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Abläufe rational und erfolgreich zu strukturieren (Motiv im Film »Zorba the Greek« aus dem Jahr 1964), erfährt unter dem Vorzeichen globaler Finanzkrisen eine Revitalisierung. So sagte im Jahr 2012 z. B. der FDP-Abgeordnete Hans-Ulrich Rülke im Baden-Württembergischen Landtag: »Was Sie vorgelegt haben, ist ein Tsatsiki-Haushalt, der eher nach Griechenland passt, als nach Baden-Württemberg.«

      »Besser: Unser Geld für unsere Leut«, so lautete das Motto eines Wahlplakates der österreichischen FPÖ. Zu sehen ist der Kopf eines lachenden, schnauzbärtigen Mannes mit Sonnenbrille, der in einer die griechische Nationalflagge darstellenden Hängematte liegt. Sein nahezu übergroßer Arm empfängt begierig ein dickes Bündel Euro-Scheine, wobei der obere Fünhundert-Euro-Schein verdeutlicht, dass es sich nicht um Kleingeld handelt. Auffallend ist die Überzeichnung der Sonnenbräune des »faulen Griechen«. Erkennbar werden an dieser Stelle die Willkürlichkeit des Konstruktionsprozesses von Inklusion und Exklusion sowie die noch immer existente Relevanz des Hautfarbenrassismus. Während der inkludierte Grieche zu einem »weißen Ur-Europäer« stilisiert wird, dem Schönheitsideal antiker Skulpturen entsprechend, generiert der exkludierte Grieche zu einem »Schwarzen« mit »zigeunerhaften Zügen«, zu einem faulen playboyhaften Bettler mit aggressiv-listigem Blick. Sichtbar wird an dieser Stelle die Verflechtung heterogener Rassismen. Der Mix aus Griechen-Bashing, antinegridem wie antiziganischem Rassismus soll dem Werbeplakat der FPÖ Sprengkraft verleihen. Der Mythos vom faulen »negrid-ziganen Südeuropäer« kann sich dabei auf die bereits seit der Antike kursierenden Klimatheorien (vgl. Kap. 1.4.1) stützen, wenn auch mit umgekehrt wertendem Vorzeichen. Im »Bilder-Conversations-Lexikon für das deutsche Volk« heißt es noch im Jahr 1839: »Ein gemäßigtes Klima wirkt auf Ausbildung und Veredlung des Menschen am vortheilhaftesten, denn die Hitze der heißen Zone erschlafft seine Thätigkeit«.

      Außer dem Schriftsteller Jonathan Swift sowie dem Star-Trek-Universum gelingt es auch Eric Cartman das Wesen des Rassismus auf den Punkt zu bringen, so etwa in der South-Park-Folge »Gingers dont have souls«, in der er einen seiner berüchtigten Schulvorträge hält und Bezug nehmend auf Menschen mit roten Haaren folgendes ausführt:

      »Wir alle sind ihnen schon begegnet, auf dem Spielplatz, im Laden, auf der Straße. Sie jagen uns Schauer über den Rücken und verursachen Übelkeit. Ich rede von rothaarigen Kindern. Rothaarige Kinder werden mit einer Krankheit geboren, die sehr helle Haut, rote Haare und Sommersprossen hervorruft. Diese Krankheit ist meist bekannt als Rotsucht. Kinder mit Rotsucht können nicht geheilt werden. Weil ihre Haut so hell ist, müssen Rothaarige das Sonnenlicht meiden. Fast so wie Vampire. Manche Menschen haben rote Haare aber keine helle Haut mit Sommersprossen. Diese Menschen nennt man Daywalker. Wie bei Vampiren ist das Rotschopf-Gen ein Fluch. Und wenn wir uns nicht von diesen Geschöpfen befreien, könnten sie unser Leben für alle Zeiten in Finsternis tauchen.«

