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um in irgendeinem Versteck die Beute unter sich aufzuteilen.

      Der Hausmeister gab auch die tägliche Schulspeisung aus. Überwiegend waren es Suppen. Sie wurden in großen Behältern in der Schule angeliefert. Gegessen wurde in der großen Pause. Hausmeister Müller stand mit der Kelle in der Hand neben den Behältern vor der Schlange der Schüler und schöpfte jedem eine Portion in den hingehaltenen Napf. Dabei fasste er den Napf mit seiner freien Hand so an, dass sein dicker Daumen darin verschwand und das Fassungsvermögen so reduziert wurde. Auf diese Weise hatte der schlitzohrige Hausmeister immer eine große Portion für seine Familie über behalten.

      An eine ähnlich rustikale Abfütterungsprozedur auf seiner ersten Klassenfahrt erinnerte sich Heinz auch noch sehr genau. Die Fahrt ging ins Niedersächsische zwischen Hamburg und Bremen. Die Klasse war in einer Jugendherberge untergebracht. Zum Mittagessen kam die Herbergsmutter in den Speisesaal und füllte den Kindern aus einem Sack mit einer Kelle eine Portion trockener Haferflocken auf die Teller. Dann kam der Herbergsvater mit einem Zinkeimer voller Leitungswasser und verteilte daraus jeweils eine Kelle über die Haferflocken. Das war das ganze Mittagessen.

      Im Oktober 1947 musste Heinz schon wieder, wie 1945 in den letzten Kriegstagen, an der Hand der Mutter, die in der anderen Hand einen Koffer trug, das Haus verlassen. Weil die englischen Besatzer den Flak-Bunker sprengen wollten, wurden die Bewohner der nahegelegenen Häuser evakuiert.

      Die Sprengversuche schlugen allerdings fehl. Nur die Decke des Ungetüms war zum Teil eingestürzt. So wurden die verschiedenen Eingänge zum Bunker verriegelt, so dass ein Betreten nicht mehr möglich war. Auf einer ihrer Erkundungstouren durch die Trümmerlandschaft Wilhelmsburgs kamen Michael und Heinz an dem gigantischen Betonklotz vorbei.

      Michael tat sehr geheimnisvoll und erzählte, dass er von älteren Jungen gehört habe, dass einer der hinteren Eingänge eine Lücke in der Verbarrikadierung hätte, durch die man in das Innere gelangen konnte. Die beiden hatten sich angesehen und den gleichen Gedanken gehabt. Die Geschichte endete damit, dass ein von Passanten herbeigerufener Polizist die beiden Jungen aus dem Bunker geholt und den Eltern von Michael und der Mutter von Heinz mit einer Ermahnung übergeben hatte.

      Bei einer anderen Begebenheit konnte ein Kontakt mit der Polizei gerade noch vermieden werden. Im ländlich geprägten Moorwerder hatten die beiden Jungen einen fließenden Entwässerungsgraben zum Überlaufen gebracht. Um eine Wassertiefe zu bekommen, die das Schwimmen erlaubte, hatten sie an einer geeigneten Stelle den Graben mit Ästen, Zweigen, Blattwerk und Grassoden gestaut. Es war ein kleiner See entstanden, der ein paar Schwimmzüge ermöglichte. Während die Jungen im Wasser herumtollten, wurden die an beiden Seiten des Grabens gelegenen Gemüsefelder unter Wasser gesetzt. Ein herbeieilender Bauer hatte die Jungen am Haarschopf aus dem Wasser gezogen. Nach einer gehörigen Standpauke mussten sie ihr Wasserbauwerk wieder beseitigen. Es folgte noch eine Androhung des Bauern, „das nächste Mal die Polizei zu holen“. Dann durften sie gehen.

      Eine feste Kinderfreundschaft entstand. Die Trümmergrundstücke im zerbombten Wilhelmsburg wurden ihre Abenteuerspielplätze. Durch umstürzende Mauern und herabfallende Deckenteile holten sie sich etliche Blessuren. Ein paar Narben am Körper von Heinz zeugten noch von der Gefährlichkeit ihrer Kindheitsunternehmungen. Zwei Klassenkameraden hatten sich Brandwunden an den Händen zugezogen, als sie in den Trümmern in Berührung mit Phosphor gekommen waren. Die Jungen streiften durch das Gelände mit den Gräben und Tümpeln, die voller Kammmolche und anderer Amphibien waren. Die Bombentrichter in den noch nicht wieder besiedelten Gebieten des Reiherstiegviertels waren durch aufgestautes Regenwasser zu kleinen Binnenseen geworden. In kürzester Zeit hatten sich darin Fische angesiedelt, die von den Freunden gefangen wurden. In der Schule erzählte ihnen der alte Lehrer Erdmann, der wegen des Lehrermangels in den zum Biologieunterricht zusammengelegten Klassen der beiden unterrichtete, dass die Fischeier an den Füßen von Wasservögeln wie Enten und Teichhühnern aus fischreichen Gewässern eingeschleppt wurden.

