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andere Suchtmittel von staatlicher Seite verboten sind und entschieden bekämpft werden, ist der Alkohol allgegenwärtig, gesellschaftlich anerkannt und überall ständig verfügbar.«

      Sturm notiert derweil: »Vortrag über die Schädlichkeit des Alkohols aus Sicht der Guttempler. Ziele von Homepage in Bericht einpflegen. Recherche: Vernetzung zu und mit den Tempelrittern herausfinden.«

      Aus einer Jackentasche fingert er einen Flachmann, füllt seinen Tee bis zum Rand mit dem Inhalt auf und probiert einen kleinen Schluck. »Ja«, murmelt er, »so ist das richtig.« Auf seinem Smartphone ruft er die Seite eines Internetshops für Spirituosen auf, stöbert durch die Sonderangebote und bestellt diverse Flaschen. Dann sieht er seine Mails durch und beantwortet einige, sichtet Termine und aktualisiert den Kalender. Der Schlussapplaus im Raum reißt ihn aus seiner Beschäftigung heraus.

      Schmitzlein-Ithana setzt sich wieder zu ihm. »Wie hat Ihnen mein Vortrag gefallen?«

      »Sehr lehrreich, die Alkoholpolitik in diesem Lande einmal aus Sicht der Guttempler zu erfahren. Vielen Dank für den Vortrag und das Gespräch, aber ich muss dann mal weiter, Frau Schmitzlein-Ithana. Die Arbeit eines Reporters kennt selten einen Feierabend.«

      »Wenn Sie weiterführende Fragen haben und Informationen zu unserer Organisation brauchen, ich helfe Ihnen sehr gerne weiter.«

      »Ja, vielen Dank. Es wäre von großem Interesse für mich, einen von Ihren Hintermännern zu sprechen.«

      »Hintermänner?« Schmitzlein-Ithana zuckt zusammen.

      »Oder Großmeister? Wie der jetzt bei Ihnen auch immer heißen mag.«

      »Herr Sturm, wir sind eine Organisation aus dem 19. Jahrhundert, es gibt keine Verschwörungen, keine Geheimnisse und keine Hintermänner.«

      Sturm springt auf. »Ich kenne diese Lügen, nur zu gut kenne ich sie, ich höre so etwas täglich bei meinen Recherchen. Aber wie Sie wollen. Dann kommt die Wahrheit eben etwas später ans Licht, aber sie wird herauskommen. Auf Wiedersehen, Frau Schmitzlein-Ithana.«

      Er grüßt militärisch zu einer der Deckenleuchten. »Euch auch einen schönen Abend und gute Nacht.«

      Eilig marschiert er Richtung Ausgang, ab und an bleibt er noch einmal stehen und sieht sich einzelne Leute an, mustert die Einbauten an den Wänden und in der Decke.

      Kapitel 13

      Die Sonne flutet durch die Bürofenster, leise Kirchenlieder aus einem Bluetooth-Lautsprecher untermalen die Stimmung. Mit geschlossenen Augen lauscht Schmitzlein-Ithana den religiösen Weisen. Ihre bunte, groß gemusterte afrikanische Tracht leuchtet im Licht des jungen Morgens.

      »Moin, Rosi.« Sarah fläzt sich in ihren Schreibtischstuhl. »Was steht denn heute so an? Wieder im Krankenhaus Patienten verschrecken?«

      Schmitzlein-Ithana reißt die Augen auf und rollt mit dem Bürostuhl zu ihrem Platz.

      »Diese Anrede ist eine Unverschämtheit. Mit Ihrer gespielten Jugendlichkeit lässt sich das alles nicht entschuldigen, seriöses und anständiges Verhalten muss man auch von der nachwachsenden Generation erwarten können. Nicht nur erwarten – verlangen und einfordern! Außerdem, wenn ich ermittle, dann ist das meine Arbeit, die ich treu und pflichtgemäß erledige. Diese Kriminellen brauchen die harte Hand des Staates.«

      »Sicher, sicher. Was ist das denn für ein Lärm hier?«, fragt Sarah und richtet den Blick auf die Lautsprecherbox.

      »Lärm? Das sind Lieder von Nikolaus Ludwig von Zinzendorf!« Sie schaltet die Musik aus.

