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seines Dienstherrn, denn der Fingerzeig war mit seinem Juryurteil garantiert. Giovanni Cellini sorgte dafür, dass Michelangelos David zu einem Zeichen republikanischer Identität wurde. Es gehört allerdings zur Ironie der Cellini, dass es später sein Sohn Benvenuto war, der über seine Perseus-Statue in unmittelbarer Nähe des David die Alleinherrschaft eines Medici-Fürsten pries.

      Seinen Talenten entsprechend breit einsetzbar, erhielt Giovanni Cellini im Februar 1505 Haushaltsmittel, um das Gerüst zu bauen, mithilfe dessen Leonardo da Vinci in der Sala del Consiglio des Regierungspalastes die Schlacht von Anghiari malte. Er besorgte Leonardo auch die Farben für das Monumentalgemälde. Dass sein Sohn Benvenuto später während seines Aufenthalts in Frankreich von König Franz I. ähnlich großzügig behandelt wurde wie Leonardo, erfüllte Benvenuto Cellini mit Stolz, zeigte es doch seinen sozialen Aufstieg.

      Sowohl Giovanni als auch Benvenuto Cellini waren Musiker, die mehrere Instrumente beherrschten und sich auf vielen Gebieten der Musik auskannten. Das Repertoire der Stadtpfeifer umfasste neben Unterhaltungsmusik – sie spielten unter anderem der Signoria zu Tisch auf – auch Instrumentalfassungen von Vokalmotetten und Improvisationen, da sie bei unterschiedlichen Gelegenheiten und auf Abruf auftreten mussten. Da traditionell immer auch Deutsche und Flamen zu den Ensemblemitgliedern zählten, dürfte das Repertoire nicht nur auf italienische Kompositionen beschränkt gewesen sein. Die Stadtpfeifer setzten sich aus vier Bläsern, drei Schalmeispielern und einem Trompeter zusammen, gelegentlich wurde das Ensemble durch Aushilfen erweitert. Giovanni Cellini spielte neben der Schalmei die Viola und die Flöte, darüber hinaus muss er Grundkenntnisse im Orgel-, Clavicembalo-, Lauten- und Harfenspiel gehabt haben, da er diese Instrumente baute. Seinen Sohn Benvenuto lehrte er Flöte, Trompete, Horn und Schalmei spielen, Gesang und Komposition. Cellini berichtet, wie er in noch zartem Alter, auf den Schultern eines Magistratsbeamten sitzend, zusammen mit dem Vater und den anderen Musikern vor der Signoria auftrat und dabei den Part der Sopranflöte übernahm. Jener frühen Förderung war es auch zu verdanken, dass Benvenuto mit nur elf Jahren eine Stelle in der Kapelle der Parte Guelfa bekam.

      Von Giovanni Cellini sind keine schriftlichen Stellungnahmen überliefert. Sein Leben lässt sich nur aus Amtsurkunden und Rechnungsbüchern, beiläufigen Bemerkungen Dritter und dem Bericht des Sohnes rekonstruieren. Benvenuto Cellini zeichnet in seiner Lebensbeschreibung ein liebevolles, aber auch kritisches Bild des Vaters. Vieles, was er später mit großem Selbstbewusstsein für sich selbst beanspruchen wird, legt er bereits im Vater an: die dichterische und prophetische Ader, Akribie, Durchsetzungsvermögen, Autorität, Mut, den lockeren Umgang mit den Gesetzen, die Regelüberschreitung – eine Liebesheirat, wie sie Giovanni gegen den Willen seines Vaters eingehen sollte, war ungewöhnlich – sowie die Perfektion und Innovation im Kunsthandwerk. Mit großer Faszination berichtet Benvenuto, wie sein Vater einen Spiegel aus Knochen und Elfenbein in Form eines Glücksrads baute, den er kunstvoll mit Intarsien und einem lateinischen Vers versah. Selbst die körperliche Robustheit und Vitalität war beiden Männern gemeinsam und ließ sie ein hohes Alter erreichen. Giovanni Cellini starb erst 1527 mit sechsundsiebzig Jahren an der Pest. Doch war er in den Augen des Sohnes auch ein Opfer seiner Leidenschaft für die „niedere Kunst“ der Musik und seines Sicherheitsdenkens. Selbst das Zureden Lorenzos des Prächtigen habe nicht bewirkt, dass der Vater von seiner Neigung dauerhaft abließ. Unterschwellig klingt der Vorwurf des Provinzialismus an, denn im Gegensatz zu Benvenuto, der den Instinkt des Zugvogels besaß, blieb Giovanni Cellinis Wirkungskreis stets auf Florenz beschränkt. Er hätte, so die implizite Aussage des Sohnes, mehr aus seinen Begabungen in Kunsthandwerk und Ingenieurwesen machen können. Der Kampf mit dem Vater trug aber zu Cellinis Identitätsfindung als bildender Künstler bei. Nur über die Auseinandersetzung mit dem autoritären Familienoberhaupt, das den Beruf des Musikers exemplarisch verkörperte, fand Cellini seine Berufung zur bildenden Kunst.

