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ja keiner!“

      „Wahrscheinlich deswegen, weil du auch nicht für die Kosten aufkommen musst, Frank!“

      Pötter verzog das Gesicht. „Aber du, Willy, was?“

      Seit Willy Jarvis Schichtführer geworden war, spielte er sich für Pötters Geschmack schrecklich auf. Dazu kam, dass Frank Pötter sich ebenfalls beworben hatte. Aber Willy hatten sie vorgezogen.

      Jedenfalls fand Frank Pötter, dass ihm der Posten und die Zulage zugestanden hätten. Dadurch war das Verhältnis zwischen den beiden Männern in letzter Zeit vergiftet.

      „Schon seltsam“, meinte Pötter. „Noch vor kurzem hast du auch darauf geschimpft, dass am falschen Ende gespart wird und wir unseren Job machen müssen, ohne richtig ausgerüstet zu sein. Hauptsache es ist billig. Aber seit man dich befördert hat, scheint dich das nicht mehr so zu stören“

      „Du redest Unsinn, Frank!“

      „Ach, ja?“

      Pötter kletterte auf die Ketten des Bulldozers und schickte sich an, den Motorblock zu öffnen.

      Hundegebell lenkte ihn ab.

      Es kam immer wieder vor, dass streunende Hunde oder Katzen angelockt wurde, um den Möwen etwas von ihrer Beute wegzunehmen. Man hatte alles Mögliche versucht, um das zu verhindern. Vergeblich. Es gab immer irgendwo undichte Stellen in den Zäunen.

      Zwischen zwei Müllbergen rannte ein zotteliger grauer Terrier daher, der etwas im Maul trug.

      Ein Schäferhund verfolgte ihn.

      Der Terrier verlor den Stiefel. Beide Hunde verbissen sich kurz ineinander.

      Willy Jarvis hob eine platt gedrückte Konserve vom Boden auf. Mit seinen festen Arbeitshandschuhen bestand nicht die Gefahr sich zu schneiden. Er schleuderte das rostige Metallstück auf die beiden Hunde.

      Die stoben daraufhin davon und verschwanden zwischen den aufgetürmten Müllgebirgen.

      Willy ging auf den Stiefel zu. Es handelte sich um ein elegantes Herrenmodell. Größe 44 schätzte er.

      Der Schaft zeigte in Willys Richtung.

      Als er hineinblickte, veränderte sich sein Blick. Er wirkte verstört.

      „Frank!“, rief er. „Frank, komm mal her!“

      Frank Pötter hatte sich längst wieder dem Motor des Bulldozers zugewandt. Eine dunkle Flüssigkeit rann unter der Verkleidung hervor. Ein schlechtes Zeichen, da war irgendeine Leitung geplatzt.

      „Frank, hörst du nicht?

      „Was ist denn los, verdammt noch mal?“

      „Frank, ob du es glaubst oder nicht – das sieht fast aus, als wäre in dem Stiefel noch ein Fuß!“

      28

      Am nächsten Morgen führten wir in Zusammenarbeit mit der Schutzpolizei eine groß angelegte Aktion durch. Kriminaldirektor Bock hatte noch in der Nacht einen Durchsuchungsbeschluss für alle privaten und geschäftlichen Immobilien von Ferdinand Teckenstett erwirkt. Er galt sowohl für die dubiose Im- und Exportfirma, deren Eigentümer er war, als auch für verschiedene Geschäfte, die er in Berlin Mitte betrieb. Außerdem natürlich seine Villa. Kollegen der Kriminalpolizei Greifswald nahmen sich zur gleichen Zeit auch sein Ferienhaus auf Rügen vor.

      Gerade letzteres erwies sich als Fundgrube.

      Kistenweise waren dort Ikonen, Gemälde und vor allem auch wertvoller Schmuck aufbewahrt worden. Schon eine oberflächliche Prüfung zeigte, dass zumindest ein Teil dieser Kunstgegenstände aus der Eremitage in St. Petersburg stammten. Sie waren in den Inventarlisten verzeichnet, die die russischen Behörden übersandt hatten.

