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      "Warst du schon oben?"

      "Ja. Jetzt ist die Spurensicherung gerade dort!"

      "Wo ist denn der verdammte Arzt?"

      "Schon wieder weg, Captain."

      "Und die Todeszeit?"

      "23 Uhr 47."

      Rogers zog die Augenbrauen hoch und runzelte die Stirn. Er sah Lieutenant Browne an, als wollte dieser ihn auf den Arm nehmen. "So genau, Lieutenant?"

      "Wir haben die Aussage einer Frau, die einen Schuss hörte, nachdem sie kurz vorher auf die Uhr geschaut hatte!"

      "Einen Schuss?"

      Browne nickte. "Ja, und den muss der arme Kerl hier selbst abgegeben haben. Er besaß eine Beretta. Sein Mörder hat wohl mit Schalldämpfer gearbeitet!"

      Rogers verzog das Gesicht. Das klang nicht gut.

      Er zwang sich dazu, den Toten anzuschauen, aber die Mühe hätte er sich sparen können. Der Schädel war ziemlich zerstört und obendrein blutbeschmiert. Vom Gesicht war nicht viel zu sehen. "Er heißt Steve Tierney und unterhielt hier ein Büro als Privatdetektiv", hörte der Captain die sonore Stimme von Browne.

      Rogers nickte. "Haben wir zufällig mal mit ihm zusammengearbeitet?"

      "Glaube ich nicht", meinte Browne. "Jedenfalls ist er mir nicht in Erinnerung geblieben."

      Zwei Männer kamen jetzt herbei, um den Toten in einen Zinksarg zu legen. Rogers wandte sich ab. Er war verdammt froh darüber, dass das nicht sein Job war.

      "Gehen wir hinauf in das Büro", meinte er zu Browne.

      "Es war durchwühlt", sagte Browne. "Vielleicht ist Tierney auf irgendetwas gestoßen, das so brisant war, dass man ihm gleich einen Killer auf den Hals gehetzt hat!"

      Rogers zuckte mit den Schultern.

      "Schon möglich", meinte der Captain und fuhr fort: "Kann aber genauso gut sein, dass er sich als Erpresser versuchte. Reich ist er mit seinem Job ja wohl nicht geworden - wenn er hier residierte!"

      Rogers war schon ein paar Schritte gegangen, da ließ ihn Brownes Stimme abrupt stoppen.

      "Ach, Captain... Da ist noch etwas..."

      Browne druckste ein wenig herum, während Rogers ihn anfuhr: "Na los, raus damit!"

      "Tierney hatte Frau und Kinder."

      "Ich hoffe, es hat sie jemand benachrichtigt. Und zwar mit Einfühlungsvermögen!"

      "Das ist es ja eben. Ich hatte gehofft, dass Sie..."

      3

      "Guten Tag, Mister Reiniger!"

      Die Gesichtsfarbe des Mannes war so grau wie sein Anzug. Sein Lächeln schien nichts weiter als eine gefühllose Maske zu sein. Eine geschäftsmäßige Maske.

      Sein Name war Norman Reynolds, und er war seines Zeichens Notar und Rechtsanwalt, im übrigen einer mit ziemlich gutem Ruf.

      Bount Reiniger, der Mann auf der anderen Seite des Schreibtisches, hatte ebenfalls in seiner Branche einiges an Renommee. Er bot seinem Gast einen Sessel an.

      "Es freut mich, Sie endlich einmal kennenzulernen, Mister Reiniger."

      "Ganz meinerseits."

      "Ich habe schon einiges von Ihnen gehört. Man sagt, Sie wären New Yorks bester Privatdetektiv!"

      Bount lächelte ironisch. "Die Leute sagen viel, Mister Reynolds. Das wissen Sie sicher auch..."

      Aber diese Art von Humor kam bei dem grauen Mann offensichtlich nicht so recht an. Er blieb knochentrocken, sein Gesicht fast reglos. Er wandte den Kopf kurz zu der dritten Person, die sich im Raum befand. Es war eine äußerst attraktive Blondine, deren enganliegendes Strickkleid wenig von dem verbarg, was sich darunter befand. Norman Reynolds beeindruckte das jedoch augenscheinlich nicht im Geringsten.

