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dass längere Zeit viele Blätter Zweifel an der Richtigkeit laut werden liessen, und dass bald Vermutungen auftauchten, die Verschwörung sei nichts weiter als Polizeimache gewesen …

      [Im folgenden Prozess beantragte] der Staatsanwalt gegen Reinsdorf [die] Todesstrafe … Reinsdorf wollte nichts von Gnade wissen … ´Hätte ich zehn Köpfe, ich würde sie mit Freuden für die anarchistische Sache aufs Schaffot legen!´ Als er dem Scharfrichter Krauts übergeben wurde, rief er mit lauter Stimme: ´Nieder mit der Barbarei, es lebe die Anarchie!´ Dann blitzte das Beil und trennte ihm das Haupt vom Rumpfe ...

      Ja, lehrreich ist sie nach vielen Seiten hin, die Geschichte von August Reinsdorf und der Niederwald-Verschwörung.“

      Und sie erinnert mich, Liebste, an so viele (angebliche) Anschläge in der Gegenwart, vom Bombenattentat in Bologna 49 50 bis zum Fake auf dem Breitscheidplatz in Berlin 51.

      Offensichtlich sind die Methoden der Herrschenden, ihre Untertanen in Angst und Schrecken zu versetzen und sich durch gefakte Anschläge ggf. derer zu entledigen, in denen sie eine Bedrohung ihrer Herrschaft (zu) erkennen (glauben), seit Jahrhunderten, Jahrtausenden ähnlich.

      Nach Aufhebung der Sozialistengesetze (1890) kam es in der SPD bald (sicherlich auch infolge Wegfall des Staates als äußerem Feind – bekanntlich gibt letzterer einer Bewegung durch den erzeugten Druck eine typische Form, Struktur und Gestalt) zu multiplen Richtungs- und Flügelkämpfen.

      Es war Gustav Landauer (einem breiten Publikum durch die Münchener Räterepublik bekannt 52 53, der starken Einfluss auf den anarchistischen Flügel innerhalb der SPD ausübte; 1893 wurden die Anarchisten (mit Landauer als deren Berliner Delegierten) auf Druck der Mehrheits-Sozialdemokraten (beim Kongress in Zürich) aus der (II.) Internationalen ausgeschlossen.

      Insgesamt jedoch war die anarchistische Bewegung in der Zeit um die Jahrhundertwende (vom 19. zum 20. Jahrhundert) im Aufschwung:

      „Die Zeitschrift: ´Der Sozialist´ (Berlin, 1891-1899) zeigt uns die Verschiedenheit der Strömungen im Anarchismus. Sie wurde redigiert seit den ersten Monaten 1893 durch den jungen G. Landauer (1870-1919), welcher sich persönlich als anarchistischer Kollektivist und für freie Konsum-Organisation erklärte. 1893-1894 musste Landauer ins Gefängnis; die Zeitung wurde stark durch die Behörden bedrängt, und als Landauer endlich aus dem Gefängnis entlassen wurde, waren die Diskussionen über das Thema Anarchismus abgeschlossen; der freiheitliche Kommunismus war allgemein angenommen worden. Die anarchistischen Arbeiter riefen neue und eigene Organe ins Leben [wie] ´Neues Leben´, ´Der freie Arbeiter´, die mehr einen doktrinären Anarchismus vertraten.

      Landauer interessierte sich später für eine intellektuelle Gemeinschaft und für eine Ethik freier Menschen [s. ´Durch Absonderung zur Gemeinschaft´, 1901 54]. Er war stark beeindruckt worden durch die Ideen des kollektiven, passiven Widerstands, wie sie Etienne de la Boétie 55 befürwortete [s. Landauers Buch: ´Die Revolution´ 56].

      Viel Proudhon studierend, kam er zu der Überzeugung, dass es notwendig sei, um die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistische zu überführen zahlreiche freie Siedlungen und Kommunen zu bilden, die bestmöglich die Produktion und den wirtschaftlichen Kreislauf zu organisieren hätten, ohne sich kulturell von dem allgemeinen Fortschritt der Welt zu trennen. Er veröffentlichte anfangs 1907 die ´Dreissig sozialistischen Thesen´, die ´Flugblätter des sozialistischen Bundes´ (1908, 1909), die Zeitschrift: ´Der Sozialist´ (1909-1915), den ´Aufruf zum Sozialismus´ (Berlin, 1911) 57 etc. Der Weltkrieg unterbrach seine Aktivität“ Max Nettlau: Der Anarchismus in Deutschland …., wie zit. zuvor.

      1897 wurde die Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften gegründet (und zehn Jahre später von August Bebel aus der SPD ausgeschlossen); 1907, zur Zeit diese Ausschlusses, hatte die FVdG sich bereits zu einer syndikalistischen Organisation mit starkem anarchistischem Einfluss entwickelt: Der Anarchosyndikalismus wurde zur durchaus bedeutenden politischen Kraft.

