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auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über alle Gewalt des Feindes: er wird Euch keinen Schaden zufügen.“18 Cellini nimmt damit die weitere Erzählung in seiner Lebensbeschreibung vorweg, denn im Lauf der Jahre wird er noch mit zahlreichen Feinden konfrontiert. Trotz aller Kümmernisse wird er nicht besiegt. So zumindest berichtet er es. Sein Vater, der die Bedeutung des Ereignisses erkannte, sah dies als gutes Vorzeichen.

      Es war wiederum der Vater, der dem fünfjährigen Benvenuto eines Tages auf ein besonderes Tier aufmerksam machte und ihm dabei eine schallende Ohrfeige gab. Im Kaminfeuer wärmte sich ein Feuersalamander, ohne Schaden an den Flammen zu nehmen. Dem bestürzten Benvenuto, der sich keiner Schuld bewusst war, sagte der Vater: „Ich habe dir diese Ohrfeige nicht gegeben, weil du etwas Böses getan hast, sondern nur, damit du dich an diese Eidechse erinnerst, […] Es ist ein Salamander, wie ihn noch nie jemand gesehen hat, […].“ Wiederum deutete der Vater die Zeichen richtig. Die Ohrfeige war lediglich eine einprägsame Gedächtnishilfe. Denn der Salamander, Ausdruck der Lebenskraft unter widrigen Umständen, war auch das Emblemtier des französischen Königs Franz I., an dessen Hof Cellini später erfolgreich arbeitete. Selbststilisierung geht in dieser Textpassage mit dem Glauben an Vorherbestimmung und göttliche Zeichen einher.19

      Cellini ist in seiner Lebensbeschreibung ein Meister des emblematischen Schreibens und der Selbstcharismatisierung. Feinde oder Bedrohungen dienen ihm, wie in jedem Heldenmythos, als dramaturgischer Kunstgriff, als unverzichtbarer Hintergrund, der die Charakterisierung des Helden erst ermöglicht. Damit zusammenhängend unterschlägt er Informationen, die seinem Renommee schaden. Mit keiner Silbe erwähnt Cellini, dass er bis zu seinem neunzehnten Lebensjahr als Pfeifer für die Kapelle der Parte Guelfa tätig war. Im Zeitraum von 1511 bis 1519 sind sechzehn Honorarbelege überliefert, die beweisen, dass er, jeweils für einen Zeitraum von mehreren Monaten, als piffero für die Parte Guelfa musizierte. Die Kapelle muss ein Fixpunkt in seinem Leben gewesen sein. Cellinis Verdienst trug zum Erhalt der Familie bei. Aus den Honorarabrechnungen geht auch hervor, dass er sich von den Kapitänen der Guelfen-Fraktion Geld lieh.20

      Die Parte Guelfa war im 13. Jahrhundert als politische und militärische Organisation der Florentiner Guelfen im Kampf gegen den kaisertreuen Ghibellinen gegründet worden. Mit dem Sieg der Guelfen wurde die Partei zu einem wichtigen Machtfaktor in der Florentiner Politik. Die Kapitäne bildeten ein Ratskollegium, sie berieten die Stadtregierung und nahmen an Wahlen für kommunale Ämter teil. Zu repräsentativen Zwecken unterhielten sie auch eine Musikkapelle. Dass Cellini Aufnahme in die Kapelle fand, hing wohl mit dem beruflichen Netzwerk der Cellinis zusammen. Seit dem 15. Jahrhundert bekam die Guelfen-Fraktion immer mehr technikorientierte Institutionen zugesprochen, bis sie schließlich zu einer umfassenden Baubehörde wurde. Die Cellinis waren namhafte Baumeister. Dass man sich über die Branche kannte, dürfte der Berufung Benvenutos förderlich gewesen sein, zumal der Vater weiterhin in beiden Bereichen arbeitete. Als Cellini für die Parte Guelfa als Musiker tätig wurde, hatte sie den Zenit ihrer Macht allerdings längst überschritten. So bedeutete es für die städtischen Musiker durchaus einen Unterschied, ob sie für die Signoria musizierten oder lediglich für die Guelfen-Partei. Es ist wohl diesem minderen Renommee der Kapelle und deren zweitrangigem Status zuzuschreiben, dass Cellini sein über Jahre fortdauerndes Engagement verschweigt. Denn wenn er auf die Musikgruppen zu sprechen kommt, für die er spielte – als Kind mit dem Vater für die Signoria, später in der Kapelle des Papstes –, handelt es sich um die Ensembles der politischen und geistlichen Elite.

      Zwischen Notenblatt und Goldschmiedearbeit

      Der regelmäßige Wechsel von der Bühne zur Werkbank, von der Schalmei zum Hammer bestimmte die ersten siebenundzwanzig Jahre im Leben Cellinis. Um 1513 durfte er auf eigenen Wunsch als Lehrling in die Goldschmiedewerkstatt des Michelangelo Brandini eintreten, wo er auch dessen Sohn, seinem späteren Erzfeind Baccio Bandinelli, begegnete. Giovanni Cellini änderte aber bald seine Meinung und holte ihn rasch wieder zurück. Zum Unwillen des Vaters ging Cellini dann 1515 bei dem Goldschmied Antonio di Sandro Giamberti, genannt Marcone, in die Lehre.

