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sind sie praktisch untrennbar“ Damasio 2018, S.227).

      Weiterhin geht Damasio davon aus, dass „verschiedene Spielarten des cartesianischen Irrtums uns den Blick auf die Wurzeln des menschlichen Geistes in einem biologisch komplexen, aber anfälligen, endlichen und singulären Organismus“ (295) verstellen. Für ein umfassendes Verständnis des menschlichen Geistes sei zum einen „eine organische Perspektive erforderlich“, die den Geist „aus einem körperlosen Cogitum in das Reich von Körpergeweben verlegt“ zum anderen „zu einem Ganzen Organismus“ in Beziehung setzt, der aus den „vielfältig miteinander verflochtenen Teilen des Körpers im engeren Sinn und des Gehirns besteht und der mit einer physischen und sozialen Umwelt interagiert“ (Damasio 2004, S.296).

      Mit zwei Zitaten möchte ich hervorheben, dass Antonio Damasio vermutlich davon ausgeht, dass der Geist sich nicht vollständig im Materiellen wieder spiegelt:

      „Die Feststellung, dass der Geist aus dem Gehirn erwächst, ist unbestreitbar, doch würde ich diese Aussage gerne noch ergänzen und nach den Gründen fragen, warum sich die Hirnneuronen so vernünftig verhalten“. … Der wahrhaft verkörperte Geist, den ich im Sinn habe“, gibt „keineswegs seine höchsten Funktionsebenen preis, jene Ebenen, die wir unter dem Begriff Seele zusammenfassen. Aus meiner Sicht sind Seele und Geist, in ihrer ganzen Würde und mit allen ihren menschlichen Dimensionen, komplexe und singuläre Zustände (Anmerkung: Entitäten) eines Organismus“ (Damasio 2004, S.295-296).

      Es bleibt allerdings etwas wage, woran er dabei denkt. Ein möglicher Hinweis ergibt sich durch das Adjektiv „verkörpert“.

      Der Begriff „Verkörperung“ ist ein Sammelbegriff für Texte, die dem Körper eine besondere Bedeutung für das Denken, die Wahrnehmung, das Bewusstsein und unser gesamtes In-der-Welt-sein spielt“, zukommen lassen (Fingerhut et al. 2017, S.7).

      Diese gehen meiner Einschätzung zufolge von einer Interaktion von Geist, Körper (Gehirn), den Lebensumständen (Umwelt) und den sozialen Beziehungen zwischen Menschen aus, die untrennbar (und hochkomplex) miteinander verbunden sind.

      Hans Jürgen Scheurle hingegen geht zum einen davon aus, das der Körper-Geist-Dualismus nicht existiert und zum anderen das dieser „durch ein den empirischen Forschungsergebnissen entsprechendes Konzept der Resonanz zwischen Gehirn, Organismus und Umwelt abgelöst“ werde (Scheurle 2016, S.13, 99).

      Literatur:

      Fingerhut, Joerg; Hufendiek, Rebekka & Wild, Markus (Hrsg.) (20172): Philosophie der Verkörperung. - Grundlagentexte zu einer aktuellen Debatte.

      Damasio, Antonio R. (20189): Der Spinoza-Effekt. - Wie Gefühle unser Leben bestimmen.

      Damasio, Antonio R. (2004): Descartes‘ Irrtum. - Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. Deutsche Ausgabe (gleicher Titel als ebook in der Ausgabe 2014).

      Falkenburg, Brigitte (2012): Mythos Determinismus. – Wieviel erklärt uns die Hirnforschung?

      Scheurle, Hans Jürgen (20162): Das Gehirn ist nicht einsam: Resonanzen zwischen Gehirn, Leib und Umwelt.

      3. Kausalität

      3.1 Kausalität in der Philosophie des Geistes

      Voraus zu schicken ist, dass es bis heute weder in der Philosophie noch in den Naturwissenschaften, insbesondere in der Physik, kein einheitliches Verständnis von Kausalität gebe. Im Allgemeinen gehe man davon aus, dass auf eine Ursache eine Wirkung folge, ein Ereignis A eine Wirkung B hervorrufe (Falkenburg 2012, S.53, 270, 319).

      Das „neuzeitliche, aufgeklärte Denken“ unterstelle, dass Ursache und Wirkung auf natürliche Weise miteinander verbunden seien, also aufgrund eines „regelhaften oder gesetzmäßigen Naturprozesses“. „Seit dem Sieg der Physik Galileis und Newton über das aristotelische Weltbild“ beschränken sich die Naturwissenschaften auf „Wirkursachen“ (Falkenburg 2012, S.270).

