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auf die Uhr und warf einen Blick nach draußen. "Ich denke, dafür ist noch Zeit", sagte er.

      Grimaldi fädelte sich für den Sinkflug entlang der Landelichter ein, wobei das Flugfeld durch die sich verdichtende Nebeldecke unten kaum auszumachen war. Er wartete mit seinem Kommentar bis nach der Landung. Der Nebel war tatsächlich ein Segen. Es gab hier keinen Tower – nur einen einfachen Wartungshangar für den Flughafenbetreiber und Slots für die diversen Privatmaschinen. Bolan hatte sein "Kriegermobil" irgendwo hinter dem Ende der Startbahn versteckt, auf der Grimaldi ihn absetzen würde.

      Er ließ das Flugzeug bis zu dieser Stelle ausrollen, ging in eine Kurve und bremste bis zum Stillstand ab. "Zeit wofür?", fragte er den großen, grimmigen Mann neben ihm.

      "Vielleicht für eine harte rechte Gerade, noch vor Tagesanbruch."

      "Brauchst du mich?", fragte der Pilot.

      "Dafür nicht", antwortete Bolan. Er sammelte seine Ausrüstung zusammen.

      "Dachte, du bleibst eine Weile bei der weichen Aufklärung."

      "Die Phase ist vorbei, Jack", sagte Bolan zu ihm.

      "Verstehe." Der Mann, der Mack Bolan wie einen Bruder liebte, versuchte zu lächeln, was nicht ganz gelang. "Willst du mir damit sagen, ich soll verschwinden?"

      "Ich würde mich freuen, wenn du ein, zwei Tage in der Gegend bleibst. Könnte haarig werden, Jack. Kann sein, dass ich dich brauche."

      Diesmal klappte es mit dem Lächeln. "Du weißt, wo du mich findest", sagte Grimaldi, sein Strahlen mühsam verbergend.

      Bolan gab ihm die Hand, grinste, wie nur einer wie Bolan grinsen kann – einer, der ständig zwischen Leben und Tod balanciert – und sprang aus dem Flugzeug. Ein kleines Bündel lag noch auf seinem Sitz.

      Der Pilot rief: "Hey! Du hast was vergessen!"

      "Ist nicht meins", rief der Große zurück und verschwand in der nebligen Nacht.

      *

      Nicht seins, so ein Quatsch. Zehn Riesen, in Hundert-Dollar-Scheinen.

      Grimaldi stopfte es in seine Hemdtasche und rollte weiter zum Hangar. Er arbeitete nicht für Bolans Kriegskassen-Dollars, verdammt. Dieses Lächeln und der Handschlag waren Bezahlung genug. Aber Bolan wollte es so haben. Der Kerl bezahlte seine Rechnungen. Nichts Persönliches. Keine Freundschaften, keine Schulden, um nichts bitten, nichts annehmen.

      Wie bitter für jemand wie Bolan, so leben zu müssen!

      Allerdings, die Erfolge dieses Mannes konnte Grimaldi nicht in Frage stellen. Der Kerl war am Leben, und das sagte schon einiges. Und Jack Grimaldi, der Flieger der Mafia-Capos, würde gerne die ganzen zehn Riesen für einen Platz am Ring bei Bolans nächstem Blitzkrieg hinlegen.

      Also nein, zum Teufel, die Erfolgsformel dieses Typen stellte er nicht in Frage.

      Grimaldi erinnerte sich an Vegas – und an die Karibik – und an Texas. Er war da gewesen. Oh ja, er erinnerte sich. Und im Moment tat ihm Seattle fast ein bisschen leid.

      Kapitel 3: Persönliche Note

      Bolan hatte den Werftbereich einige Tage zuvor ausgekundschaftet, kurz nachdem das griechische Schiff angedockt hatte. Er hatte beobachtet, wie sie die Schwenkarme ausfuhren und mit dem Entladen begannen, und er hatte sich zu den Schauerleuten unten am Kai gesellt. Als das Zeug nach und nach an Land gebracht wurde, arbeitete er neben ihnen, unauffällig in Latzhose und Jeansjacke. Er hatte auch die verdächtige Ladung ausfindig gemacht und die Kiste auf ihrem Weg zum Transitlager im Lagerhaus markiert. Später hatte er hundert Dollar zwischen ein paar Lagerarbeitern aufgeteilt, damit sie die Kiste für ein paar Tage "verlegten" – und er hatte sich lange genug in der Nähe herumgetrieben, um zu sehen, wo sie sie hinstellten.

