Скачать книгу

von Rattengift, also für viele relativ leicht zugänglich. Von der Stasi ist bekannt, dass das Gift bei einer missliebigen Person im Ausland angewandt wurde.«

      »Dann wird das Zeug heute nicht mehr gebraucht?«

      »In der Industrie hat es heute noch seine Einsatzfelder, in diese Richtung müssten Sie womöglich recherchieren «, führt Doktor Weiss aus.

      Sarah schreibt einige Stichworte in ihr ledergebundenes Notizbuch.

      »Ist Brenner ansprechbar?«

      »Das Gespräch mit Ihrer farbenprächtigen Walküre war mehr als genug für ihn. Für den Rest des Tages braucht er Ruhe. Brenner hat nichts Konkretes erzählt, trotz ihrer penetranten Nachfragerei.«

      »Emsige Rosi«, murmelt Sarah. »Ist es möglich, mir etwas über seinen Zustand zu sagen?«

      »Sofern man die Vergiftung bis nach der dritten Woche überlebt, sinkt die Todeswahrscheinlichkeit erheblich. Irreversible Schäden sind aber nicht auszuschließen. Jetzt heißt es abwarten, aber die Überlebenschancen steigen täglich.«

      »Hatte er Besuch?«

      »Bis auf Sie und die Dame vom Zoll nicht. Er hat auch keine Kontaktperson benannt, für den Fall, dass mit der Genesung nicht alles so glücklich verlaufen sollte.«

      »Wenn sich etwas Neues ergibt oder Ihnen sonst etwas einfällt, lassen Sie es mich bitte wissen. Hier meine Karte.«

      Er studiert intensiv die Kontaktdaten.

      »Es wird mir sicherlich etwas einfallen, Sarah. Die bunte Dame hat mir das zwar ebenfalls angeboten, bei Ihnen fühle ich mich aber besser aufgehoben. « Er verkürzt den Abstand zu Sarah mit einem beherzten Schritt.

      »Jo, Doc, lassen Sie mal stecken.« Sie hält ihn mit einer Hand auf Abstand und lacht. »Ich hab mit meinen Haaren schon Stress genug.«

      »In Bezug auf Haare bin ich nicht der Experte.« Er streicht sich über seinen kurz geschorenen Kopf. »Ich bin aber«, er schaut ihr tief in die Augen, »ein außerordentlich guter Stresslöser!«

      »So ein Pech, dass ich nur Stress mit den Haaren habe. Man sieht sich, bye Doc.«

      »Das will ich doch sehr hoffen, Sarah.«

      Breit grinsend und beschwingten Schrittes verlässt sie das Krankenhaus.

      Kapitel 12

      Ein Mann mit Che-Guevara-Mütze, darunter beiges Fieldjacket und schwarze Cargohose, betritt den Gemeindesaal der evangelischen Freikirche Münzstadt. Er begutachtet gründlich die Auslässe der Lüftungsanlage sowie die Deckenlampen und macht ein paar Fotos davon. Erst dann schaut er sich weiter um, mustert die Menschen im Raum und spricht schließlich eine der Frauen an.

      »Entschuldigen Sie, ich suche die Vortragende von heute Abend.« Er blättert in seinem Notizbuch. »Eine Frau Schmitzlein-Ithana«, liest er den Namen ab.

      »Ja, da sind Sie genau richtig. Das bin ich.«

      »Wunderbar, Karl Sturm mein Name, vom Münzstädter Boten.« Er schüttelt ihr kräftig die Hand. »Besteht die Möglichkeit, dass wir uns vor Ihrem Vortrag kurz unterhalten?«

      »Sicher, wenn die Presse schon mal Interesse an diesem Thema zeigt, dann gebe ich doch gerne Auskunft. Bitte, setzen wir uns hierhin.« Sie nehmen an einem der Tische Platz. Er rückt das Teelicht etwas beiseite und legt seinen Notizblock auf der bunten Papiertischdecke ab.

      »Etwas zu trinken für Sie, Herr Sturm?«

      »Da lehne ich selten ab«, sagt er und lacht. Sie winkt der Bedienung.

      »Was darf es für die Herrschaften sein?«

      »Danke, für mich nichts, im Moment«, entgegnet Schmitzlein-Ithana.

      »Ich nehme ein großes Bier und einen Cognac«, sagt Sturm.

      »Hier gibt es keinen Alkohol«, antwortet die Bedienung gelassen.

