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Deutschland – deine Politiker. Friedemann Weckbach-Mara
Читать онлайн.Название Deutschland – deine Politiker
Год выпуска 0
isbn 9783954628513
Автор произведения Friedemann Weckbach-Mara
Издательство Автор
Ich stimme mit Scharping den Text ab. Dann suchen wir im Dorf nach einer geeigneten Telefonverbindung zum Übermitteln der Fotos und werden beim örtlichen Arzt fündig. Die Zeit drängt. Erst die Fotos, dann gebe ich meinen Text durch. Ungläubig unterbricht mich die Redaktionssekretärin: „Das gibt’s doch nicht, hat er das wirklich gesagt, das ist ja wie bei Hedwig Courths-Mahler.“ Ich brumme: „Ruhe, weiterschreiben!“, und gebe durch: Das erste Wochenende ohne Heimlichkeit, dort, wo sie sich bisher nur ganz diskret treffen konnten – in der romantischen Block-Hütte eines verschwiegenen Freundes im Taunus. Beide wirken frisch verliebt wie Schüler: „Kopf und Herz sind sehr jung. So passen wir beide sehr gut zusammen“, strahlt Scharping seine „Tina“ an. Sie, die so erfolgreiche Anwältin und Notarin aus Frankfurt. Er hat seine Ministerakten dabei, sie ihre Prozessakten – aber erst mal fallen sie sich in die Arme: „Jetzt hat die Arbeit eine Pause!“ Rudolf Scharping ist erleichtert, dass er endlich seine neue Liebe auch öffentlich zeigen kann: „Wir wollen zusammenleben, so lange uns der liebe Gott leben lässt. Und vor allem ist jetzt Schluss mit der Heimlichkeit. Jetzt brauchen wir nicht mehr zu Hause kochen, sondern können auch mal essen gehen, tanzen, ins Konzert und ins Theater. Hartmut Engler von der Gruppe ,Pur‘ hat vor ein paar Tagen angerufen und uns ins Konzert eingeladen. Jetzt können wir ja in aller Öffentlichkeit zusammen hingehen.“ Er nennt sie: „eine gut aussehende, kluge, sehr zärtliche und fürsorgliche Frau, dabei selbständig und selbstbewusst.“ Und Tina schwärmt: „Ich bin wunschlos glücklich und hoffe, dass es ganz, ganz lange so bleibt.“
Seine blind anmutende Verliebtheit hält an. Alle sollen seine Tina sehen. So lässt er sich später sogar mit ihr im Pool auf Mallorca ablichten. Der Flug dorthin im Luftwaffenjet und die Plansche-Fotos, während seine Soldaten in gefährlichem Auslandseinsatz sind, werden für ihn zum politischen Sargnagel. Er muss 2002 das Verteidigungsministerium verlassen, aber Tina hält zur Verwunderung skeptischer Beobachter (mich eingeschlossen) zu ihm. Sie lässt sich für ihren Rudolf scheiden und 2003 heiraten beide neu.
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Von einer besonders verblüffenden neuen Heirat mit ungewöhnlichem Hintergrund erfuhr ich Ende 2001. In der zweiten Dezemberwoche rief mich die grüne Außen- und Sicherheitspolitikerin Angelika Beer11 an, um mir diese „Überraschung“ zu versprechen: „Sie waren doch gerade in Skopje. Es hat etwas damit zu tun, aber mehr noch mit der Art, wie Sie über Scheidungen und neue Verbindungen von Politikern geschrieben haben. So wie die anderen will ich auch Ihnen etwas anvertrauen.“ Ich war mächtig gespannt. Wir verabredeten uns zum Mittagessen im „Tucher“ am Brandenburger Tor. Das ist nicht nur ein Treffpunkt-Restaurant, sondern mit seiner großen Galerie zugleich so etwas wie ein Buchladen mit Messer und Gabel. Da kann man Bücher nicht nur lesen, sondern auch kaufen.