      »So was aber auch, bei der Kompanie von Voodoo-Puppen auf Ihrem Schreibtisch vermutet man wirklich etwas anderes.«

      »Voodoo?« Schmitzlein-Ithana springt entsetzt auf. »Das sind die Apostel, handgeschnitzt in einer Missionsstation meiner Freikirche.«

      Sarah schaut sie überrascht an. »Cool, Sie haben eine eigene Kirche?«

      »Nein, nein. Von dem Kirchenverband halt, in dem ich aktives Mitglied bin.«

      »Aha, und beim Schnitzen wurde nichts verwechselt?« Sarah mustert die Figuren eindringlich. »In einer Kunstausstellung im Völkerkundemuseum mit Werken aus Afrika gab es Stücke genau wie die da, aber als Götterstatuen.«

      »Das ist authentische christliche Volkskunst aus Tansania. Und nicht so ein kitschiger Nippes wie auf Ihrem Pseudo-Altar dort, furchtbar, einfach nur furchtbar.«

      »Nippes?«, presst Sarah heraus. »Das ist Sankt Patrick, ein Erbstück meiner irischen Oma. Handgefertigtes Einzelstück – und keine touristische Massenware wie das da.« Sarah deutet mit verzogener Miene auf die Apostelfiguren. Lange Sekunden des Schweigens, die beiden Frauen starren sich an.

      »Sei’s drum.« Sarah breitet die Arme aus. »Kümmern wir uns um den Fall Timo Brenner. Da Sie mir als unterstützende Hilfskraft zugeteilt wurden und man Sie zudem noch hier einquartiert hat, geben Sie mir mal schnell einen detaillierten Überblick über den Stand der Ermittlungen beim Zoll. Die wichtigsten Punkte genügen zunächst.«

      »Frau Molony, Sie wurden mir als zuarbeitende Mitarbeiterin zugeordnet, um den kleineren Part der Vergiftungstat abzudecken. Im Detail benötigen Sie nicht alle Unterlagen und Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen. Was Sie an Informationen zwingend brauchen, werde ich Ihnen in geeigneter Form zukommen lassen, bei Bedarf.«

      Sarah springt auf. »Okay, dann erledigen Sie Ihr Zollgedöns, und die Strafsache Brenner ist mein Ding, insbesondere seine Vernehmungen.«

      »Als Ihre Vorgesetzte, Frau Molony …«

      »Mein Vorgesetzter ist Kriminaldirektor Seidel. Ich bin dann mal weg, Rosi. Überlegen Sie sich in der Zeit mal, wie man sich in einem fremden Büro benimmt.«

      »Das ist ja dann wohl meiner.« Sarah schnappt sich einen der Zollordner mit der Beschriftung »Timo Brenner«, steht auf und geht Richtung Tür.

      »Das sind Zollakten, die sind nur für den Dienstgebrauch «, schreit ihr Schmitzlein-Ithana hinterher.

      »Unterlagen, die in meinem Büro liegen, sind meine Unterlagen. Und keine Angst, ich werde sie nicht in meiner Freizeit lesen.«

      »Frau Molony, Sie bleiben hier und geben mir umgehend meine Akte zurück.«

      »Nichts zu machen, Rosi, ich muss weg, bevor die frischen Frikadellen aus sind. Man sieht sich …«

      Kapitel 14

      Neben den Teller mit den Frikadellenbrötchen stellt Sarah einen großen Kaffeebecher, setzt sich und genießt geruhsam ihr Frühstück in der Cafeteria. Sie leckt sich die Finger ab, wischt mit einer Serviette nach und blättert die Akte Brenner durch. In ihr Notizbuch schreibt sie unter der Überschrift »Timo Brenner« einige Stichpunkte zur Person: »Diebstahl, leichte Körperverletzung, Beleidigung, diverse kürzere Gefängnisstrafen, notorischer Kleinkrimineller.«

      »Ermittlungen wegen gefälschten irischen Whiskeys? «, schrillt Sarah. »Da hört der Spaß auf!«

      Sie holt sich einen weiteren Becher Kaffee, schlürft langsam das heiße Getränk und lässt den Blick durch das Fenster über die ausgedehnte Grünanlage schweifen.

      »Guten Morgen, Sarah.«

      »Hallo, Herr Seidel.«

      »Und, wie läuft es mit der neuen Kollegin?«

      »Na ja, etwas schleppend. Ich raufe mich mit Rosi gerade zusammen, so gut es eben geht. Das gestaltet sich im Moment leider alles etwas schwierig und zäh. Ist ja für uns beide eine neue und ungewohnte Situation. Aber wenn das gewollt ist und der Sache dient, müssen wir da durch. Gemeinsam mit aller Kraft, effizient und pflichtbewusst!«

      »Genau, Sarah, das ist die richtige Einstellung. Professionalität, das ist die Grundlage, die wir im Dienst benötigen. Alle persönlichen Händel müssen der Sache untergeordnet werden. Ich habe es leider nicht geschafft, die neue Kollegin vom Zoll …, Rosi, oder?«

      »Ähm, ja, genau«, antwortet Sarah.

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