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wie dem immer wiederkehrenden Austausch der Ehepartner unter Politikern, verschwiegene Krankheiten über Partnertausch zum Regierungswechsel bis zu Terrorgefahren, Krieg und der Arbeit von Geheimdiensten. Natürlich gehören dazu auch Indiskretionen wie die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen oder die Erinnerung daran, wie Helmut Kohl Angela Merkel aufforderte, mit mir nicht mehr zu reden, sie mich später zwar einen „gefürchteten Journalisten“ nannte, mir aber trotzdem regelmäßig Interviews gab. Übrigens auch Kohl wieder, als seine Umfragewerte sanken.

      Die Summe der Einzelereignisse mag eine kleine Antwort auf die große Frage geben, wer wirklich die Macht hat, wie das so läuft in unserer Politik und wie aus Stimmungen Stimmen werden. Dabei greife ich auf meine unveröffentlichten Recherchedokumente und einige meiner 6.500 veröffentlichten Artikel zurück.

I.Politiker entdecken ihre neue Liebe

      Beginnen wir doch gleich mit dem größtmöglichen Ärgernis, das Reporter zu bieten haben, mit der Falschmeldung. Wie sie entstand und was daraus wurde. Zuletzt habe ich das so richtig erlebt, als der Kurzzeit-Bundespräsident Christian Wulff1 noch CDU-Vize und niedersächsischer Ministerpräsident war. 2008 trennte er sich von seiner Ehefrau Christiane. Eindrucksvoll legte er ein dankbares Bekenntnis zu wunderbaren gemeinsamen Zeiten mit ihr ab – so eindrucksvoll, dass sich jeder fragen konnte, warum die Trennung überhaupt stattfand. Dann wurde sein Scheidungsgrund bekannt: Er tauschte nach 19 Ehejahren seine gleichaltrige Ehefrau gegen die 13 Jahre jüngere Bettina Körner. Nur, wie sieht sie aus? Sofort begann die Suche nach einem Foto der Neuen. Plötzlich kommt sonntags eines auf den Markt, von dem einschlägige Klatschinformanten behaupten: „Das ist sie.“ Prompt prangt das Foto Montag exklusiv auf Seite Eins. Sieht prima aus.

      Den Sonntag hatte ich bei meiner Familie in Bonn verbracht, nahm am Montag die Frühmaschine nach Berlin. Im Flugzeug las ich die tolle Exklusiv-Story, ohne zu wissen, wie sie zustande kam. Kaum hatte ich nach der Landung das Handy wieder eingeschaltet, da meldete sich Wulffs Sprecher, der schwergewichtige Olaf Glaeseker (im Amt bis zu seiner Entlassung am 22. Dezember 2011): „Warum haben Sie mich nicht angerufen? Das Foto ist falsch.“ Erschrocken versprach ich Aufklärung und den baldigen Rückruf. Gespannt fuhr ich zu den Kollegen.

      In unserem Großraumbüro angekommen, gibt es die nächste Überraschung: Blond, schlank mit Schuhen wie aus dem Bleistiftspitzer, so steht dort die aufstrebende, junge Redakteurin vor mir und verblüfft mich mit dem Satz: „Warum denn recherchieren? Es liest sich doch gut.“ So ein Unsinn. Mit einer Richtigstellung auf Seite Eins umgehen wir nur mühsam eine formale Gegendarstellung. In der Überheblichkeit des Älteren brumme ich: „Das hat es früher nicht gegeben.“ Dabei denke ich an die beschauliche Bonner Republik am schönen Rhein. An der Spree ist alles ein paar Nummern größer. Da eilen allein zu Silvester dreimal mehr begeisterte Menschen zum Brandenburger Tor, als Bonn insgesamt Einwohner hat. Aber von wegen, früher war alles besser. Schon Sekunden nach dem Anflug von Wehmut fällt mir das Wahljahr 1976 ein.

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      Damals war ich mit Ausweisnummer 168 gerade neues Mitglied der Bundespressekonferenz. Das ist laut Satzung „ein Zusammenschluss deutscher Parlamentskorrespondenten, die aus Berlin und/oder Bonn ständig und weit überwiegend über die Bundespolitik berichten“. Der eingetragene Verein ist regelmäßig Gastgeber für Pressekonferenzen. Dabei gelten drei Zitierregeln, die auch sonst im Umgang mit Informanten eingehalten werden: A unter Eins = zur beliebigen Verwendung, B unter Zwei = zur Verwendung ohne Quelle und ohne Nennung der Auskunftgebenden, C unter Drei = vertraulich. Also Stillschweigen. Das war in Bonn eine unumstößliche Regel.

      Bei meinem ersten großen Auftrag in der Parlamentsredaktion der „Bild“-Zeitung ging es allerdings weniger um Zitierregeln, dafür umso mehr um eine faustdicke Lüge.

