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Die Jüngerbriefe. Roman Nies
Читать онлайн.Название Die Jüngerbriefe
Год выпуска 0
isbn 9783347080898
Автор произведения Roman Nies
Жанр Религия: прочее
Издательство Readbox publishing GmbH
Als Paulus und Barnabas in Jerusalem ankommen, ergreifen Gläubige aus der Gruppe der Pharisäer, das waren ja die Hüter der Torah, das Wort und sagen: „alles schön und gut, wenn so viele Heiden gerettet werden wollen“, und „aber man muss sie beschneiden und lehren die Torah zu halten“ (15,5). Anstatt, dass die Apostel nun gesagt hätten, „nein, nein, der Paulus hat Recht, selbstverständlich müssen sie sich nicht beschneiden lassen und selbstverständlich müssen sie nicht die Torah halten, mit all diesen Feiertagen und Speisevorschriften“, usw., heißt es: „Da kamen die Apostel und die Ältesten zusammen, über diese Sache zu beraten." (15,6) Nicht nur das, man „stritt" sich sogar darüber (Vers 7)! Was gab es da zu streiten? Entweder man ist sich völlig eins, dass alles so weiterläuft wie bisher: Torah mit Beschneidung! Oder man hat bereits das gelehrt, was dann die spätere Amtskirche lehrte: nur ein Teil der Torah sei noch gültig. *7 Nichts von alledem!
Wenn man sich aber darüber stritt, bedeutet das, dass man sich nicht im Klaren war und es unterschiedliche Positionen gab! Wie deutlich braucht man es eigentlich noch, um zu verstehen, dass die Jünger Jesu und die Jerusalemer messianischen Juden ein anderes Evangelium verkündeten als Paulus? Im Kern war es die gleiche Botschaft über den Messias Israels als Retter Israels und der Nationen. Sie verkündeten aber Christus plus Torah. Man kann das bei Jakobus in seinem Brief an die jüdische Diaspora in Kap 2 bestätigt finden!
Und an dieser Stelle, wo sie sich stritten, ergreift Petrus wieder das Wort. Aus dem, was er sagt, ergibt sich, dass die Geschichte mit Kornelius schon lange zurückliegt! Petrus bezeugt, dass Gott die Herzen der Heiden durch den Glauben reinigte (15,8)! Das ist paulinisch! Durch den Glauben reinigte, nicht durch Werke! Nicht durch Einhalten der Torah! Und dabei macht Petrus die erstaunliche Aussage: „Warum versucht ihr denn nun Gott dadurch, dass ihr ein Joch auf den Nacken der Jünger legt, das weder unsre Väter noch wir haben tragen können?“ (15,10). Was meint Petrus mit dem Joch? Natürlich die Torah! Nicht einen Missbrauch oder ein falsches Verständnis der Torah, denn als Gott die Juden anwies, die Torahgebote zu halten, gab Er ihnen kein falsches Verständnis davon und hieß sie auch nicht zum Missbrauch an! *8 Und Petrus fragt: „Warum sucht ihr…?!“ Also „ihr“, nicht die Sadduzäer, nicht die Juden aus der Synagoge, sondern „ihr“!!! Die Angesprochenen waren also dafür, dass die Nichtjuden die ganze Torah halten sollten. Und hier kommt das Glaubensbekenntnis von Petrus „Vielmehr glauben wir!“: „Vielmehr glauben wir, durch die Gnade des Herrn Jesus selig zu werden, auf gleiche Weise wie auch sie." (15,11) Das verblüffte die Anwesenden so, dass zunächst einmal alle schwiegen. Die waren fassungslos! Aber keiner gab Petrus Recht!
Jetzt hätte doch eigentlich ein klares Ja, kommen müssen, wenn die Brüder in Jerusalem wirklich geglaubt hätten, dass der Glaube in Jesus gereicht hätte. Dass war natürlich nicht ihr Glauben! Jetzt hätte doch ein klares Bekenntnis zu Petrus kommen müssen, wenn man wirklich dies in seiner Evangeliumsverkündigung gehabt hätte, dass der Glauben an Jesus ausreicht! Es kam auch nicht das, was heutzutage gerne gesagt wird: Der Glauben an Jesus allein rettet, aber das beinhaltet ja das Halten seiner Gebote. Aber anscheinend ist es nicht ganz so einfach, denn sonst würden nicht manche am Sabbat ruhen und andere am Sonntag.
Petrus vertritt hier in seiner Ansprache anscheinend die „sola gratia“ der Reformationssprache! Aber nein, es kommt nichts von den Brüdern, keine Zustimmung, und zur Ablehnung hatte es ihnen die Sprache verschlagen, denn hier sprach Petrus, der ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Jesus gehabt hatte und zwei Mal in Jerusalem öffentlichkeitswirksam eine Rede ganz im Geist der alten Propheten gehalten hatte.