      Vor Beginn jeder Unterrichtsstunde versäumte der Lehrer es nie, die Schüler zu ermahnen: „Kinder passt im Unterricht gut auf. Ihr wollt doch im Leben mal etwas erreichen. Oder wollt ihr alle Ritzenschieber werden?“

      „Ritzenschieber?“ hatte ein Junge aus der ersten Reihe einmal gefragt. „Was ist das?“

      Biologielehrer Erdmann hatte die Kinder aufgeklärt. „Ritzenschieber sind die Männer, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als ein Gerät vor sich her die Straßenbahnschienen entlang zu schieben, um damit den Straßendreck aus den Schienen zu entfernen. Die Straßenbahnen sollen ja nicht entgleisen.“

      Die Jungen kannten diese Männer aus dem täglichen Straßenbild. Lehrer Erdmann schob noch ein „also strengt euch an“ hinterher und begann dann mit dem Unterricht.

      Die in den Bombentrichtern gefangenen Fische wurden den Müttern für die Bereicherung der Küche übergeben. Die hatten aber etwas Mühe, die nicht sehr großen, dafür aber grätenreichen Schleien und Rotfedern in der Pfanne zuzubereiten. Auch als Bademöglichkeit wurden die Bombentrichter genutzt. Am Ende eines Sommers waren Michael und Heinz zu perfekten Schwimmern geworden.

      Im Frühjahr kletterten sie in der ländlichen Umgebung von Wilhelmsburg zwanzig Meter hohe Fichten hinauf zu Wildtaubennestern, in denen Jungvögel auf Nahrung warteten. Sie banden die noch nicht flugfähigen Vögel an den Beinen am Nest fest. Da die Jungtauben – wenn die Zeit reif war und sie flügge geworden waren – das Nest somit nicht verlassen konnten, wurden sie von den Alttieren immer weiter gefüttert. Wenn sie richtig schön fleischig waren, wurden sie von den beiden Jungen heruntergeholt. Am Boden war es Michael, der ihnen den Hals umdrehte. Der zart besaitete Heinz mochte diese Aufgabe nicht übernehmen. Auch die fetten Jungtauben landeten in der heimischen Küche.

      Aber nicht nur das Hochklettern in zwanzig Meter hohen Fichten erforderte Mut von den Jungen. Eine sehr beliebte weitere Mutprobe unter ihnen hieß: „Wer kann am längsten gegen einen Elektroweidezaun pinkeln?“

      Später gingen sie gemeinsam in den Konfirmandenunterricht im Gemeindehaus am Rotenhäuser Damm, da eine Bombe die Reiherstiegkirche kurz vor Kriegsende zerstört hatte. Die Konfirmation fand in dem wiedererbauten und in Emmauskirche umbenannten Gotteshaus statt. Den Unterricht sahen sie als lästige Pflicht an. Aber er war die Voraussetzung für die Konfirmation, zu der es von der Verwandtschaft und den Nachbarn Geld- und Sachgeschenke gab.

      So hatte sich zwischen den beiden die Freundschaft gefestigt. Diese Freundschaft hielt auch, als die Entwicklung der beiden Jungen etwas auseinanderdriftete. Michael wechselte nach der Volksschule aufs Gymnasium, studierte Jura und wurde Mitglied in der „Jungen Union“, während Heinz die Schule mit der Mittleren Reife abschloss. Für ihn war die „Junge Union“ nicht akzeptabel, da er aus einer sozialdemokratisch geprägten Familie stammte. Er wurde Mitglied der Jugendorganisation „Die Falken“.

      Beide blieben dem Fußball treu. Seit der Qualifikation der deutschen Mannschaft für die Teilnahme an der Fußball-Welt-meisterschaft war ihre Begeisterung für diese Sportart noch gestiegen. Als Druckerlehrling im ersten Lehrjahr ging die erste Bildungsreise von Heinz mit den Auszubildenden seines Betriebes zum Gutenberg-Museum nach Mainz. Es war der Sommer 1954. Alle Teilnehmer mussten dafür ihren Urlaub opfern. Geschlafen wurde in Jugendherbergen. Die Hinreise bewältigten sie mit dem Fahrrad, und zurück ging es mit der Bahn. Unterwegs wurden Druckfarbenfabriken und Druckmaschinenwerke besichtigt. Auf einer Landstraße in Franken umringten sie mit ihren Fahrrädern einen VW Käfer. Sie hörten zusammen mit dem Fahrer aus dem Autoradio eine Reportage von Herbert Zimmermann vom Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft, in der Fritz Walter aus Kaiserslautern die Mannschaft gegen Ungarn zum Titel führte.

      Nach der Lehre als Buchdrucker verdiente Heinz in der Druckerei der WILHELMSBURGER NACHRICHTEN sein eigenes Geld.

      Die beiden jungen Männer spielten auch weiter gemeinsam in einer Mannschaft des Wilhelmsburger SV Fußball. Heinz behielt in der Position des Vorstoppers die Spielübersicht, während der kräftigere Michael in der Rolle eines robusten Mittelstürmers die meisten Tore der Mannschaft schoss.

      Überpünktlich betraten die beiden die gutbesuchte Eisdiele in der Veringstraße und setzten sich an einen Tisch in einer Ecke, von dem sie einen guten Überblick

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