      Wir schreiben den ersten September 1976. Der neue Außenminister und FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher2 ist auf Wahlkampftour. Ein BMW mit Journalisten fährt im Kreis Uelzen dem Promi-Tross hinterher und stößt mit einem „Triumph“-Sportwagen frontal zusammen. Zwei Personen werden schwer verletzt. Ein Kollege stirbt. Als die Nachricht über den Ticker der Agenturen läuft, rufe ich bei Genschers Büroleiter Klaus Kinkel3 an und erfahre: „Herr Genscher war schon weg, als der Unfall passierte, er hat davon nichts mitbekommen.“ Mein Büroleiter Michael Spreng schickt ein Fernschreiben – damals gab es noch diese ratternden Dinger mit Lochstreifen – an die Zentralredaktion: „Lieber Hans-Erich, das Rührstück mit Genscher geht nicht. Er war schon weg, als der Unfall passierte.“ Für uns war ist Thema durch. Am nächsten Morgen fahre ich hoffnungsfroh zur Heinrich-Brüning-Straße in die Redaktion. Auf meinem Schreibtisch liegt die „Bild“-Zeitung mit der Schlagzeile: „Genscher kniete im Gras – sein Freund starb“.

      Ich kann es nicht fassen. Unter der Autorenzeile „Von Friedemann Weckbach-Mara“ steht wörtlich: „Kreidebleich, am ganzen Körper zitternd, kniete Außenminister Genscher im Gras neben der grauenhaften Unfallstelle an der Landstraße. Nacheinander hielt er die Hand der schwer verletzten Journalisten. Fassungslos presste der Minister hervor: ‚Es ist ja furchtbar.‘ Zu seinem Vertrauten Verheugen4 gewandt: ‚Sagen Sie alle Termine ab.‘“

      Als vermeintlicher Autor stand ich plötzlich im Zentrum der Kollegenschelte, sie starteten eine Unterschriftensammlung gegen mich und meine Lügenstory, wie sie es nannten. Ich hatte keine Chance zur Richtigstellung. Während ich noch meine Wunden leckte, kam die Stimmungsmache mit der Rühr-Story im Wahlkampf außerhalb Bonns gut an. Genscher fuhr mit 7,9 Prozent seinen ersten Wahlsieg als FDP-Chef ein, und die Zeitung hatte eine wahrlich exklusive Story. Eine für mich neue Variante von Geben und Nehmen zwischen Politikern und Journalisten.

       Der Artikel zum Unfall

      Andererseits besiegelte der Vorgang eine enge, dauerhafte Freundschaft zwischen Genscher und Redakteur Hans-Erich Bilges, dem tatsächlichen Autor des originellen Textes. So eng, dass sie in einer einträglichen PR-Firma dauerhaft zusammenfanden. Mehr über „Genschers PR-Firma“ im Anhang.

      Kein Wunder also, dass Genscher zu allen Zeiten eine besondere Vernetzung mit Chefredaktionen genießen konnte. Dieser enge Kontakt ermöglichte es ihm sogar, ein ungeliebtes Interview zurückzuziehen, das er gar nicht gegeben hatte, sondern sein umtriebiger Parteifreund Jürgen Möllemann.5 Mehr noch – selbst eine unerwünschte Schlagzeile konnte Genscher mit diesen Kontakten schon mal verhindern, wie wir später im Kapitel über Regierungswechsel erfahren werden. Besonders wenn es um sein Privatleben ging, zog er alle Register, um Veröffentlichungen zu bremsen. Dabei griff er auch schon mal zur Unwahrheit, etwa um seine Krankheit zu vertuschen.

      Dagegen war bei seiner Scheidung nicht so viel Mühe notwendig, denn zu der Zeit stand das Thema nicht besonders hoch im Kurs der Medien. Entsprechend gab es im Gegensatz zu späteren Scheidungen nur ein paar kleine Meldungen, als Genscher 1969 seine Ehefrau Luise gegen seine jüngere Sekretärin Barbara Schmidt tauschte. Genscher-Mutter, Neu-Ehefrau und Tochter aus erster Ehe bildeten mit ihrem Hans-Dietrich schnell eine harmonische Familie und keiner fragte mehr nach.

      Erst Ende der 80er Jahre wurde der Partnertausch unter Politikern offener diskutiert. So kam CSU-Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (1925–2012, Bundesminister des Inneren 1982–1989, für Verkehr bis 1991) im Februar 1988 schnell in die Schlagzeilen, als er nach 17 Ehejahren die Scheidung von seiner Frau Christel verkündete. Man habe sich schließlich längst getrennt. Nun wolle der 62-jährige eine 30-jährige Arzthelferin heiraten. Ein neues Haus für beide sei schon im Bau.

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      Als

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