Weil die Brüder so reagierten und sich über das Neue in der Verkündigung stritten, kann dieses Neue auch nicht Bestandteil des Evangeliums der Brüder in Jerusalem gewesen sein. Man kam auch nicht auf die versöhnliche Formulierung, dass doch Glauben und Werke im Grunde eins waren. Das hätte niemand geholfen. Dass hier Petrus etwas ganz Neues angesprochen hat, ergibt sich logisch aus der Darstellung der Ereignisse, es entspricht jedoch keiner Kirchentradition. Zwar hat die Kirche einerseits die menschliche Vernunft mit ihren Vernunftschlüssen nicht als maßgeblich für den Gottesmenschen bezeichnet, andererseits hat sie griechischer Vernunft-Philosophie gegenüber dem biblischen Wort den Vorzug eingeräumt. Ein Großteil der kirchlichen Theologie baut auf hellenistischem Gedankengut der ersten Jahrhunderte.
Jakobus, den man hinsichtlich der Beeinflussung durch den Hellenismus, dem viele seiner Landsleute erlegen waren, bescheinigen kann, dass er ein „Reiner“ war, stimmte mit Paulus nicht überein. Paulus war ein Schriftgelehrter, der sich auch in griechischer Philosophie auskannte. Musste man ihn deshalb eines Tabubruchs verdächtigen, wenn er den Griechen nicht gebot, die Torah zu halten, wenn sie sich dem einzig richtigen Glauben, nämlich den Glauben an den Gott Israels, zuwenden wollten?
Bevor es dazu kommen konnte, hat der heilige Geist an dieser Stelle eingegriffen und Jakobus inspiriert. Jakobus gab Petrus nicht wie selbstverständlich recht, er, von dem wir ja persönlich wissen (Jak 2), dass er der Meinung war, dass die Erfüllung der Torah zum Erwerb des Heils dazugehörte. Aber er gab ihm indirekt doch recht, als er die Devise ausgab, dass man doch diejenigen aus den Nationen, die sich zu Jesus und dem Messiasglauben bekehrten „nicht beschweren soll, sondern ihnen schreibe, dass sie sich enthalten sollen von Befleckung durch Götzen und von Unzucht und vom Erstickten und vom Blut.“ (15,19-20)
Was ist darüber schon gerätselt worden! Dabei sind das Vorschriften, die den Juden den Umgang und die Mahlsgemeinschaft mit Nichtjuden erleichtern sollten.
Es sind Torahvorschriften, bei denen es Sinn machte, dass man sie einhielt und daher wollte man ausdrücklich darauf hinweisen. Die ganze Torah hätte die Nichtjuden, jedenfalls vorerst, nur beschwert und abgeschreckt. So war außerdem gewährleistet, dass diejenigen Juden, die sich als Juden identifizieren wollten, das weiter leicht tun konnten. Das war notwendig zum Überleben in der Diaspora und um unter den Juden überhaupt noch gehört werden zu können. Und sie brauchten vor allem auch nicht in der Diaspora Angst haben, dass die Torah plötzlich abgeschafft würde, denn, Jakobus betont: „Denn Mose hat von alten Zeiten her in allen Städten solche, die ihn predigen, und wird an jedem Sabbat in den Synagogen gelesen.“ (15,21) Die Torah war also nicht in Gefahr.
Zu diesem Zeitpunkt konnte Jakobus noch nicht absehen, wie schnell sich das nichtjüdische Christentum entwickeln würde. Für ihn war nur ersichtlich, dass der Anteil an nichtjüdischen Gläubigen gering war. Die Apostel erwarteten doch Jesus zurück, wenn Israel sich zu Ihm bekehrte, nicht wenn die Nationen sich bekehrten. Es kam also auf die Missionierung der Juden an, nicht der Nichtjuden! Das messianische Reich war ein Reich, in dem Israel die erste Geige spielte. Schriftgelehrte hatten zu allen Zeiten gelehrt, dass der Messias kommen würde, wenn die Torahfrömmigkeit des Volkes ein bestimmtes Vollmaß erreicht haben würde.
Deshalb hatten die Jünger Jesu den Missionsbefehl auch richtigerweise so verstanden, dass er nichts daran änderte, dass sie das Volk Israel zur Umkehr predigen sollten und erst dann also, später, wenn der Messias wieder da war, würde man die Nationen unterrichten und zu Jüngern machen. Die Frage, wie sich die gläubigen Nichtjuden verhalten sollten, hatte sich bisher nicht gestellt, weil man seit Jahrhunderten dazu die gleiche Antwort gehabt hat.
Man muss sehen, dass das Herzukommen von Nichtjuden zur Gruppe der Messiasgläubigen eher als eine störende und auch nicht unbedingt sehr willkommene Begleiterscheinung der Evangeliumsverkündigung aufgefasst werden konnte, die mit der pragmatischen Hoffnung verbunden war, dass bei einer Gemeinschaft zwischen Juden und Nichtjuden, die Juden dank ihrer Torahkenntnisse die geistliche Oberhand behalten würden, denn so war es doch die letzten Jahrhunderte auch immer gewesen. Nichtjuden wurden immer zu Juden, niemals wurden Juden zu Nichtjuden! Man kann ja auch ein abgeschnittenes Teil nicht wieder ankleben!
In dem Sendschreiben an die Gläubigen in Antiochien, lässt Jakobus ausrichten, dass „einige von den Unseren“ (15,24) sie mit Lehren irregemacht und verwirrt haben. Er