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konnten nichts mehr erzählen…

      Der Pfad der Ehre, auf den sie vorbereitet wurden, so wurde ihm bewusst, war ein sehr langer Pfad, der nicht immer mit Ruhm und Ehre endete. Dabei war ihr Aufenthalt in der Wildnis nur der erste kleine Schritt auf diesem Pfad…

      Sein Vater hatte ihnen erklärt, dass vor der ruhmreichen Tat erlernt werden musste, wie ein Krieger in der Wildnis überleben konnte… Wo fanden sie Nahrung und Wasser, wie war eine gute Feuerstelle vorzubereiten, wie gelang es, auch im Regen, Feuer anzuzünden, was musste getan werden, eine Speise zuzubereiten, wo sollte gelagert werden, welche Sicherheit erforderte ein Lager der Nacht, wie schützte sich der Krieger vor der Unbill der Natur und vor Gefahren durch wilde Tiere? Vater endete mit dem Feind, der auch wusste, wie er sich zu verhalten hatte…

      Der Jungmann begriff, dass er gerade diesem Teil der Erklärungen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ihr Anführer verleitete sie, nach der erfolgreichen und unbemerkten Beobachtung der Hermunduren, diesen Angriff zu wagen. Sie wollten eigentlich nur deren Pferde und sonnten sich schon im Ruhm einer erfolgreichen Tat…

      Was aber empfanden die Hermunduren bei ihrem Angriff?

      Im Nachhinein, sich in die Lage der Anderen versetzend, begriff er, dass der Angriff einer Todesdrohung gleich kam. Ein bedrohter Krieger wehrt sich und weil es Nacht war, erkannten die Hermunduren nicht, dass eigentlich nur Knaben angriffen…

      Wer also beging den entscheidenden Fehler?

      Der Jungkrieger erfasste den Umfang der gemachten Fehler und sah sich dabei in seiner Erkenntnis ausgerechnet vom Anführer der Hermunduren bestätigt. Sprach dieser doch davon, dass die Hermunduren nicht erkennen konnten, wer den Angriff führte. Wollten sie überleben, waren sie zum Kampf gezwungen und wussten dennoch nicht, in welcher Überzahl ein Feind angriff.

      Sie wehrten sich mit aller Macht, sowie allem Geschick, und fragten weder nach Erfahrung, noch nach dem Alter der Angreifer. Sie töteten Feinde… Das aus der Übermacht der Chatten plötzlich eine Unterlegenheit hervorging, lag auch an der Fehleinschätzung ihres Anführers.

      Es war nicht falsch, die Hermunduren zu beobachten, auch wenn dies hätte schon fehlschlagen können… Den Angriff auszuführen, bedeutete aber mit der Gegenwehr rechnen zu müssen und in diesem Vergleich zwischen den Chatten und Hermunduren steckte eine Überraschung, die ihr Ausbilder übersah.

      Es war die Erfahrung und Kampffähigkeit der Angegriffenen, von dem er, durch das nach seiner Gefangennahme folgende Belauschen der Sieger, Kenntnis erhielt.

      Der Krieger Irvin war zweifellos erfahren und das war ihm schon zuvor anzusehen… Der als Simo bezeichnete war zumindest im Umgang mit einer Waffe erfahren… Den Zwerg aber nicht zu beachten, war ein entscheidender Fehler. Er sah dessen Messerwurf und ließ er diese Bewegung in seiner Erinnerung noch einmal ablaufen, überzeugte der Wurf ihn von der Fähigkeit dieses Unscheinbaren.

      Wenn er so recht bedachte, dass ihm dieser Junge folgen sollte, oder der Irvin genannte, begannen seine Hände, die den Zügel des Pferdes hielten, zu zittern. Nein, das durfte nicht sein…

      Der Jungkrieger der Chatten fand sich in der Erkenntnis wieder, dass der Tod seiner Gefährten dem Versagen ihres Anführers geschuldet blieb und nicht den Hermunduren zuzuschreiben war…

      Der Gedanke, so wie er sich in seinem Kopf festsetzte, erregte inneren Argwohn… Woher kam diese Folgerung? Je mehr er darüber nachdachte, sich auch dagegen wehrte, desto mehr verfestigte sich der Gedanke als Erfahrung seines noch jungen Lebens…

      Der Anführer der jungen Chatten hatte sie in eine Bedrohung geführt, der er und sein Bruder, nur mit knapper Not entgingen… Die Gefährten und der Anführer aber waren tot.

      Also war alles, was der ältere Chatte lehrte oder erzählte eine Lüge?

      Der Reiter versank tiefer in seinen Gedanken und achtete zu wenig auf seinen Weg. Fast wäre er, von einem über dem Pfad hängenden Ast, vom Pferd geworfen worden. Der Schlag des Astes traf ihn, fegte ihn aber nicht vom Rücken seines Tieres. Sich im letzten Moment zurückbeugend, entkam er dieser Gefahr.

