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      15

      Max ging den Weg zurück, den er gekommen war.

      Mit schnellen, geschickten Bewegungen ging es über die schmalen Steige und die steilen Hänge hinab. Schließlich hatte er endlich die Stelle erreicht, an der er Gewehr und Jagdtasche zurückgelassen hatte. Er nahm die Sachen schnell an sich und blickte hinauf zum Himmel.

      Täuschte er sich oder war das bereits ein fernes Grummeln, was da an sein Ohr drang?

      Max hatte keine Zeit zu verlieren.

      Er stieg also weiter hinab, bis er die ersten Bäume erreichte.

      Aber als er das geschafft hatte, kamen bereits die ersten Tropfen vom Himmel, die nichts weiter als Vorboten des eigentlichen Unwetters waren. Erneut grollte es hinter den Wolken.

      Bald würden Blitze über den Himmel zucken und wenn die düsteren Wolken erst einmal ihre Schleusen öffneten, dann wurde es oben bei den Felsen nass und schlüpfrig.

      Max holte das lange Jagdmesser hervor und schnitzte damit von einen Ast zurecht, von dem er glaubte, dass er geeignet war, Tonis Bein zu schienen. Dann schnitzte er noch einen, der lang genug war, um als Krücke zu dienen.

      Damit machte er sich auf den Rückweg zu seinem Bruder.

      Indessen begann es am Horizont zu blitzen. Der Regen wurde stärker und der junge Jäger hatte alle Mühe, die glatten Hänge hinaufzukommen.

      Immer weiter öffneten sich die Schleusen des Himmels und es dauerte nicht lang, da war der Krainacher-Max bereits völlig durchnässt.

      Blitz und Donner wechselten sich in immer kürzer werdenden Abständen ab. Das Unwetter kam bedrohlich näher. Einmal rutschte Max um ein Haar ab, aber es gelang ihm im letzten Moment, sich an einem Strauch festzuhalten.

      Dann erreichte er seinen Bruder, der inzwischen mühsam bis auf das Felsplateau gekrochen war.

      "Mei, ich dacht' schon, du hast es dir anders überlegt und kommst gar net mehr!", meinte er. Aber seinem Gesicht stand ein verhaltenes Lächeln.

      "Schmarrn!", meinte Max und machte sich gleich daran, das Bein seines Bruders zu versorgen.

      "Das Wetter scheint sich geradezu gegen uns verschworen zu haben!", sagte Toni, während ihm der Bruder am Bein herumhantierte.

      Beide waren sie schon bis auf die Haut nass.

      Aber das war noch geringste Problem, mit dem sie zu kämpfen hatten.

      "Ich muss dir jetzt leider etwas wehtun!", kündigte Max unterdessen an. "Lässt sich net vermeiden!"

      Der Toni nickte entschieden.

      "Mach nur!", meinte er. "Du weißt schon, was du tust - und ich werd's schon aushalten!"

      Wenig später war Max mit dem verletzten Bein fertig. Er gab seinem Bruder die Krücke in die Rechte und dann versuchte er, ihm aufzuhelfen.

      Es war nicht leicht, aber schließlich stand er, auf der einen Seite auf die Krücke, auf der anderen Seite auf den Max gestützt.

      Der Abstieg war mühsam.

      Schritt um Schritt ging es vorwärts und einmal rutschten sie an einem der steilen Hänge ein Stück hinab. Aber keiner von beiden verletzte sich dabei.

      Wind kam auf und pfiff ihnen um die Ohren.

      Sie erreichten gerade den Hochwald, als das Unwetter sie eingeholt hatte. Der Donner folgte jetzt unmittelbar auf die Blitze.

      Immer wieder mussten sie anhalten und eine kurze Verschnaufpause einlegen, weil der Toni mit seinem schlimmen Bein nicht mehr weiter konnte.

      "Es geht net mehr!", seufzte Toni. "Lass uns irgendwo einen Unterschlupf suchen, bis dieses Wetter vorbei ist, Max!"

      "Einen Unterschlupf? Mei, ich wüsst net wohin, Toni!"

      "Du kannst mich ja ier oben zurücklassen und dann ins Tal gehen, um Hilfe zu holen!"

      "Net bei diesem Wetter! Dann ist es nämlich ganz und gar net ungefährlich hier oben! Du erinnerst dich sicher noch an den gewaltigen Erdrutsch, den wir im vorigen Jahr hatten, und der den Siedler-Luis das Leben gekostet hat!"

      Der Toni rang verzweifelt mit den Armen.

      "Ja, freilich erinnere ich mich! Aber was sollen wir denn tun?"

      Max überlegte einen Moment.

      Im nächsten Moment blitzte es und dann gab einen furchtbaren Donner. Die beiden Männer fuhren zusammen, als sie das Geräusch von splitterndem, berstendem Holz vernahmen.

      "Mein Gott! Der Blitz muss in einen Baum hineingefahren sein", murmelte der Toni. "Und zwar ganz in der Nähe!" Er wandte sich an seinen Bruder. "Ich schaffe es nicht mehr, Max!"

      "Hier oben ist doch auch die Hütte vom alten Greindl", murmelte Max. "Seit er tot ist, ist sie unbewohnt. "Glaubst du, du schaffst es bis dorthin?"

      Toni zuckte die Schultern.

      "Versuchen wir's."

      16

      Sie brauchten lange, bis sie die Hütte des alten Greindl endlich erreichten. Aber dort würden sie wenigstens ein Dach über dem Kopf haben. Das Gewitter hatte inzwischen ein wenig nachgelassen, doch dafür war der Regen um so heftiger geworden.

      "Mei, wir wollen nur hoffen, dass es dieses Jahr keinen Erdrutsch gibt!", meinte der Jäger. "Bei solchen Wassermassen, da kommt der Berg schnell in Bewegung und dann kann ihn nix mehr aufhalten."

      Max stützte seinen Bruder und gemeinsam gingen sie dann in die Hütte. Die Tür war nicht verschlossen. Innen war alles noch so, wie damals, als der alte Greindl gestorben war, der hier oben so lange Jahre fast wie ein Einsiedler gelebt hatte.

      Es gab einen Tisch und einen Stuhl, beide aus Holz. Einen zweiten Stuhl gab es nicht. Der alte Greindl hatte den offenbar auch nicht nötig gehabt, da er so gut wie nie Besuch empfangen hatte.

      Nur die Spinnweben und der Staub verrieten, dass hier seit langem niemand mehr gewohnt hatte. Ansonsten hätte man denken können, der alte Greindl müsse jeden Moment von draußen hereinkommen.

      Als Buben hatten die beiden Krainacher-Jungen den alten Mann ab und zu besucht. Greindl war immer etwas wunderlich gewesen und hatte stets den Eindruck gemacht, als ob ihn ein Geheimnis umgäbe.

      Aber das alles war nun schon viele Jahre her.

      "Komm, leg dich auf das Bett!", wies Max seinen Bruder an, der dem auch widerspruchslos folgte. Max half ihm dabei nach Kräften.

      "Mei, an dir ist ein Krankenpfleger oder Arzt verloren gegangen!", meinte der Toni.

      Unterdessen prasselte der Regen auf das Dach hernieder.

      Max stellte sich an eines der Fenster und blickte nachdenklich hinaus.

      Dann murmelte er auf einmal: "Ich verstehe es noch immer net!"

      "Wovon sprichst du?"erkundigte sich der Toni mit gerunzelter Stirn.

      Max drehte

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