      »Okay, dann nur ein großes Bier.«

      »Kein großes Bier.«

      »Na, dann halt …«

      Die Bedienung fällt ihm ins Wort. »Ein kleines Bier ist ebenfalls Alkohol.«

      »Ich verstehe.« Sturm sinkt ein wenig nachdenklich in sich zusammen, grinst dann aber schnell wieder Richtung Bedienung. »Dann bringen Sie mir bitte einen Ingwer-Basilikum-Tee mit einem Schuss Granatapfelsirup, geriebenem Meerrettich und einem Stückchen Stangensellerie.«

      Die Bedienung lächelt ihn an. »Gerne, kommt sofort.«

      »Ach was? Ja, dann danke«, stottert Sturm.

      »Nicht nur mein Vortrag handelt vom Dämon Alkohol, konsequenterweise werden hier keinerlei berauschende Getränke ausgeschenkt«, erklärt Schmitzlein-Ithana.

      »Ja, versteht sich. Nun gut.« Sturm klappt sein Notizbuch auf. »Über Ihren löblichen Kampf gegen den Alkohol höre ich ja dann in Ihrem Vortrag. Ich und selbstverständlich auch unsere Leser sind ja immer fasziniert von den Geschichten, die eine so legendäre Organisation begleiten, und das sind bei den Templern eine ganz außergewöhnliche Historie und reichlich mysteriöse Geheimnisse.«

      »Richtig, in den fast 170 Jahren seit der Gründung ist schon einiges passiert. Selbst wenn der Dämon Alkohol nicht bezwungen ist, haben wir das Thema nachhaltig in die Gesellschaft gebracht. Aber Geheimnisse und Mysterien gibt es keine.«

      Die Bedienung serviert Sturm das Getränk. Er riecht an dem Glas und verzieht das Gesicht.

      »Zumindest hier im Raum haben Sie den Kampf gewonnen, gegen den Alkohol, meine ich. Noch einmal zurück zur Historie Ihrer Gesellschaft. Ich denke selbstredend an die Geschichte, die vor der Neugründung im 19. Jahrhundert liegt. Wissen Sie etwas über den Verbleib der Bundeslade oder des Heiligen Grals?«

      Schmitzlein-Ithana schreckt zurück. »Wie bitte? Natürlich nicht! Was hat das denn mit dem Thema heute und mit uns …«

      »Wissen Sie nichts, oder sind Sie nicht befugt, darüber zu reden?«, fällt ihr Sturm ins Wort. »Wer ist bei Ihnen berechtigt, Auskunft zu geben? Werden wir hier beobachtet oder abgehört?« Er schaut hektisch um sich.

      »Herr Sturm, ich glaube, Sie verwechseln da etwas. Die Guttempler wurden 1851 in den Vereinigten Staaten gegründet. Die Organisation steht für Abstinenz, Frieden und die Gleichberechtigung von Rassen und Geschlechtern. Was Sie aber meinen, das sind sicherlich die Tempelritter, der geistliche Ritterorden. Das sind völlig unterschiedliche Organisationen.«

      Sturm schaut sie mit halb zugekniffenen Augen an und nimmt einen kräftigen Schluck von seinem Tee. »Puh, man glaubt kaum, dass das noch viel schlimmer schmeckt, als es riecht.«

      »Hier finden nur Bio-Fair-Trade-Produkte Verwendung. Naturbelassen und gesund«, sagt Schmitzlein-Ithana mit einem zufriedenen Lächeln.

      »Ja, genauso schmeckt das Zeug auch.« Er stellt das Getränk möglichst weit von sich auf den Tisch zurück. »Und hier ist jetzt nur Alkoholfreiheit, Friede und so weiter das Thema?«

      »Das sind äußerst wichtige Themen in der heutigen Zeit, mein Vortrag wird Sie davon überzeugen.«

      »Ja, ganz bestimmt.« Sturm klappt sein Notizbuch zu.

      An den anderen Tischen haben sich inzwischen etwa fünfzehn Personen eingefunden.

      »Das Interesse an den Guttemplern steigt ständig, so viele Leute waren bisher nie hier, und jetzt sogar noch die Presse.« Schmitzlein-Ithana lächelt zufrieden.

      Sturm mustert die wenigen Leute, die sich in dem großen Gemeindesaal fast verlieren. »Ja, wow«, gesteht er zu.

      »So, Herr Sturm, es wird Zeit für meinen Vortrag. Danke, dass Sie gekommen sind.«

      Schmitzlein-Ithana schreitet zum Stehpult und lächelt dem Publikum freundlich zu.

      »Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

Скачать книгу