      Die „Wissenschaftstheorie“ habe viel Mühe „darauf verwendet, wissenschaftliche Erklärungen … zu katalogisieren. Sie unterscheidet „Deduktiv-nomologische Erklärungen“, die auf Gesetzen und … „probabilistische Erklärungen“, die auf Wahrscheinlichkeitsaussagen beruhen, sowie „Mechanistische Erklärungen“, die unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten kombinieren, „um komplexe Systeme zu beschreiben und ihre zeitliche Entwicklung zu erklären“ (Falkenburg 2012, S.284ff).

      Aristoteles hingegen orientierte sich bei seiner „Vier-Ursachen-Lehre“ an „menschlichen Handlungen“. Er unterschied Wirkursachen („causa efficiens“), Formur- („causa formalis“) und Stoffursachen („causa materialis“) sowie Zweckursachen („causa finalis“), wobei letztere „allen anderen Ursachen übergeordnet“ sei. Die Zweckursache gebe dem menschlichen Handeln erst ein Ziel oder eine Richtung. Aristoteles „dachte teleologisch oder final“, nach ihm seien alle „Naturvorgänge“ und unsere „Handlungen auf ein Ziel (telos, finis) gerichtet“ (Falkenburg 2012, S.40-41).

      Die „Zweckursachen, die Vorgänge teleologisch oder als zielgerichtet erklären“ seien jedoch unwissenschaftlich, jedoch präsent, wenn Wissenschaftler menschliches Verhalten erklären wollen und die Gründe (Warum-Frage) in Erfahrung bringen wollen. Diese Zweckgerichtet sei jedoch nicht so augenscheinlich, da man darauf entfallende Antworten mit Ursachen gleichsetze.

      Die Biologie, die Evolutionsbiologie, die Epigenetik und die Hirnforschung könne sich nicht völlig freimachen von „teleologischen Erklärungen“. Sie nutze diese, wenn sie „funktionale Erklärungen“ gebe. In der Anatomie werden funktionelle Beschreibungen bei Organen gegeben: Eine Hand sei so gebaut, dass sie mit hoher Präzision und beachtlicher Feinmotorik greifen könne. In der Hirnforschung finde sich eine funktionelle Beschreibung, wenn „kognitive Funktionen“ Hirnarealen zugeschrieben werden: Das Gehirn sei so gebaut, dass seine Areale bestimmte kognitive Funktionen ausüben würden, z.B. „das Broca-Areal die Sprachartikulation, das Wernicke-Areal das Sprachverstehen, der Frontallappen die moralische Urteilsfähigkeit“.

      Auch die Hirnforschung begebe sich damit in die „Grauzone zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und teleologischem Denken“ (Falkenburg 2012, S.290ff).

      Literatur:

      Falkenburg, Brigitte (2012): Mythos Determinismus. – Wieviel erklärt uns die Hirnforschung?

      3.2 Kausalität in den Neurowissenschaften

      Kausale Erklärungen der Hirnforschung suchen nach „neuronalen Mechanismen“, die aufgrund der Komplexität des Gehirns über mehrere Ebenen, sogenannte „Multi-Level-Organisationen“ erfolgen, um Wirkmechanismen (causa efficiens) in Erfahrung zu bringen. (Falkenburg 2012, S.295ff).

      Abb. 1: Ebenen der Erklärung in den kognitiven Neurowissenschaften

      3.3 Kausalität von Organismen

      Dem einfachen Verständnis von Kausalität, nach dem auf eine Ursache A die Wirkung B folge, werde um der „besonderen Kausalität lebendiger Organismen“ gerecht zu werden, in Anlehnung an „synergetische Modelle (Haken, an der Heiden) die „zirkuläre Kausalität von Organismus und Umwelt“ gegenüber gestellt (Fuchs 2017, S. 121).

      Dabei ließen sich zwei Formen (vgl. Abb. 2) voneinander unterscheiden. Die Beziehung zur Umwelt lasse sich als „horizontale zirkuläre Kausalität“ beschreiben, dass „Verhältnis der hierarchischen Ebenen innerhalb des Organismus zueinander als vertikale zirkuläre Kausalität“ (Fuchs 2017, S.132).

      Die „vertikale Ordnung lebendiger Systeme“ lasse sich als eine Hierarchie von Organismus, Organen, Zellen und der „elementaren oder Mikroebene von materiellen Bestandteilen (Makromoleküle, Atome)“ beschreiben (S.121). Zwischen diesen Ebenen bestehe jeweils die „Wechselwirkung von Ganzen und Teilen. … Der Organismus als ganzer und seine Komponenten (Organe, Zellen usf.) bringen einander in einem fortwährenden Reproduktionsprozess wechselseitig hervor. … Das Ganze weise den Teilen bestimmte Funktionen (S.122) zu, die ihrer Eigentätigkeit gewisse Restriktionen auferlegt. Um etwa eine koordinierte Bewegung

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