      Zur gleichen Zeit gewann auch die individualistisch-anarchistische Bewegung (s. zuvor) – maßgeblich beeinflusst und vorangetrieben durch John Henry Mackay 58 – mehr und mehr an Bedeutung: „Während der 25 Jahre vor 1914 existierte in Deutschland ebenfalls eine individual-anarchistische Vereinigung, die durch J. H. Mackay (1864-1933) inspiriert wurde. Mackay war durch B. R. Tucker 59 und die Lehre des Mutualismus von Proudhon 60 61 62 angeregt worden und dadurch zum Anarchismus gesto[ß]en. Er verfasste die Gedichtsammlung ´Sturm´ (1888) 63, und den Roman: ´Die Anarchisten´ (1891) 64 65.

      Die Diskussion zwischen Kommunismus und Individualismus entwickelte er vollständig in seinen Romanen: ´Die Freiheitsucher´ (1920) 66 und ... ´Abrechnung´ (1932) 67 68.

      Er entwickelte eine fortgesetzte Propaganda dieser Ideen seit 1898 bis zum Hitler-Putsch 1933 in Zeitungen und Zeitschriften“ Max Nettlau: Der Anarchismus in Deutschland …., wie zit. zuvor.

      Und weiterhin 69: „In diesen beiden Werken, die er seine ´Bücher der Freiheit´ nannte und seinem amerikanischen Freund Benjamin R. Tucker widmete, sind Mackays anarchistische Ansichten detailliert dargelegt. [Dazu, Liebste, wie „der Mainstream“ indes beim Reizwort „Anarchie“ jegliche Differenziertheit vermissen lässt, und ein wenig zu Deiner Erheiterung und der des werten Lesers s. beispielsweise 70.] Seine Antwort auf die ´sociale Frage´ war eine Philosophie des individualistischen Anarchismus, die er in den Schriften von Max Stirner bestätigt fand und die den Anschauungen von Tucker und dessen amerikanischen Kollegen nahestand.

      Diese Theorie setzte er dem kommunistischen Anarchismus entgegen, der, so meinte er, das Wohl der Gesellschaft über das Wohl des Einzelnen stellte. Für Mackay hatte das Individuum höchste Priorität. Da er glaubte, daß gewaltloser Widerstand die stärkste Waffe gegen die Tyrannei des Staates sei, lehnte er den Terrorismus entschieden ab.

      Und denen, die behaupteten, daß auf den Sturz der Regierung das Chaos folgen würde, erwiderte Mackay, daß sich die Menschen dann in freiwilligen Gemeinschaften zusammenschließen würden, die effizienter wären als die mit roher Gewalt erzwungenen Formen des Zusammenlebens.

      Sein Schlagwort war ´Gleiche Freiheit Aller´, d.h. das Kriterium dafür, etwas nicht zuzulassen, war die Frage, ob es die Freiheit eines anderen auf eine geringeres Maß als das eigene beschränkt.“

      Die bereits benannte (1897 gegründete und 1907 aus der SPD ausgeschlossene) Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften, eine anarcho-syndikalistische Organisation und Bewegung, war dann, zu Beginn des 1. Weltkriegs, die einzige Arbeiterorganisation, die Kriegspolitik und Kriegskredite nicht unterstützte.

      Zwar wehrten sich auch prominente Anarchisten wie Gustav Landauer und Erich Mühsam 71 gegen die deutsche Kriegspolitik (ob diese dem deutschen Reich von außen aufgezwungen wurde oder auch nicht ist in gegenständlichem Kontext ohne Bedeutung), waren zudem maßgeblich an der tendenziell anarchistischen (wiewohl nur kurz dauernden) Münchner Räterepublik 72 (im Frühjahr) 1919 beteiligt, blieben langfristig jedoch ohne Bedeutung.

      Weil sie im Gefängnis landeten (wie Erich Mühsam).

      Oder massakriert wurden. Wie Gustav Landauer 73: „Am 1. Mai wurde Landauer im Haus der Witwe Else Eisner verhaftet. Nach dem Tode Eisners waren die beiden sich nahegekommen und planten ihre Heirat. Am Morgen des 2. Mai brachte man Landauer in das Gefängnis Stadelheim, das die Regierungstruppen als Gefangenensammelstelle nutzten. Dort angekommen wurde er erkannt: ´Halt! [D]er Landauer wird sofort erschossen.´

      Erst demütigte man ihn, dann schlug man ihn zusammen. Als mehrere Kugeln ihn nicht umbrachten, trat ein Vizewachtmeister ihn schließlich mit Füßen zu Tode. Die Leiche wurde geplündert. Man riss Landauer die Sachen herunter und warf ihn für zwei Tage ins Waschhaus. Dann wurde er mit anderen Opfern der Gegenrevolution in einem Massengrab verscharrt.“

      DIE WELT schrieb unlängst zu Landauers Ermordung 74:

      „Rund

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