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verstehen unter x einen Gegenstand mit den Eigenschaften E1 bis En.’“

      (Kromrey, Helmut, unter Mitarbeit von Ollmann, Rainer: „Empirische Sozialforschung. Modelle und Methoden der Datenerhebung und Datenauswertung“, 3. Auflage, S. 70; Verlag: UTB / Leske & Budrich, Opladen, 1986)

      Gemeint ist damit eine wissenschaftliche Begriffsbildung, die es vermeidet, wie zum Beispiel in Realdefinitionen „das Wesen“ der Sache erfassen zu wollen. Im Gegensatz zu Nominaldefinitionen - die im Rahmen der gegebenen Forschung auf Zweckmäßigkeit und die Vereinbarung eines bestimmten Sprachgebrauchs abstellen – beinhalten Realdefinitionen den Anspruch, das Wesentliche eines Phänomens wie etwa Gewalt hervorzuheben. Am Ende dieser zentralen Vorentscheidungen steht jedoch die Operationalisierung:

      „Die Gesamtheit der operationalen Vorschriften wird häufig auch als ‚operationale Definition’ eines Begriffs bezeichnet. In dem hier gebrauchten Sinn ist ‚operationale Definition’ jedoch nicht eine weitere Definitionsmöglichkeit neben der Nominal- und der Realdefinition, sondern sie ist ein in der Forschung für jeden Begriff - gleichgültig, auf welche Art definiert; gleichgültig, ob mit direktem oder indirektem Bezug - notwendiger Übersetzungsvorgang in Techniken bzw. Forschungsoperationen.“ (Kromrey, 1986, S. 84)

      Dieser „Übersetzungsvorgang" schafft jedoch ein zentrales soziologisches Problem: Es ensteht bei dem Versuch, den Gewaltbegriff möglichst präzise zu erfassen und für die Forschungspraxis der Surveys und Statistiken einzugrenzen: Die stets am Anfang stehende Kardinalfrage lautet hierbei: Welche Handlungen oder Unterlassungen müssen definiert und unter den Gewaltbegriff subsumiert werden, um überhaupt sinnvolle, inhaltsgenaue Aussagen treffen zu können? Schlicht gesagt: Was zählt als Gewalt? In ihrer Erörterung des Gewaltbegriffs zeigen Lamnek und Boatcă (Lamnek, Siegfried; Boatcă, Manuela [Hrsg.]: „Geschlecht – Gewalt – Gesellschaft"; Leske und Budrich, Opladen, 2003, S. 15; Hrsg: Geschichts- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Band 4) auf, welche Bandbreite der Definitionsversuche es in den Sozialwissenschaften bereits gegeben hat. Von der verbalen Gewalt über die strukturell-kulturelle Gewalt bis hin zur symbolischen Gewalt ist alles vertreten. Dieser Diskurs soll hier aber nicht Thema sein. In der Regel erfolgt die Unterscheidung jedoch recht pragmatisch nach physischer und psychischer Gewalt gegen Personen sowie nach der Gewalt gegen Sachen, wobei so mancher deutscher Sozialwissenschaftler gern der dumm-verquasten, bundesrepublikanischen Gesetzgebung folgt und Tiere ebenfalls als („lebende") Sachen begreift.

      Mit Blick auf den angehäuften soziologischen „Erklärungsreichtum" wird daher auch vor einem inflationär genutzten Gewaltbegriff und daraus resultierenden „Thematisierungsfallen" gewarnt (Lamnek und Boatcă , 2003, S. 15; siehe auch: Heitmeyer, W., und Hagan, J.: „Gewalt. Zu den Schwierigkeiten einer systematischen internationalen Bestandsaufnahme“, in: Heitmeyer, W., und Hagan, J., [Hrsg.]: „Internationales Handbuch der Gewaltforschung", Wiesbaden, 2002, S. 21). Lamnek und Boatcă führen dazu aus:

      „Dieses Spektrum von Definitions(ver)suchen, das von der ‚minimalistischen' Vorstellung von Gewalt als Aktionsmacht bis hin zur Gewalt als ‚gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit' (Berger/Luckmann 1971) auf der mikro- wie auf der makrosozialen Ebene - und somit als Definitionsmacht - reicht, findet sich auf jedem Gebiet der Gewaltforschung in nuce wieder, […]“ (Lamnek und Boatcă , 2003, S. 16)

      Wer also meint, dass ein gut operalisierbarer Gewaltbegriff durch die Definitionen des deutschen Strafgesetzbuches bereits vorgegeben und soziologisch sinnvoll nutzbar sei, wandelt auf einem schmalen Grat. Der juristische Gewaltbegriff wird durch die jeweilige Gesellschaftsform, ihre aktuellen Machtstrukturen und kulturellen Prägungen bestimmt. Dies zeigt sich zum Beispiel an der Deliktform der in früheren Gesellschaften durchaus legitimen körperlichen Züchtigung von Frau und Kind durch den „Paterfamilias". Es zeigt sich ebenfalls an der relativ neuen strafrechtlichen Sensibilität für Übergriffe wie dem sogenannten „Stalking". Fazit: Der strafrechtliche Gewaltbegriff ändert sich im Zeitablauf und primär mit dem Wechsel derjenigen, die in den Gemeinschaften das „Sagen" haben und somit auch legislative Definitionsmacht besitzen. Da dies lange Zeit eine nur von Männern gehaltene Position war (und auch heute sind wir noch ein gutes Stück von echter Gleichberechtigung entfernt), ist der Gewaltbegriff ebenfalls von Determinanten im Geschlechterverhältnis abhängig und weitgehend „männlich“ geprägt.