      Man konnte annehmen, dass auch der Rest aus derselben Quelle stammte, aber auf Grund der lückenhaften Inventarlisten der Eremitage würde man wohl einen Teil davon nicht zurückverfolgen können.

      Rudi und ich gehörten zusammen mit Friedrich Richards und Major Marenkov zu dem Teil unserer Einsatzkräfte, die sich die Villa vornahmen.

      Ferdinand Teckenstetts Ehefrau Charlotte war dort. Sie rief sofort ihren Anwalt an.

      „Mein Mann liegt im Koma und Sie haben nichts Besseres zu tun, als ihn zu beschuldigen, ohne, dass er die Chance hätte, sich zu verteidigen!“, giftete uns Charlotte Teckenstett an, als wir ihr den Beschluss aushändigten.

      In der Villa befand sich natürlich keinerlei Hehlerware.

      Dieses Risiko wären weder Teckenstett noch seine Frau eingegangen.

      Wenig später traf ein Mann im grauen Zweireiher ein.

      „Matthias Varney von Varney & Partner“, stellte er sich vor. „Ich bin der Anwalt der Teckenstetts! Wer immer diese Aktion angeordnet hat, wird mit Konsequenzen zu rechnen haben.“

      „Warten wir es ab“, erwiderte ich.

      Wenig später erreichten uns dann die Meldungen unserer Kollegen auf Rügen.

      Ich belehrte Frau Charlotte Teckenstett über ihre Rechte. „Es fällt mir schwer zu glauben, dass Sie nichts von den Geschäften Ihres Mannes gewusst haben. Wenn Sie etwas wissen, sollten Sie jetzt mit uns zusammenarbeiten.“

      „Meine Mandantin wird Ihnen gegenüber gar keine Aussagen machen“, beharrte der Anwalt.

      „Ein Mann namens Bykow soll sich wegen einer Lieferung von Ikonen und Schmuck an Ihren Mann gewandt haben. Wissen Sie etwas darüber?“

      „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen“, behauptete Charlotte Teckenstett.

      „Wir werden Ihre Telefondaten überprüfen – und falls sich dabei herausstellen sollte, dass es Kontakt zwischen Ihnen und Bykow gab...“

      „Ich weiß wirklich nichts darüber!“, behauptete sie. Das Foto von Bykow schaute sie sich gar nicht richtig an.

      29

      Am frühen Nachmittag erreichte uns ein Anruf aus dem Präsidium. Kriminaldirektor Bock hatte bei der Bearbeitung der DNA-Vergleichsprobe von Bykows Schwester Druck gemacht und so lag nun das Ergebnis vor.

      Es sah ernüchternd aus.

      „Was ist?“, fragte Rudi.

      „Die DNA aus dem Blutfleck in der Galerie mag von sonst wem stammen – aber nicht von Bykow“, informierte ich meinen Kollegen, nachdem ich das Gespräch beendet hatte.

      „Dann wollte Bykow wohl untertauchen“, glaubte Rudi. „Aber wer ist der Kerl, der die Kugel in der Galerie abbekommen hat?“

      „Sobald man die Leiche findet, wird ein DNA-Test gemacht und in die Datenbank eingestellt. Dann werden wir es erfahren, vorausgesetzt, die Leiche ist in einem identifizierbaren Zustand.“

      Rudi seufzte. „Alles, was wir wissen ist, dass es eine Leiche geben muss, denn einen Schuss mitten durch den Kopf überlebt wohl kaum jemand.“

      30

      Wladimir Bykow blickte in den Spiegel. Sein Gesicht hatte sich stark verändert. Er trug eine aschblonde Perücke und einen künstlichen Oberlippenbart. Bykow war mit dem Ergebnis zufrieden. Die Veränderung seiner optischen Erscheinung entsprach den neuen Passbildern, die er gemacht hatte. In Zukunft musste er aufpassen kein Detail seiner Maskerade zu vergessen.

      Bykow hielt in der Linken einen auf den Namen Ian Van Bronk ausgestellten Pass der Republik Südafrika und verglich sorgfältig jedes Detail mit dem darin enthaltenen Foto.

      Geht so!, dachte er.

      In diesem Augenblick stutzte er.

      Von draußen war das Geräusch eines Wagens zu hören.

      Bykow

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