      *

      Er hatte da noch nicht wirklich gewusst, wieso er sich eigentlich für genau diese Sendung so interessierte, oder ob sie überhaupt irgendeine Bedeutung für die Entwicklungen rund um Seattle hatte. Es war einfach ein weiteres dieser isolierten Teilchen eines internationalen Puzzles, wie sie immer wieder in seinem Journal auftauchten. Bis dahin hatte er noch nie von Allan Nyeburg oder Langley Island gehört. Aber er hatte aus verschiedenen Quellen Gerüchte mitbekommen über "eine Menge Zeug", das via Marseille, den "heißen Hafen" Europas, unterwegs wäre, und er hatte seit der Texas-Aktion Schiffspapiere aus diesem Gebiet stichprobenartig überprüft. Es könnte also einfach ein Glücksfall gewesen sein – oder ein Wink des Schicksals –, der Bolan auf diese Ladung aufmerksam gemacht hatte, gerade als er mit seinen Nachforschungen in Seattle begann.

      Die daraus resultierende Überprüfung von Nyeburg selbst hatte nichts mit Glück oder Schicksal zu tun. Es relativ einfach gewesen, ein bisschen Detektiv-Arbeit zu betreiben, Fragen an den richtigen Stellen zu stellen, Zugang zu bestimmten Akten und Aufzeichnungen zu erhalten – und eine Akte zusammenzustellen.

      Sie war beeindruckend. Und sie hatte direkt nach Langley Island geführt.

      Nyeburg gehörte zu den Neuesten einer neuen Generation von Strohmännern, die das Syndikat in letzter Zeit überall auf der Welt einsetzte. Er war "sauber", gut ausgebildet, relativ jung, galt in verschiedenen Bereichen des internationalen Handels und der Finanzen als brillant. In Bolans Notizbuch fungierte Nyeburg nun als eine Art Vorhut für den großen Vorstoß in Seattle.

      Die Entdeckung der Machenschaften auf der Insel Langley hatte Bolans Neugier auf die Kiste mit den "Maschinen" der S.S. Piraeus noch verstärkt. Also kehrte er jetzt zu diesem Ausgangspunkt zurück, um einen Blick auf die Ladung zu werfen.

      *

      Diesmal war er im schwarzen Kampfanzug unterwegs, mit der .44 AutoMag offen an der rechten Hüfte, mit leichtem Gepäck – sein geliebtes Kriegermobil parkte zwei Blocks weiter, bereit für einen schnellen Rückzug.

      Der Nebel beherrschte den Kai-Bereich fast vollständig, überzog die Schwärze der Nacht wie mit einer schweren feuchten Decke und umgab die Lampen der Lagerhalle mit schwachen runden Lichthöfen. Die dunkle Masse der Piräus ragte geheimnisvoll und geisterhaft über das nebelverhangene Dock, dämmrige Gangway-Lichter blinkten wie Glühwürmchen in der Düsternis .

      Weiter unten, im Lagerhaus, rührte sich etwas. Die großen Tore standen offen, dumpfe Abgase quollen heraus und vermischten sich mit der feuchten Atmosphäre. Ein Lastwagen parkte mit dem Heck zur Hälfte im Lagerhaus. Gabelstapler quietschten und bewegten irgendetwas im Inneren.

      Für Bolan war das keine ganz unerwartete Entwicklung, auch wenn er im Zug seiner Recherchen festgestellt hatte, dass an diesem speziellen Kai normalerweise keine Nachtschichten gefahren wurden. Tatsächlich hatte er zwölf Stunden vorher seine Lageristen-Kumpel angerufen und sie gebeten, die verlegte Sendung zu "finden" und den Empfänger zu benachrichtigen.

      *

      Nun rückte der Mann in Schwarz weiter vor, um sich die Situation aus der Nähe anzuschauen. Seine Sinne waren für den Kampf geschärft und richteten sich wachsam auf das Niemandsland zwischen Hafen und Lagerhaus, die AutoMag gezückt und einsatzbereit.

      Eine schemenhafte menschliche Gestalt materialisierte sich direkt vor ihm, weniger als fünfundvierzig Meter entfernt. Bolan erstarrte, räusperte sich laut, hustete dann leicht und bewegte sich etwas langsamer weiter.

      Eine Stimme mit schwerem Bronx-Akzent knurrte: "Wer ist da?"

      "Ich bin's", antwortete Bolan, wobei er den gleichen Akzent benutzte, allerdings in weniger aggressiver Tonlage. "Wie läuft's denn so?"

      "Woher soll ich das wissen? Niemand sagt mir was." Der Typ war offensichtlich ein Späher. Er war allerdings auch reif für eine kleine Abwechslung. Seine Stimme verriet, dass er da schon eine ganze Weile herumgestanden hatte, angespannt, unbehaglich, gereizt.

      Und jetzt bewegte er sich vorsichtig auf Bolan zu, wahrscheinlich, um ihn besser sehen zu können.

      "Geh runter und sag ihnen, sie sollen sich beeilen", befahl Bolan schroff. "Hol dir einen Kaffee, wenn du schon dabei bist. Du

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