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hockten sie nun in schmutziger Kleidung, hatten den Mundschutz um den Hals hängen, ihre Kappen in den Nacken geschoben, aber sie lebten, alle vier...

      Marita blickte auf Harald. In diesem Augenblick sah sie nur ihn und sie dachte: O Harald, ich könnte deine Lippen nehmen und küssen und immer wieder küssen. Ich muss verrückt sein, dass ich jetzt an so etwas denke ...

      Plötzlich schreckten sie alle zusammen. Oben knirschte es drohend.

      „Die Atmung ist nicht schlecht“, erklärte jetzt Dr. Sanders, dem es offenbar wesentlich besserging. „Der Kreislauf scheint sich zu halten. Was sagt der Puls, Kollege?“

      „Der Puls ist stabil. Mein Gott, und die da oben wissen, dass wir hier sind. Hoffentlich haben sie uns bald heraus.“ Wieder Klopfzeichen von draußen. Die Ablenkung ließ Marita auf andere Gedanken kommen. Aber es war immer noch dieses eisige Gefühl im Nacken, das sie plötzlich betroffen hatte, bei ihrem Gedanken, es könnte nun doch mit einem Schlage aus sein. Eigentlich war es nur die Hoffnung, die ihr zum Durchhalten Kraft gab.

      Ich muss mich um den Patienten kümmern, dachte sie. Es ist meine erste Pflicht, alles Übrige hat Zeit bis später.

      Aber dieser Patient war zäh. Eine Bauchoperation, eine Unterschenkelamputation, trotzdem hielt er durch. Sein Körper hatte den Tod besiegt. Und was weiterkommen würde, konnte in einer Klinik gemacht werden. Dort besaß man günstigere Möglichkeiten als die beiden Ärzte und die Schwester sie hier unten in diesem Loch hatten.

      Eine Viertelstunde lang dauerte es und für die drei, die es bei Bewusstsein wahrnahmen, eine Ewigkeit. Aber dann gelang es den Rettern, ein Stück, entfernt so viel von dem Dach abzutragen und eine Öffnung zu schaffen, durch die schließlich ein staubgeschwärzter Feuerwehrmann mit seinem ehemals weißen Helm auf dem Kopf zu ihnen kroch, eine, Handlampe vor sich herschob und dann in diesem röhrenartigen Gang auftauchte, von dem noch ein kleiner Rest in diese Höhle führte, wo der bewusstlose Patient und die drei Retter ausgeharrt hatten.

      Noch einmal zehn Minuten und dieser Patient war auf eine Trage gehoben und diese wurde dann von Feuerwehrleuten nach draußen bugsiert. Ähnlich wurde mit Dr. Sanders verfahren, der fast wieder das Bewusstsein verloren hätte. Und erst ganz zuletzt verließen Marita und Harald diesen Platz, der ihnen um ein Haar zum Grab geworden war.

      12

      Was danach kam, ging wie ein Traum an Marita vorbei.

      Um den Verletzten würden sich andere kümmern. Sie selbst kam schmutzig, erschöpft und kaum in der Lage, vor Heiserkeit richtig zu reden, nach draußen. Leute, die sie nie im Leben gesehen hatte, schüttelten ihr die Hand. Eine alte Frau umarmte sie, küsste sie trotz des Schmutzes, der auf Maritas Wangen lag, und sprach schluchzend einen Dank aus. Dasselbe tat die alte Frau mit Harald. Und irgendwer sagte den beiden, dass sie die Mutter jenes Mannes war, um dessen Leben sie gekämpft hatten. \

      Dr. Sanders wurde schon im Klinomobil behandelt. Auch Harald brauchte einen richtigen Verband für seine Rückenverletzung. Marita war dabei. Sie wollte helfen, aber niemand ließ es zu. Und dann, als sie aus dem Klinomobil herauskamen, wurden sie von den Reportern umringt. Blitzlichter blendeten Marita. Männer und Frauen redeten auf sie sin, stellten ihr Fragen. Und Harald ging es nicht anders. Er ging ein wenig krumm mit seinem Verband auf dem Rücken und den Schmerzen, die er jetzt erst richtig spürte. Aber er hatte seinen Arm um Maritas Schultern gelegt, als wolle er sie vor diesen vielen Menschen, die auf sie einredeten, schützen.

