennen kann und die Diskussion gar für »abstrus« hält, hat sich die Firma Sarotti von ihrer Werbefigur, dem »Sarotti-Mohr«, getrennt. Antirassistische Argumente haben dazu geführt, dass im Jahr 2004 der »Sarotti-Mohr« durch den »Sarotti-Magier« ersetzt und die Produktpalette neu konfiguriert wurde. »Der Sarotti-Mohr« hat bei Sarotti ausgedient; präziser formuliert: fast, insofern der Name »Mohr« nicht mehr benutzt wird und die schwarze Gesichtsfarbe durch einen silbrigen Teint ausgetauscht wurde. Durch den bleibenden Wiedererkennungseffekt werden indes ältere Käufer weiterhin einen »Sarotti-Mohr« erblicken. Im Berliner Bezirk Steglitz wiederum existiert bis heute als Seitenstraße der Schloßstraße die Treitschkestraße, benannt nach dem antisemitischen Historiker Heinrich von Treitschke (1834–1896). Nach jahrelangen kontroversen Diskussionen konnten die Anwohner im Dezember 2012 über eine anvisierte Umbennennung der Straße abstimmen. 78 Prozent der Anwohner sprachen sich gegen eine Umbenennung aus (vgl. Kap. 1.3.5, 1.3.11).

      Beim Umsteigen kann man sich an einem S-Bahn-Stand mit einem »Schoko-Traum« stärken. Das Werbeplakat für die »Schoko-Vanille-Schnitte mit Sahne« kommt nicht ohne den Klassiker des antinegrid-rassistischen Marketings

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