      Während er sich der Feinarbeit des Metallhandwerks widmete, schuf die Malergeneration um Fra Bartolommeo und Andrea del Sarto in Florenz eine neue Monumentalität der menschlichen Figur innerhalb des Raums. Cellini sollte sich später wie Andrea del Sarto, der auch als Goldschmied begonnen hatte, der großen Form zugehörig fühlen, der Großplastik. Doch zunächst musste er eine vierjährige Goldschmiedelehre absolvieren.

      Auch wenn Cellini in seinen Schriften nur wenige Informationen über seine Ausbildung erteilt, kann man sich aus einem zeitgenössischen Gemälde des Malers Alessandro Fei, das eine Goldschmiedewerkstatt zeigt, ein ungefähres Bild seines Arbeitsplatzes machen: Werkbänke, auf denen Handwerker mit Feilen, Zangen, Blechscheren und Hämmerchen hantieren. Im Vordergrund wird eine goldene Kanne von einem bebrillten Meister inspiziert, die ein Lehrling hält. Im Hintergrund arbeiten zwei Handwerker gemeinsam an einem Objekt, kleine Modelle dienen als Vorlage; an einem Mauervorsprung sind Musterzeichnungen für Ornamente befestigt. Gesellen feuern die Esse an. Überall sieht man umtriebige Arbeit an Pokalen, Schüsseln, sogar an einer Krone. Obwohl das Gemälde im Palazzo Vecchio zweifellos stilisiert ist, um einen besonderen Status des Goldschmiedehandwerks hervorzukehren– wohl kaum dürften die Handwerker wie Edelleute gekleidet gewesen sein –, gibt es doch einen guten Überblick über die Arbeitsschritte, die Aufteilung und die Hierarchie innerhalb der Werkstatt. Es muss dort laut, heiß und staubig gewesen sein. Der Ton, der gegenüber den Lehrlingen angeschlagen wurde, war autoritär, durften sie doch mit wertvollen Edelmetallen und Edelsteinen arbeiten, deren Diebstahl der Meister fürchtete.

      Die Goldschmiedekunst umfasste acht Haupttechniken. Der in diesem Metier Tätige war zugleich Goldschmied, Silberschmied, Edelsteinfasser, Graveur, Ziseleur, Emailleur, Vergolder und Metallgießer. Cellini war später stolz darauf, im Gegensatz zu den spezialisierten Kollegen in allen Bereichen Herausragendes geleistet zu haben. Wer die Lehre absolvierte, hatte nicht zwangsläufig das Berufsziel „Goldschmied“. Weder die Bildhauer Donatello und Verrocchio noch der als Architekt berühmt gewordene Brunelleschi, die allesamt eine solche Ausbildung durchliefen, arbeiteten später als Goldschmiede. Die umfassende Unterweisung, die auch Zeichnen und dekorative Gestaltung enthielt, wurde jedoch als vorbereitende Schule sehr geschätzt. Verschiedene große Künstler empfingen „Anregungen aus unserem Handwerk“, schrieb Cellini später in seinem Traktat über die Goldschmiedekunst.21 Der Goldschmied galt als universeller Handwerker. Er beherrschte den Umgang mit Erden, Metallen und Steinen, das Modellieren in Wachs, Gips und Ton, ja selbst den Bau von Schmelzöfen. Nur der Goldschmied konnte von sich behaupten, Umgang mit den vier Elementen zu haben. Was den Berufsstand darüber hinaus attraktiv machte, war der beständige Verkehr mit den Auftraggebern, den Großen und Reichen. Kunstvoll gestaltete Schmuckstücke bildeten einen wesentlichen Bestandteil des herrschaftlichen Kleiderluxus. Kleinodien zierten die Gewänder der Damen wie der Herren, ganz zu schweigen von Ketten, Broschen, Ringen oder Armbändern. Dies versetzte den Goldschmied unter seinen Kunsthandwerkerkollegen in eine höhere Sphäre.

      Alessandro Fei, Goldschmiedewerkstatt, Gemälde, Florenz, Palazzo Vecchio

      Cellini muss schon in jungen Jahren eine starke und unabhängige Persönlichkeit gewesen sein. Er wusste, dass er durch die Familie keine Förderung erwarten durfte. Von Jugend an löste er seine Probleme eigenständig. Seine Neugier war groß, ebenso sein Lernwille und seine Bereitschaft zu experimentieren. So eignete er sich autodidaktisch die Niellotechnik an, das Gravieren von Metall, das damals im Verfall war.22 Seine Detailversessenheit und sein Perfektionismus gingen später so weit, dass er für das Schwert des Perseus eine echte Stahlklinge schmiedete. Er gab sich nicht mit einer Attrappe aus minderwertigem Metall zufrieden. Anregungen nahm er dankbar und ohne kulturelle Scheuklappen auf. Cellini äußerte sich anerkennend über die arabesken Verzierungen osmanischer Dolche und eiferte auch muslimischen Goldschmieden nach.

      Cellini war mit großer Leidenschaft Goldschmied und verteidigte das Handwerk ein Leben lang als hohe Kunst, die für ihn auf derselben Stufe mit Bildhauerei, Malerei und der Architektur

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