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sich aus dem Haus geschlichen hat. Heimlich wohlgemerkt, und allein! Deshalb habe ich Anordnung gegeben, sie lückenlos zu beobachten. Natürlich so, dass sie es nicht merkte.“

      „Und jetzt ist es wirklich bewiesen?“

      „Oh, schon seit ihrem letzten Treffen mit diesem Johann Wetken, aber angesprochen darauf habe ich sie erst gestern, denn da hatte sie wohl wieder eine Verabredung mit ihm. Ich dachte mir, es ist viel wirkungsvoller, wenn ich sie mir so kurzfristig vornehme, dass sie keinerlei Möglichkeiten mehr hat, ihn noch rechtzeitig zu warnen.

      Und von einem meiner Spione bei den Wetkens habe ich erfahren, dass Johann Wetken tatsächlich heimlich das Haus verlassen hat gestern Abend, zu Einbruch der Dunkelheit, und erst nach dem Morgengrauen nach Hause zurückkehrte. Es war wohl eine sehr lange und vor allem sehr einsame Nacht gewesen für ihn.“

      „Du scheinst das sogar auch noch zu genießen!“, warf ihr Hermann erschüttert vor.

      „Sollte ich denn nicht? Schon vergessen, dass es sich um Johann Wetken handelt?“

      „Und – und was verlangst du jetzt von mir? Soll ich ebenfalls noch mit Adele reden?“

      „Als würde das etwas nutzen. Jeder hier weiß doch, dass du nur der Hanswurst bist. Du tust, was ich dir sage. Sonst nichts. Dafür gewähre ich dir deine billigen Vergnügungen, solange sie nicht unser Haus zu sehr beschmutzen.“

      „Das ist wohl schon eine ganze Weile her, das mit den billigen Vergnügungen, wie du sie zu nennen beliebst. Ich bin inzwischen ein alter Mann, der daran kaum noch Interesse haben kann. Schon vergessen?“, versuchte er sarkastisch zu werden, obwohl er genau wusste, dass er damit nicht gegen seine bedeutend stärkere Frau ankam.

      Ohne weitere Umschweife kam sie daraufhin auf den Kern dessen zu sprechen, was sie von ihm erwartete:

      „Du wirst unserem ärgsten Gegenspieler Georg Wetken zukommen lassen, dass sein Sohn sich mit unserer Adele eingelassen hat. Dann wird sich das Problem von allein lösen, schätze ich. Georg Wetken wird alles tun, um ein weiteres Treffen nachhaltig zu verhindern. Sind wir uns darin einig?“

      Nur widerstrebend stimmte Hermann ihr zu. Nicht nur, weil er selber wusste, dass sie damit wohl recht hatte: Georg Wetken hasste nichts mehr auf dieser Welt als alles, was Brinkmann hieß, Adele Brinkmann garantiert mit eingeschlossen.

      Andererseits jedoch empfand Hermann eine solche Vorgehensweise als regelrecht infam. So etwas hätte er aus eigenem Antrieb niemals tun können.

      Wenn aber Margarethe das von ihm forderte...

      „Und was geschieht dann mit Adele?“, erkundigte er sich noch vorsichtig.

      „Das lass mal ganz meine Sorge sein, mein Lieber. Und hopp, hopp, an die Arbeit. Ich will, dass dieser Georg Wetken spätestens heute Mittag weiß, was sein Herr Sohn da hinter seinem Rücken treibt!“

      Sie wandte sich ab, um seinen persönlichen Bereich wieder zu verlassen. Doch in der Tür wandte sie sich ihm noch einmal kurz zu:

      „Und sei ein guter Junge und funktioniere wunschgemäß! Denn wenn nicht... Du weißt sicherlich noch, was dann geschieht?“

      Klar wusste er das, obwohl er sich standhaft weigerte, daran auch nur einen Gedanken zu verschwenden.

      Eine Entgegnung wartete sie nicht mehr ab. Sie verschwand, wie sie gekommen war. Hinter ihr fiel die Tür laut ins Schloss.

      Sekundenlang starrte er noch darauf, ehe er sich dazu aufraffen konnte, tatsächlich mit der Arbeit zu beginnen, wie seine herrschsüchtige Gemahlin es formuliert hatte.