      Er wandte sich an Bount.

      "Ich hätte Sie gerne unter vier Augen gesprochen, wenn es Ihnen nichts ausmacht."

      "Es macht mir nichts aus, aber dies ist Miss June March, meine Mitarbeiterin. Sie wird ohnehin erfahren, worum es geht. Da kann sie auch gleich dabei sein, finden Sie nicht?"

      Norman Reynolds fand das nicht.

      Aber er setzte sich trotzdem.

      "Was ist Ihr Anliegen, Mister Reynolds?", erkundigte sich Bount, während er sich eine Zigarette anzündete.

      "Ich bin hier, weil ich die traurige Pflicht habe, den letzten Willen eines Verstorbenen zu erfüllen. Vor zwei Tagen wurde ein Privatdetektiv namens Steve Tierney in seinem Büro erschossen. Es ist kein Fall, von dem Sie gehört haben müssten, Mister Reiniger. Vielleicht gab es eine kleine Randnotiz in der Zeitung, vielleicht noch nicht einmal das." Reynolds erzählte dies mit fast emotionsloser Stimme. Er zuckte einmal zwischendurch kurz mit den Schultern und fuhr dann fort: "Mister Tierney hat mich zu Lebzeiten beauftragt, Ihnen das hier auszuhändigen."

      Er überreichte Bount ein Kuvert und dieser öffnete es. Darin befand sich ein Brief, in dem der Ermordete Bount Reiniger den Auftrag gab, seinen Tod aufzuklären. Außerdem ein Scheck, sowie ein Schlüssel. Dazu eine von Tierney unterzeichnete Vollmacht, die Bount Reiniger ermächtigte, den Inhalt eines Bankschließfachs abzuholen. Laut Brief befanden sich dort die Ermittlungsunterlagen zu Tierneys letztem Fall.

      Bount gab den Brief an June weiter, die ihn kurz überflog.

      "Heißt das, dass dieser Tierney von seiner bevorstehenden Ermordung wusste - oder zumindest ahnte?", fragte Bount stirnrunzelnd.

      Reynolds zuckte mit den Achseln.

      "Ich weiß es nicht, Mister Reiniger", bekannte er. "Ich möchte nur wissen, ob Sie den Fall annehmen! Anderenfalls muss ich mich auf die Suche nach jemandem anderem machen. Mister Tierney hatte offenbar - rein professionell gesehen - eine hohe Meinung von Ihnen. Deshalb sind Sie seine erste Wahl gewesen."

      Bount überlegte kurz. Dann nickte er. Er hatte eine Entscheidung getroffen. "Ich werde mich um die Sache kümmern", kündigte er an. "Schließlich war Tierney gewissermaßen ein Kollege..."

      "Es freut mich, dass Sie die Sache so sehen, Mister Reiniger!", erwiderte Reynolds kühl und erhob sich dann. "Sie ersparen mir damit einiges an Aufwand. Es ist schließlich nicht so einfach, einen guten Privatermittler zu finden!" Er blickte dann auf seine Rolex, um zu unterstreichen, dass er jetzt schleunigst gehen musste.

      "Miss March wird Sie hinausbegleiten", sagte Bount.

      Aber Reynolds winkte ab. "Danke sehr, aber ich finde den Weg sehr gut allein!" Einen Augenblick später war er verschwunden.

      "Das ist doch wohl die merkwürdigste Art und Weise, auf die du je an einen Fall geraten bist, Bount! Die ganzen Jahre über, die wir schon zusammenarbeiten, habe ich so etwas noch nicht erlebt!"

      Bount grinste. "Das ist eben eine der positiven Seiten dieses Jobs: Es gibt jede Menge Abwechslung!"

      Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

      "Trotzdem! Dass du dich gleich so hast breitschlagen lassen, wundert mich! Ich frage

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