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Wach da sein. Klaus Fahrendorf
Читать онлайн.Название Wach da sein
Год выпуска 0
isbn 9783748261063
Автор произведения Klaus Fahrendorf
Жанр Религия: прочее
Издательство Readbox publishing GmbH
Wenn ihr also korrigiert werdet, üblicherweise in der zweiten Sitzeinheit, spürt einfach den entsprechenden körperlichen Impulsen ohne Wollen und Anstrengung nach. Ihr müsst nichts machen. Ihr müsst euch nur in diesen Spürkontakt sanft hineinbegeben, also bereit zu sein, den Impuls wirken zu lassen. Das bedeutet keine Passivität, sondern ist höchste Aktivität, aber eine solche zum Lassen.
Danke!
9 Koan (jap.) ist im Zen eine Formulierung aus einem Sutra, häufiger indes die Schilderung einer Episode aus dem Leben alter Meister, sei es ihrer Aussagen in Lehrreden, sei es ihrer „Antworten“ auf Fragen ihrer Mönche oder ihrer Fragen, die sie an ihre Mönche oder einzelne Übende richteten. Ein Koan ist kein Rätsel. Es ist nicht mit dem Verstand zu „lösen“. Es fordert einen Sprung auf eine andere Ebene, auf der logisches, begriffliches Verstehen transzendiert wird.
10 Katsuki Sekida, Zen Training, 4. Auflage 2007.
11 Robert Aitken, Der Pfad des Zen, 2002, S. 35.
03
Ein Zafu12 unter dem leeren Himmel
Am Samstag hatten wir hier unter reger Beteiligung einen Zazenkai13. Ich habe ein Teisho zu einem Koan14 aus dem Shôyôroku gehalten (Fall 7: Yakusan besteigt das Podium)15. In dem Koan geht es darum, dass Yakusan, ein chinesischer Zen-Meister des 9. Jahrhunderts nach Christus schon längere Zeit nicht zu seiner Mönchsgemeinschaft gesprochen hatte. Auf eindringliches Bitten des Mönchs-ältesten erklärt er sich endlich dazu bereit. Alles versammelt sich erwartungsvoll. Yakusan nimmt seinen Platz ein. Und was macht er? Er bleibt lange Zeit, im Schweigen versunken, einfach sitzen. Schließlich erhebt er sich und geht wieder in seine Räume zurück. Der Mönchsälteste folgt ihm und hält ihm vor, dass er doch versprochen habe, zur Gemeinschaft zu sprechen. „Warum habt Ihr Ihnen kein Wort gewährt?“, so fragt er schließlich. Und Yakusan antwortet: „Für die Sutren gibt es Sutrenmeister und für die Sastren gibt es Sastrenmeister. Warum traust du dem alten Mönch nicht?“
Heute habe ich kein Dokusan16 gegeben wie sonst üblich. Ich habe mit Euch 1 ½ Stunden in Stille auf meinem Sitzkissen, dem Zafu, gesessen mit euch gemeinsam Zazen im Schweigen praktiziert. Das ist – auf der einen Seite – eine gemeinsame Umsetzung der „Predigt“, wie sie Yakusan gehalten hat. Yakusan, der im Schweigen verharrte und so seinen erwartungsvollen Mönchen nichts gab mit Worten, Begriffen, Beispielen etc., womit sich ihr suchendes Denken hätte beschäftigen können.
Kosho Uchiyama, der langjährige Begleiter von Kodo Sawaki und dessen Nachfolger, war ähnlich konsequent wie Tokusan, indem er in den monatlichen und grundsätzlich 5 Tage dauernden Sesshins seinen Mönchen – wie er es formulierte – keinerlei „Spielzeug“ gab17. Es gab nur Zazen. Alle, auch er, saßen mit dem Gesicht zur Wand. Kein Dokusan, kein Teisho, kein Mondo, – nichts. Eine strenge Praxis, die so wohl nur für Menschen gedacht und aushaltbar ist, die schon lange praxiserfahren und extrem motiviert sind. Sie ist sicherlich nicht allgemein übertragbar auf Zen im Westen, auf Zen für Menschen im Alltag wie wir.