      Und plötzlich war Gött da. Im Lodenmantel, den unverwechselbaren Schlapphut auf dem Kopf, so stand er da, ein Falstaff von Gestalt mit seinem breiten, von vielen Falten durchzogenen Gesicht. Verlebt, würden manche sagen, die den Wert dieses Mannes nicht zu schätzen wussten.

      Er kam auf die beiden zu, ergriff Marita an ihren Unterarmen, zog sie an sich heran wie eine Tochter, umarmte sie und strich ihr, die sie noch immer nicht sauber war, übers staubverkrustete Haar.

      „Meine Kleine“, sagte er, „hast dich brav gehalten. Für mich bist du immer eine graue Maus gewesen, ich wusste gar nicht, dass du so tüchtig sein kannst. Sanders hat es mir erzählt. Es geht ihm wieder ganz gut.“

      Er klopfte Marita auf die Schulterblätter, löste sich dann von ihr und lächelte ihr auf eine Art zu, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Da spürte sie zum ersten Mal, dass dieser berühmte Internist nicht nur der donnernde Vorgesetzte war, der er manchmal sein konnte, sondern ein Mensch mit einem goldenen Herzen.

      Dann war Harald an der Reihe. Von der Rückenverletzung wusste Gött. So umarmte er ihn nicht, aber er schüttelte ihm die Hand, dass Harald dachte, ihm solle der Arm ausgerissen werden.

      „Gut gemacht, mein Junge!“, erklärte der Chefarzt. „Und nun kommt, ich fahre euch nach Hause. Euer Dienst ist beendet. Ihr habt euch großartig geschlagen.“

      Als sie dann in seinem BMW saßen und Marita sich genierte, sich mit der schmutzigen Kleidung in die sauberen Polster zu setzen, da polterte Gött auf seine typische Weise los: „Wenn dieses verdammte Ding eure dreckigen Klamotten nicht aushält, dann hätte die Kiste kein Auto werden dürfen. Also setzt euch rein, und ab die Post!“

      Ab die Post, das war seine geflügelte Redensart. Aber er fuhr langsam und fragte immer wieder besorgt, ob Harald mit seinem verletzten Rücken auch sitzen könnte.

      Harald konnte es. Und er war glücklich, so glücklich wie auch Marita.

      „Ich habe mit Schenker gesprochen, dem Kollegen Schenker, Oberarzt von der Universitätsklinik. Ich weiß nicht, ob ihr beiden Hübschen den kennt. Ein hervorragender Chirurg. Er meint, die Sache ist astrein gemacht worden. Es könnte natürlich noch ein paar Komplikationen geben, was mit dem Schmutz zusammenhängt. Aber das bekommen die Jungs in den Griff. Ihr wart spitze, ihr zwei, hat mir Sanders selbst gesagt. Ihm ist da irgendetwas auf den Kopf gefallen, aber daran stirbt er nicht.“

      Als sie an einer Ampel hielten, meinte er: „Jetzt wäre ich fast zum Krankenhaus gefahren und ihr wollt doch nach Hause. Wo wohnt ihr überhaupt?“

      Harald sagte es ihm.

      „Na denn, Ladies first, erst unsere kleine Marita. Übrigens habe ich eine Überraschung für Sie“, wandte er sich an Marita, die neben ihm saß.

      Sie sah ihn interessiert an. „Eine Überraschung?“

      „Ab nächsten Monat“, verkündete Gött, „werden Sie mit Heidewitzka im Wechsel Frauen- und Männerstation machen.“

      „Aber ich bin doch ... “

      Gött grinste auf unnachahmliche Art. „Ab nächsten Monat bist du Stationsschwester, meine Kleine, genau wie die Heidewitzka. Eine von euch macht die Männer, die andere die Frauen und jeden Monat wird gewechselt, wie es bisher üblich war.“

      „Und Schwester Anna?“, wollte Marita wissen.

      „Schwester Anna ist mittlerweile achtundfünfzig. Sie wollte immer schon in den Nachtdienst gehen. Ich hatte das eigentlich erst für nächstes Jahr mit ihr vor, aber als ich hörte, was hier gelaufen ist, da dachte ich mir, dass so eine kleine Belohnung für ein Mädchen wie dich, Schwester Marita, ganz guttäte. Na, nun sag mal was Nettes zu mir. Ich will auch mein Erfolgserlebnis haben.“

      Harald und Marita lachten. Aber dann hupte hinter ihnen ein Wagen, denn es war mittlerweile

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