      Um angesichts dieser Probleme nicht handlungsunfähig zu werden, hat man daher in der Forschung versucht, das Gewaltgeschehen durch Konzentration auf einen „unverzichtbaren Kern“ einzugrenzen (von Trotha, T.: „Zur Soziologie der Gewalt.", in: von Trotha, T. [Hrsg.]: „Soziologie der Gewalt.“, in: KZfSS Sonderheft Nr. 37, Opladen, 1997, S. 14). Mit dieser Intention lassen sich etwa die Operationalisierungs-Ansätze von Neidhardt und Popitz verknüpfen, die auch bei Lamnek und Boatcă genannt werden. (Lamnek und Boatcă 2003, S. 16). So lautet der Definitionsvorschlag von Neidhardt zum Beispiel: Gewalt sei eine … :

      „physische Zwangseinwirkung von Personen mit physischen Folgen für Personen“ (Neidhardt, F.: „Gewalt - soziale Bedeutungen und sozialwissenschaftliche Bestimmungen des Begriffs.", in: BKA [Hrsg.]: „Was ist Gewalt? Auseinandersetzungen mit einem Begriff.", Bd. 1, Wiesbaden, 1986, S. 123; zitiert nach: Lamnek und Boatcă , 2003, S. 16)

      Und Popitz spricht von Gewalt als einer … :

      „Machtaktion, (…) die zur absichtlichen körperlichen Verletzung anderer führt“ (Popitz, H.: „Phänomene der Macht.", Tübingen, 1992, S. 48; zitiert bei: Lamnek und Boatcă, 2003, S. 16)

      So klar gefasst diese engeren Definitionsversuche klingen: Es fehlt u. a. eine entscheidende Komponente – die Ausübung psychischer Gewalt. Aktionen des Psychoterrors in Partnerschaften und Familien werden hier völlig ausgeblendet. Generell erfährt dieser eng begrenzte Gewaltbegriff eine wie folgt begründete Ablehnung:

      „[…], dass sich erstens dadurch der Forschungsgegenstand seinerseits mit verengt, indem bestimmte Handlungen, die zum Kontext von Gewalt gehören, nicht mehr erfasst werden […]; und zweitens die grundsätzliche Kritik an der Objektivierbarkeit eines historisch und kulturell konstituierten Gewaltbegriffs, dessen Abhängigkeit von sozialen und normativen Kontexten selbst durch die Anbindung an die Materialität von Schmerz und Verletzung nicht aufgehoben werden kann […]“

      (Lamnek und Boatcă, 2003, S. 16)

      Wie auch immer die Kritik bezüglich einer „Präzisierung der Reichweite" (Lamnek und Boatcă, 2003, S. 17) des Gewaltbegriffs ausfällt (und diese Diskussion ist längst noch nicht abgeschlossen), so bleibt stets eine zentrale Problematik auch für die „verengte" Operationalisierung von Gewalt: Die unterschiedliche Sichtweise befragter Täter und Opfer auf verübte Gewalthandlungen. Je nach persönlicher Sozialisation, nach subjektivem Rechtsempfinden und eigener Interessenlage wird der betroffene Personenkreis recht unterschiedliche Bewertungen verübter oder erlittener Übergriffe vornehmen und bekunden. Damit findet sich - abgesehen von Filterprozessen der Exekutive und der Judikative - auch auf dieser Ebene kein für alle verbindlicher, einheitlicher Maßstab der Gewalt. Dass sich unter diesen Umständen polizeiliche Hellfeld-Statistiken und Resultate der Dunkelfeldforschung nicht 1: 1 gegeneinander aufrechnen lassen und selbst Dunkelfeldstudie nicht stets auch mit Dunkelfeldstudie „kompatibel“ und „komparabel" ist, liegt auf der Hand.

      b)

      Zum Abschluss noch eine Überlegung, die nicht zuletzt dazu führte, dass exemplarische Darstellungen von häuslicher Gewalt anhand gut dokumentierter Kurzbiografien als Kern vorliegender Schrift gewählt wurden. Gewaltforscher wie zum Beispiel der Rechtswissenschaftler und Soziologe Jürgen Gemünden betonen die Dringlichkeit einer tieferen wissenschaftlichen Sicht auf die Konfliktfelder in Partnerschaft und Familie:

      „Wir brauchen nicht nur quantitative Forschung wie in den USA, sondern auch qualitative Forschung, die Gewalt als Teil von Kommunikation in Partnerschaften begreift."

      (Gemünden, Jürgen: „Gewalt in Partnerschaften im Hell- und Dunkelfeld. Zur empirischen Relevanz der Gewalt gegen Männer“; in: Lamnek und Boatcă, 2003 , S. 351)

      Genau diese Mechanismen der (Fehl-)Kommunikation,

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