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Lew und mir waren noch ein halbes Dutzend weiterer G-men im Raum, darunter auch Fred Raska.

      "Wie konnte das nur passieren?", fragte Fred. "Ich dachte, ein Ausbruch von Riker'S Island sei so gut wie unmöglich!"

      Mr. Leigh zuckte die Schultern.

      Sein Gesicht wirkte sehr ernst.

      "Wie man sieht geht es doch", sagte er.

      "Allerdings wohl nicht ohne fremde Hilfe. Ein Computer-Dossier liegt noch nicht vor, aber die Einzelheiten sehen zusammengefasst so aus: Ein Kommando von angeblichen Beamten der State Police wird auf Riker's Island vorstellig, um Vandermoore ins Staatsgefängnis von Newark zu verlegen. Sie legen die richtigen Papiere vor, es kommt die telefonische Bestätigung aus Newark und von der hiesigen Justiz..."

      "Das heißt, die konnten völlig unbehelligt mit ihm davonfahren!", stieß unser indianischer Kollege Delladonna hervor.

      Mr. Leigh nickte. "Das ist leider der Fall. Dieser Coup ist perfekt eingefädelt worden. Die Täter müssen über Verbindungen verfügen, die es ihnen erlaubt haben, die fingierten Nachrichten abzusenden. Möglicherweise hatten sie Unterstützung von Hackern, um sich in die entsprechenden Datensysteme einzuloggen. Und der Zeitpunkt war auch geschickt gewählt."

      "In wie fern?", hakte Lew Tucker nach.

      "Weil es seit einigen Wochen ein juristisches Hin und Her um eine mögliche Verlegung gab, über das auch die Medien hinreichend berichtet haben.

      Es dürfte so ziemlich jeder New Yorker davon erfahren haben. So schöpfte auch bei den Verantwortlichen auf Riker's Island niemand Verdacht, als es dann tatsächlich zu einer Verlegung des Gefangenen kam."

      "Jetzt werden einige Gangster-Größen bestimmt erleichtert aufatmen", war Cleve Caravaggio überzeugt. Der flachsblonde Italo-Amerikaner stellte den Kaffeebecher auf den Tisch und beugte sich etwas vor. "Als erstes würde mir da zum Beispiel der Batistuta-Clan einfallen..."

      "Das sind nicht die Einzigen, die froh sind, dass Vandermoore jetzt wohl kaum noch einen Deal mit dem District Attorney schließen und auspacken wird", erklärte unser Chef.

      "Es gibt da wirklich genug Adressen für Sie alle und ich kann Ihnen die mühsame Aufgabe leider nicht ersparen, sie der Reihe nach abzuklappern."

      Ich sah, dass Lew die Augen verdrehte. Das war genau die Art von Sisiphos-Arbeit, nach der wir uns alle sehnten.

      "Die Chancen stehen schlecht, Vandermoore wieder einzufangen", war Fred Raska überzeugt. "So viel Glück wie beim letzten Mal werden wir kaum noch einmal haben..."

      Mr. Leigh sah Fred an. "Dieser anonyme Informant, der Ihnen vor drei Monaten den entscheidenden Tipp gegeben hat..."

      "...ist leider immer noch so anonym wie ein Schweizer Nummernkonto", sagte Fred. "Aber möglicherweise bekommt der Kerl jetzt kalte Füße. Schließlich könnte Vandermoore wissen, wer für seine Verhaftung verantwortlich ist."

      "Dann wird er sich an dem Verräter sicher rächen wollen", sagte ich.

      "Eben."

      In diesem Moment meldete Helen, die Sekretärin unseres Chefs, über die Gegensprechanlage: "Sir, die Mitarbeiter des District Attorney warten hier!"

      "Gut, Helen. Sie möchten hereinkommen!" Mr. Leigh wandte sich wieder uns zu. "Die Staatsanwaltschaft wird Sie jetzt gleich auf den letzten Stand ihrer Prozessvorbereitungen bringen. Vielleicht ergeben sich daraus ein paar Anhaltspunkte, wo wir bei der Fahndung nach Vandermoore am Sinnvollsten ansetzen können!"

      Die Staatsanwaltschaft erschien in Gestalt eines grauhaarigen, blassen Mannes mit kantigem Gesicht und einer jungen Frau im adretten Kostüm und seriös wirkender Steckfrisur. Unter dem biederen Kostüm zeichneten sich allerdings deutlich prächtige Kurven ab, die geeignet waren, die männliche Hälfte jeder Geschworenen-Jury völlig aus dem Häuschen zu bringen.