      Als Erstes rief er dazu nach seinem getreuen Kammerdiener, der einzige, dem er in diesem Hause wirklich vertrauen konnte und wollte.

      4

      Georg Wetken war nicht der Mann kleiner Gesten. Ganz im Gegenteil: Man kannte und fürchtete ihn als jähzornigen Verteidiger von allem, was er für richtig hielt – und eine fremde Meinung hatte gegen ihn sowieso niemals eine Chance. Wenn er jemanden zu sich kommen ließ, war das immer mit sehr bedenklichen Gründen verbunden.

      Diesmal rief er niemanden zu sich, sondern kam sogar selbst. Unangemeldet, wie es bei ihm normal war. Immerhin handelte es sich um seinen Sohn, sein eigenes Fleisch und Blut. Seinen Lieblingssohn obendrein, obwohl er nicht der Mann war, der jemals so etwas wie väterliche Gefühle gezeigt hätte.

      Auch dieses Mal nicht. Ganz im Gegenteil. Immerhin aus aktuellem Anlass, und welcher das war, erfuhr Johann Wetken recht lautstark auf der Stelle, ohne jegliche Umschweife.

      Sein Vater, gerade erst herein gebraust wie der sprichwörtliche Sturmwind, der alle Fenster und Türen eindrückte, brüllte mit hochrotem Kopf:

      „Wie konntest du es wagen?“

      Noch bevor Johann Gelegenheit bekam, etwas zu sagen, etwa sich zu erkundigen, worum es sich eigentlich handelte, fuhr sein Vater in seiner übertrieben jähzornigen, alles übertönenden Art fort:

      „Du bist nicht mehr mein Sohn! In meinen Augen bist du schlimmer noch als der schlimmste Bastard. Wie konntest du mir das antun, dich mit einer Brinkmann einzulassen? Ausgerechnet!“

      Johann blinzelte verwirrt. Er hatte ja schon befürchtet, sein Vater könnte ihn vielleicht bei seiner Heimlichtuerei irgendwann einmal ertappen, und jetzt war er definitiv bereits über alles informiert?

      Aber wieso eigentlich?

      Den ganzen Morgen über war doch noch alles in Ordnung gewesen. Was war geschehen?

      Während er das fürchterliche Donnerwetter geduldig über sich ergehen ließ, beschäftigten sich seine Gedanken genau mit dieser Frage. Adele war aufgehalten worden. Soviel stand jetzt für ihn fest. Von wem? Das war eigentlich von zweitrangiger Bedeutung. Zunächst. Jedenfalls war sie nicht freiwillig fern geblieben. Davon konnte er ausgehen. Und jetzt, erst am Mittag, tauchte sein Vater auf, um seiner grenzenlosen Empörung dermaßen lautstark Luft zu machen?

      Er wartete eine winzige Atempause ab, was sehr viel Geduld und Aufmerksamkeit von ihm abverlangte, trotz der lautstarken Beschimpfung, die er gleichzeitig über sich ergehen lassen musste, und flocht rasch ein:

      „Wer behauptet denn so etwas?“

      Georg Wetken vergaß, zu atmen. Aus geweiteten Augen starrte er seinen Sohn an, als würde er ihn jetzt erst erkennen. Es klappte ihm regelrecht die Kinnlade herunter.

      „Willst du etwa leugnen?“, schnappte er, nachdem er sich von dem ersten Schock ob dieser in seinen Augen hanebüchenen Unverschämtheit halbwegs erholt hatte.

      „Ich möchte bloß wissen, wer so etwas behauptet – und wieso!“, beharrte Johann und gab sich alle Mühe, zumindest nach außen hin ruhig und besonnen zu wirken.

      Das war seine große Stärke: Ihm konnte man nicht ansehen, wie es in Wahrheit in ihm rumorte. Da war die grenzenlose Enttäuschung darüber, dass er letzte Nacht vergeblich gewartet hatte, gepaart mit der mindestens genauso grenzenlosen Sorge um seine geliebte Adele. Da konnte ihm auch das mächtigste Donnerwetter seines Vaters wahrlich nichts mehr anhaben, denn schlimmer konnte es seiner Meinung nach sowieso nicht mehr werden.

      Blieb also die durchaus berechtigte Frage, wer da seinen Vater entsprechend aufgehetzt hatte und

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