      Zurückblickend sah er den Ast und auch seinen Verfolger, der in gehörigem Abstand seiner Spur folgte. Es war der junge Hermundure.

      Der Chatte kehrte zu seinen Überlegungen zurück, sorgte sich aber von jetzt an mehr um seinen Weg und mögliche Gefahren.

      Nicht alles, was der Anführer ihnen beibrachte, war schlecht. Mit Sicherheit aber gehörte dieser chattische Krieger zu denen, die ihre Fähigkeiten überschätzten. Die gleiche Beurteilung hätte dem Anführer der Hermunduren ein wohl ganz anderes Urteil zugebilligt…

      Er erfasste den Unterschied zwischen einem erfahrenen Krieger und einem ruhmsüchtigen Mann. In diesem Augenblick trennte er, für sich zwar nur mehr vom Gefühl her, zwischen seinem Anführer und diesem Irvin. Der Hermundure musste Kampferfahrung besitzen und den Tod fürchten, was ihn aber nicht dazu verleitete, jeden Gegner gleich töten zu wollen. Der Krieger der Hermunduren war so gelassen genug, in Jungmännern, wie sie es waren, keine Bedrohung erkennen zu wollen, obwohl auch er deswegen nicht gleich leichtfertig vorging. Er wollte weder Töten noch Foltern und er gab ihnen eine Gelegenheit, sich zu bewähren.

      Irvin sah wohl ihre Verbindung als Zwillinge. Er dachte an den Schmerz, den der eine Zwilling erfahren würde, wäre sein Bruder gefoltert worden…

      Die Gedanken des jungen Chatten führten ihn Schritt für Schritt zu einer neuen Erkenntnis und diese endete in der Gewissheit, den Ratschlägen des Hermunduren zu vertrauen.

      Er ging sie alle noch einmal durch, hole dir eine Waffe, damit du in der Wildnis überlebst, meide deinen Stamm, deine Sippe, deine Familie und Freunde, denn du offenbarst euer Versagen… Deinem Bruder kannst du nur Hilfe bringen, wenn du erfolgreich bist… Erfolg ist, wenn du uns in der gesetzten Frist findest… Das gelingt nur, findest du den Fürst der Mattios und dann brauchst du noch sein Vertrauen…

      Der junge Chatte stoppte sein Pferd, glitt von dessen Rücken und suchte sich im Wald einen Knüppel, der als Waffe geeignet erschien. Ein Wurzelstock, mit breiter, kurzer Wurzel, ein stabiler, aber handlicher Stamm, in der Länge seines Armes, war das Beste was er fand.

      Sein Pferd erneut besteigend, dachte er über den Stamm der Mattios nach. Würde er in die Richtung der sinkenden Sonne reiten, käme er nach Hause.

      Dort aber durfte er nicht hin. Dies begriff er. Also musste es, weiter zur aufgehenden Sonne hin, einen anderen Stammesteil der Chatten geben, der dann möglicherweise diesem Fürst folgte. Er glaubte ungefähr zu wissen, wo die Grenze seines Stammesteils zum Nachbarn lag.

      Folgte er seinen Vorstellungen, dann war er zu dicht am eigenen Stammesgebiet, was ihm hätte zum Verhängnis werden können…

      Also zog er in die Richtung der aufgehenden Sonne. Er behielt die höheren Berge, die die Grenze des eigenen Stammesgebietes bildeten, in seinem Rücken.

      Weil sich zu seiner rechten Hand auch Berge erhoben, die aber nicht an die Höhe der anderen Bergkette heranreichten, glaubte er sich in der richtigen Richtung. Über diese Berge, zur aufgehenden Sonne zu, das brachte in mit Sicherheit zu den Hermunduren, denn irgendwo dort mussten deren Sippen leben…

      Er folgte der Niederung, fand ein Lager zur Nacht in Büschen, wusch sich des Morgens in einem der Bäche und ritt mit knurrendem Magen weiter. Hunger zwang ihn über den Tag. Ein paar späte Früchte des Waldes, Haselnüsse und irgendwelche Beeren, mussten genügen.

      Mit dem Schmerz des Hungers Schlaf zu finden, war auch nicht so leicht. Wieder fand er am Morgen einen Bach und dann einige gut im Wald versteckte Hütten.

      Der Hunger zerrte an seinem Inneren und so entschloss er sich, die kleine Ansammlung von Hütten zu umreiten und dann längere Zeit zu beobachten.

      Bis zu diesem Zeitpunkt konnte er nur wenige Siedler auszumachen. Wollte er wissen, ob es Chatten oder Hermunduren waren, musste er in der Dämmerung näher heran. Also band er sein Pferd in einer Buschgruppe an und schlich bis zur Grenze der Umzäunung.

      Kaum in eine gute Position gelangt,

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