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dem Seehofer sicher, obwohl er als Minister so kompetent wirkt.“ Der wohlbeleibte Jochen Wölfe (damals 53) sieht das ganz anders: „Das hätt’ die doch wissen müssen, dass der Seehofer Horst verheiratet ist.“

      Nach seiner Rede als Wahlkämpfer um das Amt des CSU-Vorsitzenden wird Horst Seehofer immer einsilbiger. Im Ausgang des Landgasthofs Adler nahe Ottobeuren meint er zu mir: „Da ist ja sogar ein Gast aus Berlin.“ Doch sein Lächeln schwindet sofort, als ich ihm die Titelseite mit dem Interview seiner (inzwischen wohl eher) Ex-Geliebten Anette Fröhlich zeige und wissen will: Was halten Sie davon?

      Seehofer: „Dazu kein Kommentar.“

      Frage: Schadet Ihnen das bei der Bewerbung um den Parteivorsitz?

      Seehofer: „Auch dazu kein Kommentar.“

      Frage: Wie finden Sie denn die Fotos von Ihrer Tochter?

      Seehofer: „Dazu sage ich nichts.“

      Frage: Wo fahren Sie denn jetzt hin?

      Seehofer: „Ich fahre jetzt dorthin, wo ich hingehöre.“

      Spricht’s und entschwindet, den goldenen Ehering am rechten Ringfinger, im illustriertenfreien Audi nach Hause. Zum Abschied spielt die Kapelle „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“. Zur selben Zeit ist Anette Fröhlich bei ihren Eltern in Franken.

      Die Distanz zwischen Horst Seehofer und ihr wird nun auch im ganz persönlichen Gespräch deutlich. Unter vier Augen redet er mir gegenüber nur noch von „Frau Fröhlich“ und kehrt offiziell zur Familie zurück. Es wächst zwar Gras über das zeitweilige Doppelleben, aber nicht schnell genug. Am 29. September verliert Seehofer die Wahl um den CSU-Vorsitz mit 39,1 Prozent. Wirtschaftsminister Erwin Huber gewinnt mit 58,19 Prozent. CSU-Parteichef in München wird Seehofer im Oktober 2008. Fünf Jahre später residiert seine Ex-Anette in Berlin als verbeamtete Sprecherin der staatlichen Regulierungsbehörde – zur Überraschung der 2.700 Mitarbeiter im Bonner Stammhaus der Behörde.

II.Geheimnisse um kranke Politiker

      Heimlichkeiten beim Privatleben gab es lange Zeit erst recht im Umgang mit Krankheiten von Politikern. So blieb die verhängnisvolle Ursache für das Leiden von Ludwig Erhard20 für die Öffentlichkeit lange im Dunkeln, obwohl der Hergang sehr klar war: Der Vater des deutschen Wirtschaftswunders hatte sich Anfang März 1977 die Rippen schwer geprellt, als sein damals 33-jähriger Fahrer Dieter Räbsch mit 1,3 Promille einen leichten Verkehrsunfall baute. Der Fahrer bekam einen neuen Job als Bote. Erhard erholte sich von den Folgen des Unfalls nie mehr ganz. Zwar durfte er am 27. April das Krankenhaus verlassen, aber er hatte bereits Gedanken an den Tod. Erhard rief seine engsten Mitarbeiter zu sich: Die beiden Sekretärinnen Dorothea Bilda (seit 20 Jahren bei ihm) und Eva-Marie Schattenberg (seit 14 Jahren) sowie seinen engsten Vertrauten Karl Hohmann, schenkte jedem zum Abschied eine wertvolle Grafik des Mahlers Ernst Günter Hansing (1929–2001). Dann ordnete er seinen Nachlass: Die Ludwig-Erhard-Stiftung soll mit 1,5 Millionen D-Mark junge Wissenschaftler fördern. Außerdem verleiht sie jährlich eine 120 Gramm schwere Goldmedaille „für Verdienste um die soziale Marktwirtschaft“. Für die beiden Töchter wird eine halbe Million D-Mark in bar vorgesehen.