      Sie hieß Gail Lebrocki und hatte durch ihre akribische Arbeitsweise von sich reden gemacht. Der Grauhaarige war der Staatsanwalt persönlich. Jay Garrison würde bei den kommenden Wahlen ganz sicher nicht wieder antreten, sondern sich in den Ruhestand zurückziehen. Ziemlich offen favorisierte er Gail Lebrocki als seine Nachfolgerin. Der Ausbruch eines Verbrechers wie Vandermoore konnte die Stimmung natürlich gegen diese Pläne kippen lassen, auch wenn keiner der beiden etwas dafür konnte.

      Entsprechend nervös waren die beiden.

      "Vor einem halben Jahr wurde Victor Minchew, der Boss der ukrainer Müll-Mafia in Brooklyn ermordet", erinnerte uns Gail Lebrocki. "Dank der Arbeit Ihres Special Case Field Offices, Mr.

      Leigh, hatten wir in dem Fall die besten Aussichten, Vandermoore die Tat nachzuweisen und ein Todesurteil zu erwirken."

      "Und der mutmaßliche Auftraggeber war der Batistuta-Clan aus Little Italy", ergänzte Fred Raska.

      Gail Lebrocki nickte ihm zu. "Die direkte Konkurrenz der Ukrainer - Sie sagen es!"

      Und Jay Garrison sagte: "Auf Initiative von Miss Lebrocki haben wir Rod Vandermoore einen Deal vorgeschlagen. Die Giftspritze wäre ihm erspart geblieben, wenn er uns endlich etwas gegen John Batistuta in die Hand gegeben hätte. Der tanzt uns schon seit Jahren auf der Nase herum. Irgendwann wird er es schaffen, sein illegal erworbenes Vermögen in legale Geschäfte zu transferieren. Dann kommt niemand mehr an ihn heran."

      "Wie war Vandermoores Reaktion auf das Angebot?", fragte ich.

      Garrison zuckte die Achseln. "Sein Anwalt bat für ihn um Bedenkzeit."

      "Wenn er dem Deal nicht sofort zustimmte, scheint ihm sein Leben nicht besonders wichtig zu sein!", warf 'Orry'

      Delladonna ein.

      "Um ehrlich zu sein: Ich habe mich auch gewundert", nickte Jay Garrison. "Jedenfalls wird Mr. Batistuta jetzt wieder besser schlafen können, nehme ich an. Und er ist nicht der einzige, für den das gilt. Wir haben Ihnen eine Namensliste mit Personen zusammengestellt, die an einer Befreiung Vandermoores interessiert sein müssen."

      Er reichte uns die Liste.

      Wir würden uns diese Ganoven alle vornehmen müssen.

      3

      Zwei Stunden später fuhr ich meinen Jaguar in der Centre Street kurz vor der Cleveland Plaza an den Straßenrand. Lew und ich stiegen aus. Ich blickte in die Richtung aus der wir gekommen waren. John Batistuta kontrollierte das ganze Gebiet bis zur Hester Street. Es gab keinen Coffee Shop, keinen Friseurladen und keine Pizzeria, an der er nicht wenigstens beteiligt war. Die meisten Läden befanden sich ganz in seinem Besitz. Aber das war nur die Oberfläche von Batistutas Geschäften. Sein Geld machte er in anderen Bereichen. Vor allem mit illegaler Giftmüllentsorgung. Das pfiffen mittlerweile die Spatzen von den Dächern, auch wenn es noch kein Staatsanwalt geschafft hatte, diese Pfiffe in eine wirksame Anklageschrift zu übertragen.

      Wir hatten die unangenehme Aufgabe, uns mit Batistuta zu unterhalten. Niemand hatte sich darum besonders gerissen.

      Batistuta pflegte kein Wort ohne Gegenwart kampflustiger Anwälte zu äußern und schon so mancher Cop war aus einem Treffen mit ihm selbst als Angeklagter wegen Hausfriedensbruch, Verleumdung oder anderer Kleinigkeiten hervorgegangen. Haltlose Anschuldigungen, aber Batistuta ging nach der Devise, dass immer etwas hängenbleibt, wenn man mit genug Dreck nach jemandem wirft.

      Fred Raska und unser Kollege Sid Caddox von der Fahndungsabteilung versuchten unterdessen doch noch etwas über den geheimnisvollen Informanten herauszubekommen, der Vandermoore ans Messer geliefert hatte. Und die anderen Kollegen klapperten den Rest der Namensliste ab, die die Staatsanwaltschaft uns überlassen hatte. Selbstverständlich wurden auch alle sonstigen Fahndungsinstrumente eingesetzt, zum Beispiel die Kontrolle von Flughäfen und dergleichen. Aber es war kaum anzunehmen, dass Rod Vandermoore so dumm war, sich in diesem Netz für gewöhnliche Kriminelle zu verfangen. Vandermoore war eine Klasse für sich.

      Lew und ich standen vor einem mindestens zehnstöckigen Brownstone-Komplex. Das

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