Aber – und darum geht es mir heute, dies aufzuzeigen, – es ist immer wieder gut und heilsam, sich klar werden zu lassen, dass das Entscheidende im Schweigen, in der Stille des Schweigens geschehen will, dass wir uns aus Anhaftungen auch an Unterweisungen jeglicher Art und Richtung lösen müssen – jeder auf seine Weise und zu seinen Zeitpunkten.
Es drängt mich, noch einen anderen Zen-Meister zu Worte kommen zu lassen, den Nachfolger des berühmten Dôgen Zenji, den Meister Kôun Ejo.
Dieser hat am 28. August 1278 zum fünfundzwanzigsten Todestag von Dôgen Zenji den Mönchen einen Text vorgetragen, „Kômyôzô Zanmai“ („Samadhi der Schatzkammer der großen Weisheit“)18, der als ein sehr poetischer und eindringlicher Unterweisungstext in der Soto-Tradition des Zen hochgeschätzt wurde und wird.
„Ich habe dies“, so Kôun Ejô, „für meine Gefährten im Zazen geschrieben, damit sie keine irrigen Ansichten pflegen, sowohl um mich selbst zu vervollkommnen, als auch, um andere zu unterweisen.“19 So brachte er in Worten das zum Ausdruck, was Yakusan im Schweigen vermittelt hat.
Der Text lautet auszugsweise wie folgt:
„Ich empfinde eine große Achtung
aus der Tiefe meines Mitgefühls
für euch, die ihr mit der Praxis des Zazen
in dem Geist fortfahrt,
den ich nun beschreiben werde:
Ohne etwas zu ergreifen, was immer es sei,
und ohne ein einziges Ziel zu haben,
ohne beeinflusst zu sein
von eurer persönlichen Intelligenz,
ohne euch wichtig zu nehmen
wegen der Erfahrung,
die ihr im Dôjô20 erworben habt –
stürzt euch ganz und gar in Kômyôzô21,
mit der gesamten Energie eures Körpers
und eures Geistes,
ohne euch umzuwenden,
um die Zeit zu betrachten.
Sucht nicht das Satori22.
Hört nicht auf Mayoi23,
die illusorischen Erscheinungsformen.
Hasst nicht die Gedanken,
die auftauchen,
liebt sie auch nicht und vor allem:
nährt sie nicht.
Auf alle Fälle, wie dem auch sei,
müsst ihr das große Sitzen praktizieren,
hier und jetzt.
Wenn ihr einen Gedanken nicht nährt,
so wird er von selbst nicht wiederkommen.
Wenn ihr euch der Ausatmung hingebt
und euch von der Einatmung anfüllen lasst,
in einem harmonischen Kommen und Gehen,
dann bleibt nicht mehr
als ein Zafu unter dem leeren Himmel,
das Gewicht einer Flamme.“24
Der Text ist nach meiner Empfindung so eindrücklich, dass er eigentlich keiner weiteren Kommentierung bedarf. Er entfaltet aus sich heraus seine Wirkung. Nur zwei Dinge möchte ich ergänzend anmerken:
Hingabe an die Atmung ist etwas, das über ein bloß physiologisches Geschehen hinausgeht, in dem Blut mit Sauerstoff angereichert und Kohlenstoff ausgeschieden wird. Es bedeutet ein Atmen, in dem wir uns dem Leben, das dadurch ermöglicht wird und sich in jedem Einatmen und Ausatmen manifestiert, vollständig überlassen. „Es geht um den Atem, der uns Leben verleiht.“25
Der Zustand vollständiger Loslösung von Illusionen in einem harmonischen Kommen und Gehen des Atems besteht nicht darin, dass Empfindungen