       Ludwig Erhard bei einem seiner letzten Interviews

      An diesem Mittwochabend sah Erhard sich das Fußballspiel Deutschland-Nordirland (5 : 0) im Fernsehen an, bekam aber schon nach dem Spiel wieder heftige Brustschmerzen und fuhr am folgenden Donnerstag mit einem Krankenwagen zurück ins Bonner Elisabethkrankenhaus. Chefarzt Dr. Hubert Westermann konnte die Schmerzen lindern und das Fieber auf 38 Grad senken. Der Vater des Wirtschaftswunders hing am Tropf und fiel meist in einen Dämmerschlaf. Bei einem kurzen Aufwachen am Abend des 2. Mai sagte er mit erstaunlich fester Stimme „Ich weiß, dass ich sterben muss.“ Das waren seine letzten Worte. Am Mittwoch, den 4. Mai, wurde seine Tochter Elisabeth Klotz an das Krankenbett ihres Vaters gerufen. Ein absolut zuverlässiger Informant erklärte mir, dass keine Hoffnung mehr bestehe und Erhard die kommende Nacht sicher nicht überstehen werde. Dazu durfte ich ihn als einen ungenannten Arzt zitieren: „Wir haben alles versucht. Es gibt keine Chance mehr.“ Mit dieser Exklusiv-Information entschieden wir uns für die Schlagzeile „Erhard stirbt“. Die „Bild“-Ausgabe vom 5. Mai war damit längst gedruckt, als Dr. Westermann um 2.50 Uhr offiziell den Tod feststellte. Sechs Stunden später erhoben sich Abgeordneten des Deutschen Bundestages von ihren Plätzen, um den großen Kollegen zu ehren, denn Erhard war seit 26 Jahren bis zu seinem Tode Abgeordneter. Beim Staatsakt erklärte Bundeskanzler Helmut Schmidt: „Wir Sozialdemokraten waren häufig ganz anderer Meinung als Ludwig Erhard, aber ich weiß schon seit langem und habe ihm das auch selbst gesagt: Der schnelle wirtschaftliche Aufstieg wäre ohne Ludwig Erhard so nicht möglich gewesen. […] Wir verneigen uns vor ihm in Dankbarkeit und Respekt.“ Bundespräsident Scheel appellierte: „Es ist an uns, ob wir sein Erbe in gedankenlosem Egoismus verschleudern oder aber zur Mehrung der Freiheit unserer Bürger nutzen.“ Bei diesem Staatsakt fehlte lediglich SPD-Chef Willy Brandt, der sich mit Genossen in Oslo traf.

      Beim späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt21 sollte die erste schwere Erkrankung in seiner Amtszeit ganz geheim bleiben. Es ist der 12. Oktober 1981. Schmidt fliegt im Alter von 62 Jahren mit dem Hubschrauber zu seinem Arzt Dr. Völpel ins Bundeswehrzentralkrankenhaus von Koblenz. Offizielle Erklärung: „Fieberhafter Infekt.“ Diese Beschwichtigung war kein Einzelfall.

       Helmut Schmidt beim Interview vor seiner Krankheit

      So hatten „Spiegel“, Nachrichtenagenturen und Zeitungen bereits am 27. Januar 1981 gemeldet, Bundeskanzler Schmidt sei herzkrank und habe keine rechte Lust mehr am Regieren. Das Dementi des damaligen Regierungssprechers Kurt Becker: „Der Kanzler ist gesund und in einem erstklassigen Leistungszustand. Da müssen Intriganten am Werk gewesen sein, die ich aber noch nicht ausgemacht habe.“ Am 13. Oktober 1981 meldete Becker harmlos „einen fieberhaften Infekt“. Meine Recherche vor Ort ergab dagegen: Tatsächlich ist Schmidt während einer Voruntersuchung im Bundeswehrzentralkrankenhaus mehrmals bewusstlos geworden.

      Statt der angeblichen Grippe beginnt unter Leitung von Professor Satter und Dr. Völpel um 17.00 Uhr der einstündige Eingriff: Unter örtlicher Betäubung erhält Schmidt einen Herzschrittmacher, 40 Gramm schwer, so klein wie eine flache Streichholzschachtel, gibt 70 Stromstöße in der Minute. Danach erstes Telefonat mit seiner Loki, die mir hinterher sagt: „Jetzt bin ich sehr erleichtert, dass er mir sagte, es geht ihm wieder besser.“ Seinem Vertrauten Wischnewski kündigt er an: „Nächste Woche bin ich wieder an Deck.“ Am 17. Oktober lässt Loki Schmidt ein weißes Papierband vor die Tür zum Krankenzimmer ihres Mannes spannen, zerschneidet es am Abend, als Helmut Schmidt die Tür öffnet: „Ein Symbol für den neuen Lebensabschnitt.“ Noch Jahrzehnte später erleben wir, wie er geistig topfit mit über 90 Jahren am Schreibtisch sitzt, Schnupftabak und Zigarette in der Hand Rauchverbote als „Prohibition“ (englisch ausgesprochen) abtut oder in Talkshows hellwach die große Politik erklärt.

      Die damalige Geheimniskrämerei um die ersten Tage im Krankenhaus ist auch nicht auf seinem Mist gewachsen, sondern das Werk des glücklosen Regierungssprechers Kurt Becker mit seinen 16 Monaten Amtszeit. Im Umgang mit Krankheiten seines Chefs hatte er sich offenbar an früheren Beispielen orientiert. So erlitt der damalige SPD-Chef Willy Brandt Mitte November 1978 einen Herzinfarkt. Erste vorsichtige Meldungen darüber dementierte die Parteizentrale energisch. Statt eine Lungenentzündung und einen Infarkt der vorderen Herzwand einzugestehen, beschimpften Brandt-Mitarbeiter die Journalisten und verbreiteten: „Der SPD-Vorsitzende hat eine Grippe. kein Anlass zur Sorge!“ Ähnlich ging auch Schmidts Amtsnachfolger Helmut Kohl22 Jahre später vor.

      Im

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