Bei Salat und Mineralwasser plauderte Angelika Beer über ihren „Mann fürs Leben“. Selbst langjährige Freunde überraschte die bekannte Antimilitaristin mit der Mitteilung, dass der Neue an ihrer Seite ausgerechnet Oberstleutnant der Bundeswehr ist. Das erklärt sie so: „Ich besuche regelmäßig die Bundeswehr auch im Ausland. Dabei habe ich mehrmals den deutschen Militärattaché in Mazedonien getroffen. Es waren normale Dienstgespräche. Wir haben viel über Bundeswehreinsätze diskutiert. Am 17. September hat beim Abschied nach einer Besprechung der Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen. Der Abschied war nur von kurzer Dauer und seit dem 1. Dezember steht für uns fest, dass wir unser weiteres Leben gemeinsam verbringen werden.“
Oberstleutnant Peter Matthiesen (damals 55) ordnete für sie sein ganzes bisheriges Leben neu, zog in Skopje aus der gemeinsamen Wohnung mit seiner Ehefrau aus: „Nach 27 Ehejahren habe ich ihre Gefühle tief verletzt. Ich hoffe auf eine gütliche Trennung. Wir sind und bleiben darüber im Gespräch.“ Er hat sieben Kinder: „Die drei Kinder in Mazedonien sind sehr enttäuscht. Es ist sicher schwer für sie. Aber ich laufe nicht weg, sondern bin auch in Zukunft für sie da.“ Auch Angelika Beer hatte mit ihrem 27-jährigen Sohn Markus aus einer kurzen frühen Ehe gesprochen, er freute sich auf ein gemeinsames Treffen, zumal es das neue Paar offenbar sehr ernst meinte. Für beide war „das Zusammensein das schönste Weihnachtsgeschenk. Die Heimlichkeit hat ein Ende. Wir lieben uns und stehen dazu.“
Als sie mir damals ihre neue Liebe gestand, schaute Angelika Beer so glücklich drein, dass ich zum Ende unseres Gesprächs aufstand, ein wunderschön gestaltetes Buch mit Liebesgedichten aus dem Regal nahm, um es ihr zu schenken. An der Kasse setzte die Verkäuferin ein maximal breites Grinsen auf. Für sie war sonnenklar, warum ich Angelika Beer Liebesgedichte schenkte. Unser Lachen darüber konnten wir gerade noch bis zum Restaurantausgang unterdrücken.
Später erzählte sie mir am Telefon, dass seine Scheidung zügig lief. Ihr Oberstleutnant verließ nicht nur seine bisherige Familie, sondern auch die Bundeswehr, um nur noch mit seiner Angelika zu leben.
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So schnell ging es nicht beim engagierten Sozialdemokraten Rudolf Dreßler.12 Vielmehr dauerte es gut drei Jahre, bis er mir am 23. April 1999 abends in Niederdollendorf seinen Scheidungserfolg verkündete: „Dieser Freitag ist einer der glücklichsten Tage in meinem Leben.“ Frisch geschieden von seiner zweiten Ehefrau Leocadia, meinte der damalige SPD-Fraktionsvize: „Ich bin froh, dass wir uns am Ende außergerichtlich gütlich geeinigt haben. In 15 Minuten war die Scheidung vollzogen.“ Gegenüber seiner zweiten Frau wollte er „nicht kleinlich sein“: Sie bekam die Hälfte aus dem Verkaufserlös des einst gemeinsamen Wohnhauses in Wuppertal und noch monatlich fast die Hälfte seiner Diäten von rund 13.000 D-Mark. Den Beginn seines neuen Lebensabschnitts feierten Rudolf Dreßler und seine neue Partnerin, die Journalistin Doris Müller (39), im Gasthof „Bredershof“ in Niederdollendorf bei Bonn. Dort tranken wir gemeinsam ein Glas Sekt „auf die deutschen Richter“. Für sie war nun der Weg frei für ein unbeschwertes gemeinsames Glück: „Sobald die Gerichtsurkunde zugestellt ist, wollen wir heiraten.“ Taten sie auch. Als ich ihn Jahre später als hilfsbereiten Botschafter in Israel traf, hielt das Glück immer noch an.
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Etwas weniger offensiv agierte sein Parteifreund Hans Eichel.13 Er wollte sich nur einmal outen und dann sollte Ruhe sein. Dazu rief mich sein Sprecher Torsten Albig (der spätere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) an mit dem Hinweis: „Ja, er lebt getrennt. Aber auch ein Minister braucht eine Schulter zum Anlehnen. Wir machen die Story exklusiv mit Ihnen und das war es.“ Er hat sich daran gehalten. So erfuhr die Öffentlichkeit mitten in der wichtigen Haushaltsdebatte des Bundestages vom neuen Glück des Finanzministers, das so gar nicht zu seinem bisherigen Erscheinungsbild passen will. Farblos, ein Mann ohne Sinn für das Schöne im Leben. Und dann die Meldung, er hat eine Neue: Gabriela Wolf, 47, eine Architektin aus Kassel. Eichel: „Wir kennen uns seit mehr als 20 Jahren und sind seit über einem Jahr miteinander befreundet.“ Beide hatten sich 1978 auf einem Volksfest bei Kassel kennengelernt und kamen sich sehr schnell näher. Eichel: „Weitere Erklärungen zu unserer Beziehung werden wir nicht abgeben und bitten die Medien, unsere Privatsphäre zu respektieren.“ Damit zogen beide eine klare Trennlinie zur Selbstdarstellung von Parteifreund Rudolf Scharping.
Noch weniger mitteilsam ging es bei Oskar Lafontaine14 zu. Er wollte den Partnerwechsel am liebsten ganz ohne Medien vollziehen. Von 1967 bis 1982 war er mit Ingrid verheiratet. 1982 folgte Margret für sechs Jahre und 1993 Christa Müller („Püppi“). Dieser Frauenwechsel wurde erst am 14. Januar 1994 durch ein kleines Wort publik. Beim Sülze-Essen in Oskars Heimatort Dillingen-Pachten