      Wie bereits bei Jonathan Swift und in den unendlichen Weiten des Weltraums, so verdeutlicht auch der Schulvortrag von Eric Cartman, dass »Wir-Gruppe« und »Fremdgruppe« keineswegs als gegeben zu betrachten sind. Beim Rassismus handelt es sich schon deshalb nicht um »Vorurteile gegenüber Fremdgruppen«, weil letztere nicht per se existieren. Der erste Schritt des Rassismus besteht folglich nicht in der antagonistischen Gegenüberstellung von »Wir-Gruppe« und »Fremdgruppe«, sondern in der Spaltung der menschlichen Gemeinschaft in ein »Wir« und ein »Ihr«, um die dergestalt produzierten sozialen Gruppen sodann konträr zu positionieren und ihr Verhältnis als dauerhaft unversöhnlich zu deklarieren. Bei Cartman heißt es somit gleich zu Beginn: »Wir alle sind ihnen schon begegnet […].« Der Vortrag setzt bewusst mit der Spaltung der Kinder von »South Park« ein, mit dem dualistischen Gerede eines »Wir« und eines »Ihr«, ohne dass der Zuhörer zu diesem Zeitpunkt überhaupt nur Kenntnis von der vermeintlichen Existenz einer Fremdgruppe hätte. Wie bei Jonathan Swift bedarf es auch bei Cartman für die Spaltung eines Differenzkriteriums, welches die »roten Haare« sind. Zwar unterscheiden sich die South-Park-Kinder bereits vor Erics Referat bezüglich vielfältiger Eigenschaften voneinander, doch erst sein rassistischer Vortrag produziert Differenz als soziales Konstrukt und erzeugt die Spaltung der Kinder auf der Basis des binären Gegensatzes von Nichtrothaarigen und Rothaarigen. Die dergestalt konstruierte Dichotomie zwischen den Kindern auf Grundlage des biologischen, phänotypischen Merkmals wird sodann genutzt, um die konstruierte Fremdgruppe mittels diverser Rassifizierungstechniken als eine fundamentale Bedrohung der Wir-Gruppe erscheinen zu lassen. Von einer »Krankheit« (Maladisierung, vgl. Kap. 2.2.3) ist die Rede, von blutsaugenden »Vampiren« (Vampirisierung, vgl. Kap. 2.6.5) sowie davon, dass die Erde in Dunkelheit getaucht werde (Diabolisierung und Dämonisierung, vgl. Kap. 2.6.3). Der Vortrag Cartmans illustriert das Wesen der diskursiven Rassifizierung, welche die narrative Konstruktion der Gruppen bewirkt, ihre Majorisierung bzw. Minorisierung sowie »rassistisches Wissen« über die »Fremdgruppe« produziert. Der erzeugte Antagonismus wird als unüberbrückbar charakterisiert, insofern die Krankheit als nicht heilbar deklariert und mittels der rassifizierenden Technik der Genetifizierung (»Rotschopf-Gen«) einer Verewiglichung (vgl. Kap. 2.1.4) unterzogen wird. Der Vortrag folgt der Logik eines Steigerungsimperativs, insofern die Formulierung »uns von diesen Geschöpfen befreien« die Konsequenz des eliminatorischen Rassismus in sich birgt, der seine Legitimation über das entworfene Bedrohungsszenario erhält wie auch über die dehumanisierende Behauptung, dass »Rothaarige« keine Seele besäßen, was die Senkung des Tötungshemmnis bewirken soll. Während es vor Cartmans Vortrag Kinder mit roten Haaren gibt, existiert nach seinem Schulreferat die »Rasse« der »Rothaarigen«. Die Funktion des Vortrags wird deutlich als Cartman ein Foto von Kyle zeigt. Es geht um die Demütigung Kyles, um seine Herabsetzung, wofür Cartman die Eigenschaft der Rothaarigkeit Kyles instrumentalisiert. Es geht um Macht über einen Jungen, den Cartman immer und immer wieder als »Jude« markiert. Der Rassismus ist die intentional produzierte und strategisch aufrechterhaltene Spaltung der menschlichen Gesellschaft zwecks Vorteilsaneignung und -wahrung; er ist das System der Vorherrschaft rassistisch Dominanter über rassistisch Dominierte. Die Wirkmächtigkeit des medialen Rassismus (vgl. Kap. 4.5) zeigte sich paradoxerweise daran, dass US-amerikanische Kinder die antirassistische Message der Episode »Gingers dont have souls« nicht verstanden und rothaarige Klassenkameraden verprügelten.

      In ganz Europa sowie in den USA sind heutzutage noch immer Vorstellungen weit verbreitet, welche die Existenz von »Rassen« postulieren und dabei die Hautfarbe als Differenzkriterium bemühen. Genannt werden in der Regel die »weiße Rasse«, die »rote Rasse«, die »gelbe Rasse« und die »schwarze Rasse«. Den konstruierten Menschengruppen werden zumeist die Kontinente Europa, Amerika, Asien und Afrika zugeordnet. Die Einteilung des Globus in Kontinente findet sich bereits beim antiken Schriftsteller Herodot, der Europa, Asien und Afrika nannte. Die Klassifizierung der Menschheit auf Basis der Vorstellungen des Hautfarbenrassismus fand in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s Eingang in schulische Curricula wie etwa in dem weit verbreiteten französischen Schulbuch Le Tour de la France par deux enfants aus dem Jahr 1877 der Autorin Augustine Fouillée, die das Pseudonym G. Bruno benutzte. Fouillée konstruierte vier Rassen mit der Bezeichnung »race blanche«, »race rouge«, »race jaune« und »race noire« und bezeichnete die »weiße Rasse« als die perfekteste (»La race blanche, la plus parfaite de races humaines«). Auch in meinen universitären Rassismus-Kursen sind viele Studierende über die Feststellung zutiefst irritiert, dass »Rassen« eine bloße Erfindung des Rassisten seien. Rassismus beginnt jedoch nicht erst mit der Wertung der »Rassen« bzw. mit der Unterstellung, dass »Rasse« ein Schlüsselfaktor bezüglich der Fähigkeiten, der Intelligenz sowie der Charaktereigenschaften eines Individuums sei. Vielmehr beginnt Rassismus mit der Behauptung des Bestehens »menschlicher Rassen«. Rassismus liegt bereits dann vor, wenn man von »Rasse« nicht als sozialem Konstrukt des Rassifizierungsprozesses, sondern als einer biologischen bzw. natürlichen Größe spricht, wenn man die Existenz »menschlicher Rassen« postuliert. Diese Unterstellung »menschlicher Rassen« begegnet uns auf Schritt und Tritt, sodass die Akzeptanz des wissenschaftlichen Faktums

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