      Von der Existenz der Mutter, Elisabetta Granacci, weiß die Nachwelt bis auf einen Geburtseintrag in einem Steuerverzeichnis nur über die Lebensbeschreibung des Sohnes. Sie wurde 1464 geboren und war dreizehn Jahre jünger als ihr Mann. Ihre Eltern lebten in unmittelbarer Nachbarschaft der Cellini. Elisabetta Granacci hatte mehrere Geschwister und muss „außergewöhnlich schön“ gewesen sein. Als feststand, dass die beiden Nachbarskinder heiraten wollten und die Väter um die Mitgift der Braut feilschten – Elisabetta entstammte keiner wohlhabenden Familie –, war Giovanni bereits derart verliebt in sie, dass er sich trotz des Widerstands seines Vaters entschloss, auf die Aussteuer zu verzichten. Der Liebesheirat entsprangen dann sechs Kinder, von denen zwei Söhne, Benvenuto und der jüngere Giovan Francesco (Cecchino), sowie zwei Töchter, Benvenutos ältere Schwester Nicolosa (Cosa) und Liperata, das Kindesalter überlebten.12

      Wie der Historiker Anthony Grafton bemerkt, waren die Florentiner des 15. Jahrhunderts „alles andere als Feministen“.13 Durch Auswertung unzähliger Dokumente in Florentiner Archiven haben Sozialgeschichtsforscher herausgefunden, dass die Stellung der Frau in der Florentiner Renaissance durch die herrschenden Normen von Herkommen und Recht besonders schwach war.14 Die Gesellschaft war durch und durch patriarchalisch. Das von Humanisten entworfene Frauenbild trug dazu bei. Leon Battista Alberti (1404–1472) entwarf in seinem Dialog Vom Hauswesen, in dessen drittem Buch eine mustergültige Florentiner Ehe skizziert wird, das Ideal einer bescheidenen Hausfrau, die dem Mann untertan still im Hintergrund wirkt. Schweigen außerhalb des Hauses, ordnende Tätigkeit im Inneren, so lauteten die wichtigsten Gebote für eine verheiratete Florentinerin. Dementsprechend ist anzunehmen, dass auch Elisabetta Granacci, kaum war der Brautkranz verwelkt, die Sorge für Haushalt und Familie weitgehend alleine trug und ein zurückgezogenes Leben führte. Selbst ihrem Sohn Benvenuto, der zu misogynen Ausfällen neigte – Frauen sind laut Cellini oft materialistisch, geschwätzig oder intrigant –, schien ihre Existenz nicht weiter erwähnenswert. Er widmet ihr außer dem Hinweis, dass sich die Eltern einer „heiligen Liebe“ erfreuten, kaum ein Wort.

      Skorpion und Salamander. Frühe Jahre

      Die Cellinis wohnten bereits seit drei Generationen in Florenz in der Via Chiara 4 in der Nähe des Klosters Sant’Orsola, als Benvenuto am 3. November 1500 geboren wurde. Nach heutiger Zeitrechnung wäre es der 14. November gewesen, da im Florenz des frühen 16. Jahrhunderts noch der julianische Kalender galt.15 Es war ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit. Luca Landucci schreibt, dass es Ende November ununterbrochen schneite. Nie sei in Florenz mehr Schnee und ein derart lang anhaltender Schneefall gesehen worden. Die Florentiner nutzten das Spektakel und verwandelten die Piazza della Signoria in einen Eisskulpturenpark. Löwen, das Wappentier von Florenz, und menschliche Figuren wurden aus Schnee gebaut. Wie üblich beteiligten sich auch Kunsthandwerker an der Erschaffung der Skulpturen und wetteiferten um die schönste.

      Cellini erhielt den Vornamen Benvenuto (Willkommen), denn seine Eltern hatten sich nach vielen kinderlosen Ehejahren auf ein Mädchen eingestellt und erlebten seine Geburt als eine angenehme Überraschung.16 Wie Cellini berichtet, sei die Geburt eines Knaben auch deshalb verblüffend für sie gewesen, weil die Mutter dieselben kulinarischen Gelüste auch während der Schwangerschaft mit seiner Schwester Rosa verspürt habe. So diente bereits Cellinis Lebensbeginn dazu, seine persönliche Legende zu fördern. In der Durchbrechung gynäkologischer Weisheiten der Zeit kündigte sich seine Auserwähltheit an.17 Dass er sein Geburtsdatum regelmäßig auf den 1. November oder die Nacht auf den 2. November zurückdatiert, somit in die Nähe des Patronatsfests Allerheiligen, steht ebenfalls in diesem Zusammenhang. Seinem Gefühl des Erwähltseins haftet etwas Messianisches an.

      Cellini erinnert sich an zwei symbolträchtige Ereignisse aus seiner Kindheit. Als er etwa drei Jahre alt war, nahm er unbekümmert einen giftigen Skorpion in die Hand, der aus einer Wasserleitung kroch. Begeistert zeigte der Junge den vermeintlichen Krebs seinem Vater und seinem Großvater. Der Großvater versuchte ihm voller Entsetzen das Untier abzuschmeicheln. Doch auf dessen ängstliches Zureden, er möge es fallen lassen, reagierte Benvenuto mit Trotz, bis der Vater kurz entschlossen eine Schere nahm und dem Tier Schwanz und Zange abschnitt. Damit war die Gefahr für Benvenutos Leben gebannt.

      Das Geschehen hat einen symbolischen Subtext. Es soll – so die implizite Forderung des Autors – als Zeichen gedeutet werden, da einem von Gott Auserwählten

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